KinoSebastian Koch: „Ich schätze Vicky Krieps als Schauspielerin sehr“

Kino / Sebastian Koch: „Ich schätze Vicky Krieps als Schauspielerin sehr“
„Ich liebe Charaktere, die ihre Emotionen nicht zeigen“, sagt der 61-jährige Schauspieler. Das sei in seinem Job besonders spannend. Foto: dpa/Paul Zinken

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Das Luxembourg City Film Festival ging am vorletzten Sonntag mit dem Film „Love Lies Bleeding“ zu Ende. Die mittlerweile 14. Ausgabe lockte neben einer Auswahl von mehr als 120 programmierten Filmen auch mit namhaften Stars. Unter den Jurymitgliedern befand sich neben Marianne Slot oder Arnaud Valois auch Sebastian Koch.

Filmfestspiele auf der ganzen Welt verschreiben sich einer spezifischen Form der kuratorischen Arbeit am Film. Filme, die handverlesen einem Publikum zugänglich gemacht werden, können bestimmend sein für die Karriere von Filmschaffenden, für eine präzisere Erschließung der Entwicklungen in der gegenwärtigen Filmsprache. Ein Filmfestival schafft nicht nur Raum für neue Werke, sondern auch für internationale Filmschaffende: Der argentinisch-französische Regisseur und Drehbuchautor Gaspar Noé unterhielt sich im Rahmen einer Masterclass mit dem französischen Filmkritiker Philipp Rouyer. Der dänisch-amerikanische Schauspieler und Regisseur Viggo Mortensen stellte seinen neuen Film „The Dead Don’t Hurt“ vor und erhielt den Ehrenpreis. Neben Mortensen spielt die luxemburgische Schauspielerin Vicky Krieps in diesem Western die Hauptrolle. Krieps war ebenfalls Teil der diesjährigen internationalen Jury, die vom US-amerikanischen Filmregisseur Ira Sachs angeführt wurde.

Seine Teilnahme an der diesjährigen Ausgabe des LuxFilmFest empfand der deutsche Künstler Sebastian Koch denn auch als ein großes Privileg. Den Wert eines Filmfestivals für die lokale und internationale Filmkultur schätzt der deutsche Schauspieler als überaus hoch ein: „Den Zuspruch, den einige Filmfestivals zurzeit erleben, auch bei den Zuschauerzahlen, ist erstaunlich“, meint Sebastian Koch. „Man denkt fast, die Filmfestivals werden mehr besucht als die Kinos. Es ist ein Filmfest, wo die Menschen, die Filme lieben, Filme feiern. Das Kino hat es schwer im Moment, nach Corona noch mehr. Es ist so schön, Filme gemeinschaftlich zu schauen und darüber zu sprechen – das ist eine ganz große Qualität. Die Kunst hat Raum, die das Festival schafft, auch in der Auswahl der Filme.“

Historische Persönlichkeiten

In seinen Filmen spielt Koch häufig historisch bedeutende Persönlichkeiten – man erinnert sich an seine herausragende Rolle als Nazi-Architekt und Vertrauter Adolf Hitlers, Albert Speer, in „Speer und Er“ (2005). Gleich darauf folgte „Black Book“ (2006) von dem niederländischen Filmemacher Paul Verhoeven, ein Kriegsdrama, in dem Koch in die Rolle des SS-Hauptsturmführers Ludwig Müntze schlüpfte. In Hermine Huntgeburths feministischer Neuinterpretation des Literaturklassikers von Theodor Fontane „Effi Briest“ von 2009 gab er den Baron von Innstetten.

