Wirtschaft Teamplayer mit Visionen: Wie Flibco-CEO Tobias Stüber die Arbeitswelt revolutioniert

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Tobias Stüber (37) traut sich was und hat als CEO von Flibco einiges bewegt Foto: Editpress/Julien Garroy

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Tobias Stüber (37) ist ein Mann der Tat. Vor fünfeinhalb Jahren krempelt er die Geschäftsprozesse von Flibco, einem Tochterunternehmen des Bascharager Transport- und Reisespezialisten SLG, komplett um. Als erster CEO in Luxemburg führt er anschließend die 32-Stunden-Woche ein und vertritt seit neuestem Luxemburg bei den „European Young Leaders“.

Die Requisiten anderer Manager wie Anzug und Krawatte braucht Flibco-Chef Tobias Stüber nicht. Hemd, Hose, Sneakers und Frisur sitzen. Ein fester Händedruck und ein freundlicher Empfang reichen, um die natürliche Autorität zu unterstreichen. Der gebürtige Saarländer, der in Trier lebt, steht für eine Führungsgeneration, die technikaffin ist, strategisch denkt und die Mitarbeiter wertschätzt.

Die Geschäftssprache bei Flibco – das Unternehmen erleichtert Menschen europaweit den Weg vom und zum Flughafen – ist Englisch. In der 90-köpfigen Belegschaft sind mehr als 14 Nationen vertreten und wer „Integration“ kennenlernen will, ist herzlich nach Differdingen eingeladen. Das sagt Stüber jedem, der es wissen will. Das Durchschnittsalter liegt bei 35 Jahren. Was ihn selbst angeht, hat er einen Anspruch.

„Ich muss hier alle Prozesse von der Pike auf verstehen”, sagt er und stellt das regelmäßig unter Beweis. Gerade war er in Brüssel, hat einen Tag lang Koffer seiner Kunden aus den Bussen ein- und ausgeräumt, Tickets verkauft und gescannt und bei der Orientierung der Gäste von A nach B geholfen. Das macht er in der Berufskleidung, die er zusammen mit seinen Mitarbeitern ausgesucht hat.

Hinter der Geschäftsidee steckt viel IT

„Da bekomme ich wertvolle Rückmeldungen“, sagt er. Begriffe wie „Datadriven“, „Mindset“, Apps oder „Marketresearch“ kommen ihm selbstverständlich über die Lippen und hören sich sehr nach Silicon Valley an. Das hat er sich während seines Studiums der Betriebswirtschaft in einem Auslandssemester in San Diego (USA) angeschaut und viel mitgenommen.

Stüber entwickelt daraus den Ansatz, Geschäftsideen mit IT zu verknüpfen, um sie wirtschaftlich erfolgreich zu machen. Das führt zu Kuriositäten wie dem Satz „wir haben keinen eigenen Bus“, obwohl er im Transportwesen tätig ist. Rund drei Millionen Kunden nutzen mittlerweile europaweit die Dienste von Flibco. „Das sind mehr, als die Luxair Passagiere hat“, sagt er über die Größenordnung. 

Kritikern der IT-Effizienz, die häufig in den Vorwurf von Personalabbau mündet, hält er entgegen: „Für mich ist IT die Antwort auf die schnelle Welt der Globalisierung.“ Vor Ort arbeitet das Unternehmen an den jeweiligen Standorten mit lokalen Busunternehmen zusammen. Die Flughafen-Shuttles funktionieren seit seinem Einstieg vor fünfeinhalb Jahren wie Sammeltaxis ohne Telefonzentrale und Koordination von Hand.

32-Stunden-Woche gegen alle Widerstände 

Das erledigt die IT dahinter. Die europaweit mehr als 200 Busfahrer, die ebenfalls zur Crew gehören, fahren allerdings selbst. Seine Masterthesis zum Thema „Analyse und Darstellung von Energieeinsparpotentialen“ schreibt er nach einer Ausbildung zum Bürokaufmann bei der Saarbrücker Zeitung. Als Sales-Lentz nach einer innovativen Veränderung für die Firma Flibco sucht, kommt er ins Spiel.

Aufbauarbeit liegt ihm. Er hilft zuvor dabei, das Max-Planck-Institut in Luxemburg aufzubauen. Als es läuft, sucht er nach der nächsten Herausforderung. Die heißt jetzt zehn Millionen Nutzer der Shuttle-Dienste von Flibco in den nächsten Jahren. In der Rekordzeit von einem Jahr entwickelt er mit seinem Team anfangs die IT-Technologie dafür – gegen alle Bedenkenträger. Wenn er sich für einen Weg entschieden hat, riskiert er etwas.

Das wiederholt er, als andere noch über die Bedeutung von Work-Life-Balance philosophieren. Seine Mitarbeiter haben eine 32-Stunden-Woche in vier Tagen, bei gleichem Gehalt, ohne längere Arbeitstage, bei gleichem Urlaubsanspruch und das ist vertraglich garantiert. Grundsätze bezüglich der Mitarbeiter wie „wen ich nicht sehe, der arbeitet nicht“ lässt er nicht gelten.

Vertrauen und Verantwortung 

„Das ist Steinzeit”, sagt er sehr direkt und erinnert an den „Trouble”, den Henry Ford hatte, als er 1926 die fünftägige Acht-Stunden-Woche eingeführt hat. Der derzeitige Fachkräftemangel gibt ihm in seiner Diktion recht und er macht eine Beobachtung. „Unser Krankenstand ist extrem gesunken und die Produktivität pro Kopf ist gestiegen”, sagt er nach den ersten sieben Monaten dieses Arbeitsmodells.

Bei ihm haben die Mitarbeiter zuerst einen Vertrauensvorschuss, müssen aber auch Verantwortung übernehmen. „Ich sehe meine Mitarbeiter als Experten“, sagt er. Stüber setzt auf Teamgeist. Der leidenschaftliche Sportler vergleicht das gerne mit Fußball, wo er selbst lange im offensiven Mittelfeld spielt. „Wenn mein Mitspieler den Ball verliert, muss ich ihn für das Team zurück erkämpfen, um ein positives Gesamtergebnis zu erzielen“, sagt er. Er hasst es, zu verlieren, fürchtet ein Scheitern aber nicht.

Zurzeit absolviert er viele Pressetermine. Die Wahl in die Gruppe der „European Young Leaders“ hat viel Wirbel ausgelöst. Die jungen Führungskräfte gehören zum Thinktank „Friends of Europe“, der die Brüsseler Politik analysiert und Europa weiterentwickeln will. Stüber, der sich als „Networker durch und durch“ bezeichnet, sieht das als Mission. Es ist eine Gelegenheit, zu zeigen, „dass Luxemburg mehr zu bieten hat als Finanzindustrie“, wie er sagt. Die Wahl selbst wertet er als Auszeichnung für sein Team und das Vertrauen seiner „Associates“ Jos und Marc Sales.