Montag20. Oktober 2025

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Geld oder SicherheitSoldatengewerkschaft und Ministerium haben unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft der Armee 

Geld oder Sicherheit / Soldatengewerkschaft und Ministerium haben unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft der Armee 
Die Armee der Zukunft braucht vor allem Personal: Ausrüstung beim Tag der offenen Tür auf dem Herrenberg im Sommer Foto: Editpress/Julien Garroy

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Luxemburg will in den kommenden Jahren seine Armee drastisch vergrößern. Um die Streitkräfte zu einem attraktiveren Arbeitgeber zu machen, will Verteidigungsministerin Backes unter anderem die Löhne aufbessern. Für die Soldatengewerkschaft geht das nicht weit genug.

650 zusätzliche Soldaten. Was als Zahl allein recht abstrakt erscheint, bedeutet für die luxemburgische Armee eine gewaltige Veränderung. Um etwa zwei Drittel sollen die Streitkräfte des Großherzogtums in den kommenden Jahren wachsen. Aktuell beschäftigt die luxemburgische Armee 1.230 Mitarbeiter, etwa 1.000 davon sind Soldaten, der Rest Zivilisten. „Rekrutierung ist für uns die Mammutaufgabe der kommenden Jahre“, sagt Christian Schleck. Er ist Präsident des „Syndicat professionnel de l’Armée luxembourgeoise“ (SPAL), der Personalvertretung der luxemburgischen Soldaten. Und Schleck sagt auch: „Wir sind skeptisch, dass wir diese Zahl erreichen können, wenn wir nicht etwas am Modell und an der Attraktivität der Armee ändern.“

Dass die Armee als Arbeitgeber attraktiver werden muss, um mehr zukünftige Soldaten und Mitarbeiter anzuziehen, darüber sind sich alle einig. Denn die aktuelle Lage ist prekär. Trotz Millioneninvestitionen in Verteidigung und die Armee verdienen Luxemburgs Soldaten Niedriglöhne, einige liegen gar unter dem qualifizierten Mindestlohn. Man will Soldaten, die im Äußersten ihr Leben für ihr Land geben, ein Leben in ihrem Land aber können sie sich mit ihrem Lohn kaum leisten.

Neuer Arbeitsvertrag für Soldaten

Verteidigungsministerin Yuriko Backes (DP) hat dieses Problem erkannt. Im Interview mit dem Tageblatt bezeichnete sie die Gehaltsstrukturen bei der Armee als „unzeitgemäß“. „Das ist einer der Punkte, an denen wir nachbessern müssen“, sagte Backes. Die Löhne sollen Teil eines Aktionsplans werden, der die Attraktivität der Armee steigern soll, versprach Backes. Für die Soldatengewerkschaft geht das nicht weit genug. Sie fordern einen neuen, modernen Arbeitsvertrag für Soldaten. Die Ministerin wolle an Stellschrauben drehen, sagt Tom Braquet, Vizepräsident des SPAL. „Wir aber sehen im aktuellen Modell – auch mit Stellschrauben – keine Zukunft, keine Vision.“ Schleck fügt hinzu: „Die aktuelle Armeespitze hängt in der Vergangenheit fest.“

Vermisst die Vision: Christian Schleck, Präsident der Soldatengewerkschaft
Vermisst die Vision: Christian Schleck, Präsident der Soldatengewerkschaft Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Die Soldatengewerkschaft fordert deshalb, das Statut des „Employé de l’Etat“ vollständig auf Soldaten anzuwenden. Alle Soldaten der luxemburgischen Armee sollen so zu Staatsdienern werden. Das SPAL hatte diesen Vorschlag bereits Backes Vorgänger im Amt, François Bausch („déi gréng“), unterbreitet: Aufnahme der Soldaten in die C2-Karriere. Das bedeute Stabilität, Kontinuität und bessere Absicherung, sagt Schleck. Ein „Win-win“ für die Soldaten und die Armee.