Mit der Rolle des Georg Dreyman in Florian Henckel von Donnersmarcks Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ kam 2006 für Koch die Wende. Unvergessen ist seine Rolle als Dramatiker, der zur DDR-Zeit überwacht und bespitzelt wird. Man kennt die angenehm wohlklingende Stimme: Koch spricht ruhig und besonnen, wenn er seine Karriere Revue passieren lässt. Ganz bedächtig blickt er auf seine Filmkarriere als Schauspieler zurück: „,Das Leben der Anderen‘ hat mir die Karriere auf internationaler Ebene geöffnet. Viele Agenten waren damals zur Stelle, die mich gleich in die Welt schicken wollten, jedoch war mir das unheimlich. Erst nach anderthalb Jahren habe ich mich diesem internationalen Markt geöffnet. Momente wie die Zusammenarbeit mit Steven Spielberg und Tom Hanks bleiben natürlich sehr im Gedächtnis und stechen heraus.“ Neben Tom Hanks spielte Sebastian Koch in „Bridge of Spies“ (2015) den DDR-Anwalt Wolfgang Vogel, der maßgeblich am ersten Agentenaustausch im Kalten Krieg beteiligt war und später Unterhändler der DDR beim Freikauf politischer Gefangener durch die Bundesregierung wurde.

Dem Projekt dienen

Ich schätze sie (Vicky Krieps) als Schauspielerin sehr, da sie eine klare Haltung hat, was Frauenrollen angeht. Sie trägt ihre Rollen immer sehr liebevoll vor, sodass sich der andere öffnen kann. Sie ist eine Schauspielerin, die andere in Diskussionen nicht überrollt, sondern ihnen Platz lässt.

Sebastian Koch, Schauspieler, über seine Jurykollegin Vicky Krieps

Obwohl es zwischen den beiden bisher zu keiner Zusammenarbeit kam, zeigt sich der deutsche Mime von seiner Jurykollegin, der luxemburgischen Schauspielerin Vicky Krieps, überaus beeindruckt. Für die 40-jährige Schauspielerin, die ihre Anfänge besonders im deutschen Film machte, ist Koch voll des Lobes: „Ich schätze sie als Schauspielerin sehr, da sie eine klare Haltung hat, was Frauenrollen angeht. Sie trägt ihre Rollen immer sehr liebevoll vor, sodass sich der andere öffnen kann. Sie ist eine Schauspielerin, die andere in Diskussionen nicht überrollt, sondern ihnen Platz lässt. Ihre Filmrollen tragen diese Eigenschaft auch in sich.“

Dass das Kino ein Medium ist, das sein Publikum von Beginn an mit festen Formaten versorgt hat, ist klar. Genremuster und Typisierungen sind aus der audiovisuellen Kultur nicht wegzudenken. Gerade das Typecasting, die Festlegung eines Schauspielers auf einen bestimmten Rollentyp, stellt Mimen immer wieder vor Herausforderungen: „Du hast die einzige wahnsinnige Möglichkeit, ‚nein‘ zu sagen – du musst die Rolle nicht spielen. Mir wurden auch schon solche Rollen angeboten, aber ich möchte nicht in solchen Schubladen landen. Ich bin Gegner des Typecastings, denn der Beruf des Schauspielers ist ja großartig, besonders in der Übersetzung, sich in die Figur hineinversetzen.“

Sich nicht festzulegen, sich der Schablone zu entziehen, das trieb Sebastian Koch immer schon an. Er ist einer, der sich nicht gern der ganz großen Emotion verschreibt. Statt auf Gefühlsausbrüche und große Gestik setzt Koch auf die Zurücknahme: „Ich liebe Charaktere, die ihre Emotionen nicht zeigen – das ist für einen Schauspieler spannend.“ Als Schauspieler zählt für Sebastian Koch letztlich vor allem eines: „Dem Projekt zu dienen. Das ist einmal pragmatisch gemeint, indem ich dem Film meine Arbeit, meine Kraft zur Verfügung stelle. Und darüber hinaus: Involvierung. Wenn mir Sachen auffallen, dann kann ich die äußern und Anteil nehmen an dem ganzen kreativen Prozess – ,part of the whole thing‘. Es gibt keine Hierarchien, jeder ist im Film wichtig.“