Freitag17. Oktober 2025

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Prozess gegen Sozialarbeiter endetStaatsanwaltschaft fordert neun Jahre Haft

Prozess gegen Sozialarbeiter endet / Staatsanwaltschaft fordert neun Jahre Haft
Am Donnerstag endete der Prozess eines Sozialarbeiters, der sexualisierte Gewalt gegen Klientinnen verübt haben soll Symbolbild: Editpress/Julien Garroy

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Am Donnerstag endete der Prozess gegen den ehemaligen Sozialarbeiter der Gemeinde Sanem mit den Schlussplädoyers. Jetzt entscheidet das Gericht.

Der Prozess im Überblick

Am ersten Verhandlungstag kamen der Angeklagte, ein Psychiater, der Hauptermittler, Zeuginnen sowie mögliche Betroffene zu Wort. Der Beschuldigte leugnete den Großteil der Vorwürfe, gab allerdings Grenzüberschreitungen in seiner Rolle als Sozialarbeiter zu. Er wurde 2019 vom Dienst in der Gemeinde Sanem suspendiert und 2022 auf Anraten des „Conseil de discipline“ des Ministeriums für den öffentlichen Dienst entlassen. Aus dem ersten Verhandlungstag ging zudem hervor, dass der Gemeinde Sanem einzelne Vorwürfe gegen den Mann bereits vor Jahren bekannt gewesen sein könnten. Dies wurde im Laufe des Prozesses mehrmals und von verschiedenen Quellen angedeutet. Der Beschuldigte soll zudem eine enge Freundschaft zum damaligen Bürgermeister Georges Engel (LSAP) gepflegt haben. Letzterer streitet ab, vor 2019 von den Anschuldigungen gewusst zu haben. Am zweiten Prozesstag sagten mehrere potenziell Betroffene vor Gericht aus. Darunter eine Frau, die den Angeklagten der Vergewaltigung beschuldigt. An dem Tag wurden sechs Zivilklagen eingereicht: vier von früheren Klientinnen des Beschuldigten, eine der Gemeinde Sanem und eine von deren „Office social“.

Am Mittwoch sah sie krankheitsbedingt von einer Aussage vor Gericht ab, am Donnerstag trat sie vor den Richter: Der letzte Prozesstag gegen den früheren Sozialarbeiter der Gemeinde Sanem begann mit dem Bericht einer seiner ehemaligen Klientinnen. Die Aufnahme ihrer Polizeivernehmung wurde bereits am Vortag im Gerichtssaal gezeigt. Am letzten Verhandlungstag reichte die Frau nun Zivilklage gegen den Sozialarbeiter ein und verlangt 50.000 Euro Schadensersatz. Die Vorwürfe bleiben dieselben: Der Beschuldigte soll auch ihr gegenüber sexualisierte Gewalt angewandt und seine Macht missbraucht haben. Die Frau gab vor Gericht an, die Polizei habe sie im Zuge der Ermittlungen kontaktiert. „Bis dahin konnte ich mit niemandem darüber sprechen“, offenbarte sie. 

Mit ihrer Forderung schließt sie sich vier weiteren Klägerinnen an. Drei bestehen auf einen symbolischen Euro, eine auf 10.000 Euro Schadensersatz. Die Gemeinde Sanem beansprucht hingegen die Rückzahlung des Gesamtgehalts in Höhe von über 480.000 Euro, welches dem Mann während seiner dreijährigen Suspendierung ausgezahlt wurde. Darüber hinaus bitten sowohl die Gemeinde als auch deren „Office social“ um einen symbolischen Euro wegen Rufschädigung und jeweils um 250 Euro Entschädigung für die Gerichtskosten.

Und wie reagiert die Staatsanwaltschaft?

„Die Vorwürfe gegen den Angeklagten sind nicht nur schlimm“, sagte die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer, „sondern sie spiegeln auch den systematischen Machtmissbrauch des Angeklagten und sein routiniertes Vorgehen wider.“ Sie spricht sich für eine neunjährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung, Angriffen auf die Schamhaftigkeit, Machtmissbrauch und Drohungen aus. Die Staatsanwältin erinnerte in ihrem Plädoyer an die Tatsache, dass eine Angestellte der Gemeinde Sanem bereits 2013 den Verdacht äußerte, der Beschuldigte könne private Beziehungen zu Klientinnen pflegen. Nach Informationen des Tageblatt wurden damals das Gemeindesekretariat und der Präsident des „Office social“ darüber informiert. Die betreffende Mitarbeiterin wechselte später den Arbeitsplatz. „In dieser Affäre wurde vieles unter den Teppich gekehrt“, vermutete die Staatsanwältin.

Zur Berichterstattung

Bis zur Urteilsverkündung gilt die Unschuldsvermutung gegenüber allen Beteiligten. Die Namen der beteiligten Privatpersonen werden zu deren Schutz nicht genannt.

Der Verteidiger des Angeklagten schlug andere Töne an: Er pochte allgemein auf mildere Sanktionen und bat, von einer Gefängnisstrafe – wenn, dann nur auf Bewährung – sowie von einer Verurteilung wegen Vergewaltigung abzusehen. Gleichzeitig wiederholte er die Zugeständnisse seines Mandanten. Jener bestätigte bereits am ersten Prozesstag, Grenzen überschritten zu haben. Die ihm angelastete Vergewaltigung sowie mehrere potenzielle Angriffe auf die Schamhaftigkeit bestritt er jedoch bis zum letzten Verhandlungstag. „Ich bitte das Gericht, meinen Mandanten nur für das zu verurteilen, wofür es handfeste Beweise gibt“, so sein Anwalt. Ansonsten stünde Aussage gegen Aussage. Die Zivilklage der Gemeinde Sanem und deren „Office social“ lehnte der Verteidiger ab. Eines seiner Argumente: „Es war die Entscheidung der Gemeinde, meinem Mandanten während der Suspendierung ein Gehalt auszuzahlen.“

Das Urteil fällt am 16. Oktober. 

Guth Guy
27. Juni 2025 - 14.17

2013 wird ein Verdacht gemeldet und jetzt Jahre später kann sich wieder niemand an dieses Vergehen erinnern bei der Gemeinde Sanem. Sich nicht erinnern oder vergessen scheint hier in L chronisch zu sein und sehr Besorgniserregend