Aktuell gibt es dort zwei unterschiedliche Systeme: die freiwilligen Soldaten auf der einen Seite und die Militärbeamten auf der anderen. Das geltende „Statut du soldat volontaire“ bezeichnete der Staatsrat 2023 als „statut sui generis“, was viel Auslegungsspielraum erlaubt – „ein Luftballon ohne Inhalt“, sagt Schleck. Für die Gewerkschafter braucht es dringend Klarheit – auch in Anbetracht des geplanten luxemburgisch-belgischen Bataillons in Arlon. Hier sollen in Zukunft etwa 300 bis 350 luxemburgische Soldaten stationiert sein. Doch dafür gebe es, Stand heute, keine juristische Grundlage. „Es gibt keinen gesetzlichen Rahmen, um freiwillige Soldaten außerhalb von Luxemburg normal arbeiten zu lassen.“ Einen Beamten könne man an eine ausländische Institution abstellen, freiwillige Soldaten auf eine zeitlich begrenzte Mission im Ausland schicken, aber für einen festen Arbeitsplatz gebe es keine Regelung, so der SPAL-Präsident.

Der SPAL-Vorschlag sieht vor, Soldaten für etwa zehn Jahre an die Armee zu binden. „Heute bist du nach vier Jahren weg“, sagt Schleck, „da bist du gerade ausgebildet, hast eine Mission gemacht, und dann gehst du arbeiten beim Staat oder im Privatsektor.“ Längere Dienstzeiten wären rentabler für die Armee, würde sie professioneller aufstellen und zu besser qualifizierten Soldaten führen. Nach zehn Jahren in der Armee könnten Soldaten dann eine Karriere beim Staat oder den Gemeinden einschlagen, so Schleck, zum Beispiel im Gefangenentransport, als Briefträger oder als Parkwächter.

Für das Verteidigungsministerium und die Armee steht ein neues Statut aktuell nicht zur Debatte. „Das Statut der Soldaten ist ein Statut eigener Art, welches im Armeegesetz definiert ist“, antwortet Ministerin Backes auf Tageblatt-Nachfrage. „Die Direktion für Verteidigung, zusammen mit der Armee, arbeitet an punktuellen Verbesserungen dieses Statuts, ohne aber seine Natur infrage zu stellen.“ Für die Verteidigungsministerin haben die „Aufwertung und Attraktivität des militärischen Dienstes“, insbesondere für junge Soldaten und Soldatinnen, „höchste Priorität“. Zum Aktionsplan könne sie noch keine Details nennen, die Arbeiten und interministeriellen Beratungen seinen noch nicht abgeschlossen. Im November soll der Aktionsplan der Soldatengewerkschaft vorgestellt werden.

Reserve auch für den Einsatz im Land

Die luxemburgische Armee ist im Alltag des Landes präsenter geworden. Mehr Plakate, mehr Auftritte bei Veranstaltungen wie dem LOA-Festival in Esch, Sommercamps für Jugendliche und der große Tag der offenen Tür der Armee auf dem Herrenberg im Juli, zu dem mehr als 17.000 Besucher kamen. SPAL-Vize Braquet begrüßt den Aufwand, der in diese Kampagnen gesteckt wird. Ihm fehlt es jedoch an einer langfristigen Vision. „Wir stagnieren seit Jahren, was die Zahlen bei der Rekrutierung angeht“, sagt SPAL-Präsident Schleck. Veranstaltungen wie der Tag der offenen Tür und die Sommercamps würden kleine Effekte zeigen, seien langfristig aber nicht der Schlüssel zum Erfolg. Die Gewerkschafter verstehen auch die Sorge der Bevölkerung vor Militarisierung und das Unbehagen mancher, die beim Tag der offenen Tür auf dem Herrenberg Kinder mit Waffen posieren sehen. „Man muss aufpassen, ab wann man Kinder in Verbindung bringt mit militärischem Material“, sagt Schleck. Er gibt jedoch zu bedenken, dass das kein Problem der Armee sei, sondern ein gesellschaftliches Problem. „Wir als Gewerkschaft müssen den Beruf zeigen, aber altersgerecht.“

SPAL-Vize Tom Braquet bei der Generalversammlung der Gewerkschaft im September
SPAL-Vize Tom Braquet bei der Generalversammlung der Gewerkschaft im September Foto: Editpress/Claude Lenert

Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist für die Gewerkschafter indes kein Thema, viel sinnvoller finden sie hingegen eine militärische Reserve. Luxemburg zählt zu den wenigen Ländern Europas, die keine Reserve besitzen. „Es gibt viele Leute, die aus der Armee austreten und die bereit wären, an einer Reserve teilzuhaben“, sagt Schleck. So könnte man länger auf gut ausgebildete Spezialisten zurückgreifen. Die Reserve könnte außerdem im Falle von Naturkatastrophen im Inland zum Einsatz kommen. Ein Punkt, den man auch bei der Armee sieht. „Die Diskussionen bezüglich einer möglichen Einführung einer militärischen und/oder zivilen Reserve werden aktuell noch geführt, auch im Rahmen der jüngst vorgestellten nationalen Resilienzstrategie“, heißt es auf Nachfrage. Dies müsse jedoch als gesamtgesellschaftliche Thematik und mit einem gesamtstaatlichen Ansatz angegangen werden. In Luxemburg gibt es für eine Reserve derzeit keine gesetzliche Grundlage. Es bräuchte zudem Verträge mit Staat und Unternehmen, um Personal zeitweise für die Reserve freizustellen. „Wir stehen nicht mal am Anfang, wir stehen nirgends“, sagt Schleck.

Die Ausgaben für Verteidigung steigen stetig. Mehr Geld, mehr Personal, mehr Arbeit. Für die Soldatengewerkschaft sei es deshalb an der Zeit für ein eigenständiges Verteidigungsministerium – statt einer Verteidigungsdirektion als Teil des Außenministeriums. „Auch im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist es für uns mehr als evident, dass wir ein eigenständiges Ministerium brauchen“, sagt Schleck. Bei der Soldatengewerkschaft erhofft man sich dadurch bessere Ressourcenverteilung und klarere Strukturen, auch zwischen Armee und Verteidigungsdirektion. Ministerin Backes sieht das anders: „Die Schaffung eines eigenständigen Verteidigungsministeriums würde aktuell keine nennenswerten Verbesserungen in der Funktionsweise der Direktion für Verteidigung mit sich bringen.“

Eine weitere Forderung des SPAL: eine Art „Wehrdienstbeauftragten“ für Luxemburg. Eine unabhängige Person, die die Verteidigungskommission und die Chamber beraten kann und direkten Zugang sowohl zur Armee als auch zur Verteidigungsdirektion hat. „In Deutschland funktioniert das sehr gut“, sagt Schleck. Der „Schlüssel zum Erfolg“ bleibt für das SPAL jedoch ein neues Statut für Soldaten. „Wenn es in der aktuellen Legislatur nicht klappt, dann vielleicht mit der nächsten Regierung“, sagt Schleck. Als Vorarbeit wolle man Gespräche mit den Parteien suchen.

Nomi
19. Oktober 2025 - 15.01

SOLDAT : Soll Ohne Langes Denken Alles Tun !!

Luxmann
18. Oktober 2025 - 14.26

Weltweit sind soeldner doch anscheinend fuer relativ niedrige loehne zu finden...selbst die Ukraine und Russland greifen darauf zurueck.
Also auch eine piste fuer Backes?

Nomi
17. Oktober 2025 - 12.02

Den Christian Schleck weess vill besser waat an wei' et bei der Armei' leeft wei' di Ministesch !
Denken et ass eng gutt idée den Dengscht ob 10 Johr, dann Optio'unen fir bei Gemeng an Staat an gleichzeiteg Reservist !
D'Optio'unen no den 10 Johr mecht d'Armei' attraktiv.
Gleichzeiteg soll een eng Citée militaire fir d'Famillien (an denen 10 Johr Dengscht) an d'Aae fassen !

JJ
17. Oktober 2025 - 8.51

Größenwahn oder was? Kennen sie den? "Morgen überfallen wir Russland!" " Und was machen wir übermorgen?" Also hat auch Luxemburg sich von der Putin-Hysterie und Trumps Drohungen anhauchen lassen. Unsere Nationalhymne erzählt von Flüssen und Land,nicht "allons enfants" oder "..über alles".
Wenn jeder zweite Luxemburger von 16 bis 60 Soldat wäre,Frau Backes als Ministerin und Gleichberechtigungskämpferin inklusive, was würde das zu Luxbgs Sicherheit beitragen? Gar nix. Den nächsten Krieg wird keiner gewinnen.

Reinertz Barriera Manfred
17. Oktober 2025 - 8.43

Die Armee muss eben auf den Leisten genommen werden, um dann ungeformt zu werden, auch in Sachen Ausbildung z. B. Drohnen usw. klar, dass man die Löhne auch endlich mal anpassen muss an die des Staatsbesoldeten...sonst kommt niemand freiwillig in den Kriegerverein !

canis-lupus
17. Oktober 2025 - 8.37

ee ganz gudden Artikel, do fënd Een eraus wéi ët könnt sin a wéi ët nët sollt sin..

do stin ëch op der Säit vum Christian Schleck..