Sowohl die unglaubliche Zahl als auch die Art des Diebesguts erregten Aufmerksamkeit: Am Montag wurde bekannt, dass Diebe in Luxemburg 3,8 Millionen Bienen gestohlen hatten (Tageblatt berichtete).
Der Fall klingt kurios, löste aber auch Kopfschütteln aus. Wer klaut Bienen – und wieso? Tatsächlich ist ein solcher Diebstahl kein Einzelfall, erklärt Jean-Paul Beck, Präsident des luxemburgischen „Landesverband fir Beienzuucht“, dem Tageblatt. Erst im Frühjahr seien sechs Völker gestohlen worden, was bisher noch nicht aufgeklärt werden konnte. „Doch ein Raub in dieser Größenordnung hat es im Großherzogtum noch nie gegeben.“
Hohe kriminelle Energie
Das ist allerdings nicht die einzige Besonderheit. „Normalerweise werden Bienen im Frühling gestohlen“, berichtet Beck, „aber von einem Diebstahl im Sommer habe ich noch nie im Leben gehört!“ Im Normalfall seien die Schuldigen relativ leicht auszumachen: andere Imker. Durch falsche Pflege überleben manche Bienenvölker den Winter nicht. Ein neues „Jungvolk“ würde aber bis zu 200 Euro kosten, je nach Art und Qualität sogar noch mehr. Wer diese Summe nicht ausgeben möchte, begeht unter Umständen Diebstahl an seinen Kollegen. Das seien jedenfalls die bisherigen Erfahrungswerte.
Den Schuldigen des aktuellen Raubzugs bescheinigt Beck aber eine besonders hohe kriminelle Energie. Dabei geht es nicht um die einzelnen Tiere – laut Beck sei es blanker Unsinn, hier von 3,8 Millionen Bienen zu reden –, sondern um die Völker. Insgesamt wurden 47 Bienenvölker mit ihren Kästen und Inhalt (hauptsächlich Waben und Futter) gestohlen. Ein solcher Bienenkasten wiegt gut und gerne 50 Kilo, die an drei verschiedenen, schwer zugänglichen Standpunkten zwischen Esch und Luxemburg-Stadt aufgestellt waren.
Wie schafft man 2.350 Kilo Diebesgut weg, das zudem von durchaus wehrhaften Bienen bevölkert ist? Beck ist ratlos. „Irgendjemand muss doch was bemerkt haben.“ Allerdings lässt sich der Zeitpunkt nicht genau bestimmen. Der geschädigte Imker gab an, dass der Diebstahl zwischen dem 3. und 25. August passiert sein musste. Dazu hat der Präsident eine Vermutung: „Wahrscheinlich war der Mann im Urlaub.“ Da Bienen über längere Zeit auch einfach gerne in Ruhe gelassen werden, stellt das normalerweise kein Problem dar.
Enormer wirtschaftlicher Schaden
Wie viele andere Berufe hat sich auch der Beruf des Imkers in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Richtige Vollzeit-Imker gibt es sowieso kaum noch – für die meisten ist Bienenzucht eine Beschäftigung neben ihrer normalen Arbeit. Der wirtschaftliche Verlust ist dennoch – oder gerade deswegen – groß. Die Bienenzucht findet häufig nicht mehr in klassischen Bienenhäusern statt, die vom Imker leicht überwacht und abgeschlossen werden können. Typischerweise werden die Stände in der freien Natur aufgestellt, im Falle der jüngst gestohlenen Völker im Wald. Das bedeutet aber auch, dass kein Versicherungsschutz für die unbewachten Stände abgeschlossen werden kann.
Der Sommerhonig war zwar noch nicht geerntet, aber darauf angesprochen winkt Beck ab. „Es geht nicht um den Honig, sondern um die Bienen!“ Doch auch der gezimmerte Wohnraum der Insekten ist nicht billig. Beck schätzt den Wert der Bienen mitsamt ihren Ständen auf bis zu 700 Euro – pro Volk. Der finanzielle Schaden würde sich damit auf über 30.000 Euro belaufen.
Da ist der verlorene Honig noch das geringste Problem. Zudem ist der Ertrag starken Schwankungen unterworfen. Pro Saison kann ein Bienenvolk bis zu 100 Kilo Honig produzieren, aber manchmal sei laut Beck auch gar nichts zu holen. Die Sommerernte – im Fachjargon spricht man von „abschleudern“ – hat sich für ihn jedenfalls nicht gelohnt: „Den Honig habe ich den Bienen gelassen – das war den Aufwand nicht wert.“
Bienen sind wichtige Nutztiere
Man merkt, dass für Jean-Paul Beck Bienenzucht kein Hobby, sondern eine Leidenschaft ist. Seine Entrüstung über den Diebstahl ist deutlich zu spüren. Ein solcher Coup kann leicht als kuriose Meldung abgetan werden, aber auch ohne Inbetrachtnahme des finanziellen Schadens ist die Sorge um die verschwundenen Bienen angebracht. So unbeliebt die wehrhaften Insekten bei vielen Menschen sein mögen, gehören sie doch zu den wichtigsten Nutztieren überhaupt.
