Drei Wochen voller Leidenschaft, Dramen, intensiver Freude und Leid warten auf die 184 Fahrer der 112. Ausgabe der „Grande Boucle“, die in diesem Jahr ausschließlich auf französischem Boden ausgetragen wird – eine Seltenheit nach drei Tourstarts im Ausland. In den kommenden Jahren folgen erneut Auslandsstarts: 2026 in Barcelona und 2027 in Edinburgh.
Doch die diesjährige Tour hat einiges zu bieten: zwei Zeitfahren – eines davon bergauf in den Pyrenäen –, sechs Bergetappen (u.a. Superbagnères, Mont Ventoux, Col de la Loze) und als krönenden Abschluss am 27. Juli die Ankunft auf den Champs-Élysées, inklusive eines erstmaligen Abstechers über den Montmartre-Hügel – ein Jahr nach den Olympischen Spielen.
Die erste Etappe, ein Rundkurs von Lille nach Lille, bietet den Sprintern die Chance, sich das Gelbe Trikot zu schnappen – zum ersten Mal seit Alexander Kristoff 2020 in Nice. Biniam Girmay, Jasper Philipsen, Tim Merlier und Jonathan Milan – Letzterer von Lidl-Trek dem erfahrenen Mads Pedersen vorgezogen – haben sich dieses Datum rot im Kalender markiert.
Die erste Woche verspricht zwar flaches Terrain, aber Tour-Direktor Christian Prudhomme spricht gerne von einer „optischen Täuschung“. Streckenplaner Thierry Gouvenou habe nämlich „überall Tretminen eingebaut“.
Die Woche der Gefahren
Die Etappen nach Boulogne-sur-Mer (2), Rouen (4) und Vire (6) sind gespickt mit Anstiegen, und der Zieleinlauf am Mûr-de-Bretagne verspricht eine packende Auseinandersetzung. Die Gefahr wird stets präsent sein, die Favoriten werden in der ersten Woche besonders wachsam sein müssen. Tiesj Benoot, Helfer von Vingegaard, befürchtet „ein ähnliches Chaos wie 2021 in der Bretagne, als 120 Fahrer in den ersten Tagen stürzten“.
Für die sogenannten „Puncheure“ – antrittsstarke Fahrer – bietet sich hier ein ideales Terrain. Frankreich hat davon einige im Aufgebot: Romain Grégoire, Julian Alaphilippe, Kévin Vauquelin oder Louis Barré – sie alle könnten sich an Stars wie Mathieu van der Poel und Wout van Aert messen.
Die Franzosen werden wieder auf Etappensiege hoffen, denn das Gesamtklassement scheint erneut außer Reichweite – passend zum 40-jährigen Jubiläum des letzten französischen Gesamtsiegs durch Bernard Hinault 1985, der am 11. Juli besonders geehrt wird, wenn die Tour durch seine Heimatstadt Yffiniac führt. Romain Bardet hat sich inzwischen zu Thibaut Pinot in den Ruhestand verabschiedet – als Experte sitzt er nun auf dem Eurosport-Motorrad.
Pogacar unverschämt stark
Tatsächlich scheint der Kampf um den Toursieg nur zwischen zwei Fahrern stattzufinden – wenn überhaupt. Pogacar und Vingegaard haben sich die letzten fünf Ausgaben aufgeteilt – der Slowene führt mit 3:2 – und dominieren die Konkurrenz, zu der unter anderem Remco Evenepoel (Dritter im Vorjahr) und Primoz Roglic zählen.
Erstmals seit drei Jahren gehen Pogacar und Vingegaard beide in Topform an den Start: 2023 hatte Pogacar eine Handgelenksverletzung hinter sich, 2024 kam Vingegaard von einem schweren Sturz zurück.
Doch Pogacar ist seit über einem Jahr auf allen Terrains derart überlegen, dass er die Spannung schon nach den Pyrenäen und noch vor der Schlusswoche in den Alpen im Keim ersticken könnte. Beim Critérium du Dauphiné war seine Dominanz gegenüber Vingegaard beinahe schon provokant – an der Grenze zur Arroganz.
Vingegaard gibt sich dennoch kämpferisch – er baut auf ein starkes Visma-Team mit Fahrern wie Adam Yates, Matteo Jorgenson, Sepp Kuss und Wout van Aert. Doch auch Pogacar hat eine „Traummannschaft“ um sich geschart: João Almeida, Adam Yates, Pavel Sivakov. In den vergangenen Monaten hat der Slowene allerdings oft gezeigt, dass er die Konkurrenz auch ganz allein deklassieren kann.
Was bleibt, ist die ruhmreiche Unberechenbarkeit des Sports – und nirgendwo trifft das so sehr zu wie bei der Tour de France. Ein Sturz oder ein schwacher Tag können selbst den Besten aus der Bahn werfen. (AFP)
Ineos hat Kader noch nicht veröffentlicht
Als einziges der 23 Teams am Start der Tour de France hat Ineos Grenadiers seinen Kader noch nicht vorgestellt. Bei Redaktionsschluss am Dienstag war noch nicht bekannt, welches Team die Briten an den Start schicken. Offen bleibt also immer noch die Frage, ob ein Luxemburger in diesem Jahr bei der Tour de France an den Start gehen wird. Mit Bob Jungels hat noch ein einheimischer Radsportler die Chance.
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