Der Arbeitsaufwand hat uns überrascht. Ich würde gerne sagen, er hätte sich angeschlichen – heimlich, ohne Vorwarnung. Doch das wäre gelogen. Wir wissen seit Monaten, dass der zeitaufwendigste Teil unserer Hobbywinzer-Reise jetzt erst auf uns zukommt. Bisher beinhalteten unsere Texte mehr Journalisten- und weniger Winzerarbeit. Es ist einfach, über Traubensorten zu fachsimpeln, Wein zu verkosten und sich seinen Wunschwein auszumalen. Aber jetzt müssen wir tatsächlich in regelmäßigen Abständen nach Remich fahren und Hand anlegen.
Die Zahl der freiwilligen Helfer in unserer Redaktion schrumpft, genau wie die Antworten in unserer Chatgruppe. Chris will schon seit Ewigkeiten den Önologen Jean Cao anrufen, doch die Zeit fehlt. Das ist normal, unsere Druckerei in Esch darf bestenfalls keine weißen Seiten ausspucken. An oberster Stelle steht die Qualität der Zeitung. Dafür müssen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mehr Zeit vor dem Bildschirm verbringen und weniger mit Gummistiefeln – oder Sneaker – im Weinberg. Doch irgendjemand muss in unserer Parzelle das Grünzeug zurückschneiden – und sich überlegen, wie daraus ein interessanter Text wird. Denn das ist ein weiteres großes Problem. Was schreiben wir und wie machen wir das Thema interessant?
Chris und ich reden fast jeden Tag über unsere Domaine-Tageblatt-Texte. Offen gesagt: Momentan fühlt es sich an, als würden wir auf Sicht fahren. Was steht nächste Woche an? Weiter reicht unsere Voraussicht oft nicht. Eine gute Planung benötigt viel Zeit, und davon hatten wir in den vergangenen Wochen wenig. Aber wir bleiben hartnäckig. Egal, ob Schulferien oder Feiertag, wir bleiben bei den wöchentlichen Veröffentlichungen. Und im Weinberg wollen wir auch weiterhin mit anfassen.

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Das Projekt ist ambitioniert und soll Einblicke in die Welt der Winzer verschaffen. Die Tageblatt-Redaktion wird in den kommenden anderthalb Jahren versuchen, ihren eigenen Wein herzustellen, in einer wöchentlichen Serie über Erfolg und Misserfolg berichten und dabei tiefere Einblicke in die Welt des Weinbaus geben.
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So geht es weiter

Wir benötigen also einen Plan – denn wir haben keinen. Also machen wir das, was wir immer machen, wenn wir nicht weiterwissen – Winzerin Corinne Kox fragen: Was kommt in den kommenden Wochen auf uns zu?
Wir müssen nun alle zwei bis drei Wochen in unsere Parzelle, um überflüssige Triebe zu entfernen. Dadurch bekommen nur die wichtigen Teile der Pflanze Energie und die Rebe wird besser belüftet. Diese Arbeit begrenzt sich vor allem auf den Juni. Pflanzenschutzmittel müssen wir nicht spritzen – oder besser gesagt, dürfen wir nicht spritzen. Das macht Corinnes Team, dafür fehlen uns die nötigen Scheine.
Im Juni und Juli müssen wir dann auch regelmäßig die Triebe vertikal durch die Drähte ziehen, damit sie optimal belichtet und belüftet werden. Ende Juli oder Anfang August steht das Gipfeln auf dem Programm. Heißt: den oberen Teil der Triebe kürzen, wodurch die Energie hauptsächlich in die Entwicklung der Trauben geht. „Wenn wir Zeit bekommen, werden sie nicht geschnitten, sondern oben gebunden oder geflochten. Dann entwickeln sich weniger Geiztriebe und wir können die Zuckereinlagerungen verzögern“, erklärt Corinne.
Im August und September müssen wir dann den Geschmack, Zuckergehalt und die Säure der Trauben testen. Das hilft bei der Bestimmung der Erntezeit. Im September ist es dann endlich so weit: Wir lesen unsere Trauben. Bis dahin stehen uns allerdings noch viele Stunden im Weinberg bevor – angefangen mit diesem Freitag.
Tipps und Feedback
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