Anders als bei ihren Verwandten, den Wespen und Hummeln, bei denen nur die Königin die kalte Jahreszeit überlebt, überwintert eine Bienenkönigin zusammen mit ihrem Volk: insgesamt etwa 20.000 bis 30.000 Tiere. Die Bienen, die im nächsten Frühling viel früher als ihre Artgenossen Felder, Wiesen und Obstbäume bestäuben, werden schon in einigen Wochen schlüpfen. Während der Hochsaison werden die einzelnen Völker auf bis zu 80.000 Tiere anwachsen.
Der Wert der Bienen für die Umwelt ist so hoch, dass selbst einige Veganer, die auf alle anderen tierischen Produkte verzichten, bei Honig eine Ausnahme machen. Zu wichtig ist die Arbeit der Bienenzüchter, um sie durch so einen Verzicht abzustrafen. Durch Milbenbefall und Pestizide sind Bienen nämlich immer mehr auf die Pflege der Züchter angewiesen, für die sich ihr Engagement finanziell selten lohnt. Neben Diebstählen ist auch Vandalismus ein immer häufigeres Problem. Vor allem im Winter werden Bienenstände mutwillig zerstört – wenn die kältestarren Tiere sich nicht wehren können. Diese Akte sinnloser Tierquälerei machen nicht nur Beck sehr wütend.
Wie groß der ökologische Schaden des größten Bienenraubs in der luxemburgischen Geschichte ist, vermag Beck nicht zu sagen. Es sei ja nicht klar, wo die gestohlenen Völker sich jetzt befänden. Aber da die Szene im Großherzogtum sehr klein ist und ein Züchter mit 47 neuen Völkern auffallen würde, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Bienen ins Ausland gebracht wurden. Die heimische Flora wird sie schmerzlich vermissen.
Aline Pabst
De Maart
und nochmal @ Luss
Luca war sarkastisch, was ich absolut angebracht finde.
Es wäre vielleicht informativ gewesen (und wird es auch noch sein), wenn Aline Pabst vielleicht einige Gesetze erläutert hätte, wo man Bienenstöcke aufstellen darf. Was mal erlaubt war, ist heutzutage vielleicht verboten. Der Artikel war sehr sehr gut, sehr lehrreich.
Was ihr Schwiegervater mal tat ... nunja, ich durfte meinen Vorfahren zuschauen, wie sie die Kaninchen züchteten, mit dem Knüppel auf den Kopf (mehrmals) betäubten oder totschlugen ... wie sie Hühnern den Hals umdrehten usw. usf.
Damals gab es noch keinen Tierschutz .... heute würde man vor Gericht verurteilt werden, warum? Die Zeiten ändern sich, die Gesetze auch, und es ist auch gut so ...
Aber damals wie heute galt ... stehlen wird bestraft, und auch das ist gut so.
Und vielleicht tragen Sie dem auch mal Rechnung, anstatt nur einen dummen Kommentar abzugeben, dass die Autorin dieses Artikels sich bemüht hat, uns zu erklären, worin der Sinn dieses Diebstahls besteht ... bei aller Kritik soll auch Lob erlaubt sein. Aline Pabst, gute Arbeit, Daumen hoch ...
@Luss Heute Bienenvölker, .morgen Weinreben. Und dann kommen Sie wieder mit ihrem Kommentar, dass es grob fahrlässig ist teuere Weinreben einfach so in der Natur stehen zu lassen. Sitzen, sechs!
Imkerei war vor ein paar Jahren noch ein unpopuläres Hobby für Rentner und Opas. Mittlerweile, dank politischer Unterstützung und Werbekampagnen ist es ein Modehobby geworden. Überall stehen nun plötzlich Bienenvölker. Imkerkurse werden angeboten u.s.w.
Das erste Resultat dieser Politik ist, dass die Preise für Artikel des Imkereibedarfs sich verdoppelt haben. Auch ist die Nachfrage nach Bienenvölkern gestiegen. Somit auch die Preise für Bienenvölker. Das erklärt, warum jetzt immer öfter Bienenvölker gestohlen werden. Die gestohlenen Völker sind nicht verschwunden. Sie werden größtenteils nächstes Jahr nur irgendwo anders Obstbäume bestäuben. Ich vermute, dass sie an motivierte Jungimker ohne Erfahrung verkauft werden. Ob sie alle den Winter überleben, ist daher fraglich.
Ob der jetzige Imkerhype gut für die Bienen selbst ist, wird sich zeigen. Ich habe meine Zweifel. Es ist eben nur eine Mode der Zeit.
@Luss
wo sollte er Ihrer Meinung nach die Bienen abstellen? Vielleicht in seinem Kühlschrank? Traurig genug, dass ein Diebstahl von Bienenstöcken keine Seltenheit ist. Genauso wie das sinnlose Zerstören von Bienenvölkern durch irgendwelche hirnlosen Vandalen.
Ein Verbrechen bleibt ein Verbrechen, egal wie kurios man es findet ...
Artikel gut, Kommentar daneben
@Luca Pipistrello. Mein Schwiegervater war auch Imker.Der hatte seine Bienenkörbe in seinem Garten in einem abschliessbaren Chalet stehen. Soviel zu Ihrem dummen Kommentar.
Ja, komisch, dass der gute Mann seine Bienen nicht jeden Abend im Stall einsperrte.
Sehr kurios ist die Meldung, dass ein Vermögen von über 30.000€ einfach so im Wald abgestellt wird.......Da hätte dieser Imker ja auch noch gleich seine volle Geldbörse daneben legen können und ein unverschlossenes Auto in dem der Zündschlüssel steckte.