Vor dem Eingang im präsidialen Retreat Mar-a-Lago räkelt sich eine halbnackte Frau in einem überdimensionierten rotierenden Champagnerglas, während im Inneren Tänzerinnen – ja, ausschließlich Frauen – in ähnlich freizügigen Kostümen für die Bespaßung der Gäste sorgten. An dem Wochenende, an dem für Millionen Amerikaner aufgrund des „Shutdowns“ kein Geld mehr für Essensmarken (sogenannte „SNAP-Benefits“) zur Verfügung steht, feiert der US-Präsident eine an „The Great Gatsby“ angelehnte Party in seinem Floria-Wochenend-Golfresort. Ein Hoch auf die Dekadenz!
Nicht wenige hoffen nun, dass dies möglicherweise Trumps Marie-Antoinette-Moment („Sollen Sie doch Kuchen essen“) sein könnte. Das ist Wunschdenken, hat der US-Präsident doch ein ums andere Mal die Geringschätzung, die er seinen Wählern entgegenbringt, unverblümt zur Schau gestellt. Nichts weniger als ein Schlag ins Gesicht der demnächst hungernden US-Amerikaner dürfte das Motto der Party, „A little party never killed nobody“, sein – davon abgesehen, dass selbst das in Bezug auf F. Scott Fitzgeralds Werk faktisch falsch ist.
Der Champagner, die Tänzerinnen, das Dekor – Trumps Party steht für mehr als eine vergnügliche Abendveranstaltung. Es ist das Zurschaustellen seiner faktischen politischen Immunität, die Trump nicht zuletzt durch seine getreuen republikanischen Lakaien in Kongress und Senat genießt. Es ist Ausdruck einer teils verfassungswidrigen, jedoch bisher konsequenzlosen Machtausübung des Präsidenten und seiner Regierung. Deutlicher hätte der Präsident seine Abscheu gegenüber all jenen, die nicht die finanziellen Mittel haben, ihn mit Wahlkampfspenden zu überschütten, nicht präsentieren können. Brot und Spiele für die Reichen, Verachtung für die Ärmsten.
Es sind Bilder, die vor einigen Jahren noch niemand für möglich gehalten hätte. Die auch deshalb keinen geeinten Aufschrei aus der Bevölkerung hervorrufen, weil der US-Präsident die älteste Demokratie der Welt erfolgreich gespaltet und die Bürger gegeneinander aufgewiegelt hat. Politische Morde und Attentate sind wieder an der Tagesordnung, während der Präsident und seine Kumpanen sich mit betrügerischen Krypto-Währungen die Taschen vollstopfen.
Die Rhetorik der Spaltung aber hat mittlerweile auch in Europa Einzug gefunden. Vor zwei Wochen hat der deutsche Bundeskanzler folgende Aussage getätigt: „Bei der Migration sind wir sehr weit. […], aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“ Die Konsequenz dieser wenig subtilen Anbiederung an die rechtsextreme AfD war, dass sich die politischen Parteien aus dem linken und rechten Parteienspektrum, inklusive die beiden Koalitionspartner CDU/CSU und SPD, über Sinn und Unsinn dieser Aussage streiteten. Die eigentlichen Probleme bleiben unterdessen unangetastet. Die da wären: steigende Wohnungsnot, kriselndes Rentensystem, auf der Kippe stehende Sozialleistungen.
Eine Schablone, die auch auf Luxemburg passt. Unter konsequenter Bekämpfung der Wohnungsnot und wachsenden Armut im Land versteht die CSV-DP-Regierung vor allem administrative Vereinfachung. Die Ursachen bleiben hingegen unangetastet. Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz warnte kürzlich erst, dass neben der Klimakrise die wachsende globale Ungleichheit das größte Problem unserer Zeit darstellt – und eben nicht Migranten, die man anhand eines Bettelverbots und Platzverweises kurzerhand aus dem Stadtbild der Schönen und Reichen entfernen lässt. Eine Politik, die die Ungleichheit an der Wurzel packt – beispielsweise eine Erbschafts- oder Vermögenssteuer einführt –, hätte nur leider den Nebeneffekt, dass der Einladungen zu spätsommerlichen Geburtstags- und Grillpartys bei Giorgettis weniger werden würden. Ein Hoch auf die Dekadenz.
De Maart

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