Sonntag19. Oktober 2025

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AnalyseRussland und die von Lukaschenko provozierte Migrationskrise

Analyse / Russland und die von Lukaschenko provozierte Migrationskrise
Mehrere hundert Migranten saßen gestern an der polnisch-belarussischen Grenze in Kuznica fest Foto: AFP/Leonid Shcheglow

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Russland gibt Studentenvisa an Flüchtende aus, lässt sie auf seinen Flughäfen in Richtung Minsk umsteigen, steht dem belarussischen Diktator Lukaschenko bei. Zieht Moskau im Hintergrund die Strippen?

So mancher Geflüchteter, der dem Höllenstreifen zwischen Belarus und Polen entkommen ist auf seinem langen Weg auf der Suche nach einem besseren Leben, erzählt Menschenrechtlern und Journalisten in Polen über die Details dieses Weges. Dabei fallen auch Wörter wie „russisches Studentenvisum“ zum Beispiel. Oder „Zwischenlandung in Moskau“. Ist Russland Mittäter in Lukaschenkos menschenverachtendem Spiel, um Europa an seinen Grenzen vorzuführen?

Die polnische Regierung sagt ganz klar: Ja! Russlands Präsident Wladimir Putin stecke hinter der eskalierenden Migrationskrise an der EU-Ostgrenze. Moskau weist solche Vorwürfe selbstredend von sich, wie es jede Verantwortung an Menschenrechtsverletzungen, ob innerhalb oder außerhalb Russlands, stets von sich zu weisen weiß. Die Schuld für das Leid an der polnisch-belarussischen Grenze sieht Moskau beim Westen. Dieser habe schließlich die Lebensgrundlagen der nun vor dem Stacheldraht stehenden Menschen in ihren Heimatorten zerstört, habe sie mit seinen verheißenden Aussagen vom schönen Leben in Europa gerufen. Nun solle er zusehen, wie er all die Versprechen erfülle. „Europa muss sich für seine Worte und Taten verantworten“, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow vor einigen Tagen.

Belegen lässt sich die russische Beteiligung am Schleusersystem Lukaschenkos nicht. Minsk als bloßen Vorposten Moskaus zu sehen, wäre zu kurz gegriffen. Lukaschenko hat es jahrzehntelang verstanden, zwischen Moskau und Brüssel zu lavieren, durchaus erfolgreich. Die Eskapaden seines Nachbarn sind auch dem Kreml zuweilen zu viel. Als Lukaschenko nun androhte, den Gastransit nach Europa zu stoppen, wies ihn Putin öffentlich zurecht.

Dennoch: Russlands Unterstützung kann sich das Regime in Minsk jederzeit sicher sein. Immer wieder vergewissern sich beide Länder ihrer ähnlichen Werte im Kampf gegen das „andere“. Beide pflegen ähnlich antiquierte Methoden, Menschen als Material zu betrachten und dabei nicht vor staatlicher Gewalt gegen die eigenen Bürger zurückzuschrecken. Auch die Flüchtenden aus dem Irak, aus Syrien und Afghanistan, die derzeit in der Kälte ausharren, sind für Lukaschenko nur ein Mittel zum Zweck – um Europa zu erpressen, ihn als rechtmäßigen Präsidenten anzuerkennen, Geld für seinen Grenzschutz zu zahlen und die EU-Sanktionen gegen Minsk aufzuheben. Die Krise vor den Toren Europas liegt auch im Interesse Moskaus: Es kann die europäische Uneinigkeit geradezu exemplarisch vorführen – und sich zugleich als möglicher Vermittler anbieten.

Minsk provoziere Westen wie Russland

Lukaschenkos Regime lockt die Flüchtenden, schubst sie regelrecht in den Grenzstreifen und hält sie dort fest. Sie sind Gefangene seiner perfiden Strategie, die Moskau mitträgt, mag es Lukaschenkos Verhalten oft erratisch finden und ihn selbst für einen nervigen, aber bauernschlauen Taktiker halten. Lukaschenko zündelt, Russland beschleunigt den Brand, indem es das Regime in Minsk hält, weil es damit eigene Interessen verfolgt: Belarus noch näher an sich zu binden, selbstredend zu russischen Bedingungen.

Lukaschenko als Juniorpartner wiederum ist tief davon überzeugt, Russland mit seinem Vorgehen einen Bärendienst zu erweisen. Sein Narrativ: Die NATO stehe vor den Toren Belarus‘ und nutze den Migrantenansturm, um gegen Belarus und später gegen Russland vorzugehen. Belarus sei also eine Pufferzone für die Angriffe aus dem Westen auf Russland. Moskau müsse Minsk unterstützen – auch finanziell. Doch in den Anfang November von Moskau und Minsk unterschriebenen 28 Programmen zu mehr Kooperation in den Bereichen Wirtschaft und Soziales fehlt die Zusicherung weiterer russischer Finanzhilfen für Belarus. So geht der russische Politologe Andrej Susdalzew von der Moskauer Higher School of Economics davon aus, dass Lukaschenko – aus Beleidigtsein über die fehlenden Gelder aus Moskau – die Krise an der Grenze zur EU noch weiter angefacht habe. Minsk provoziere sowohl den Westen als auch Russland, sagt er. „Was für eine Integration, ich habe hier Krieg, rettet mich“, rufe der belarussische Machthaber laut Susdalzew in Richtung Moskau. Nicht von ungefähr warnt Lukaschenko vor Fehlern und Provokationen der Europäer und verweist sogleich auf die Nuklearmacht Russland. Die Gefahr einer militärischen Eskalation wächst.

Wieder Mann
16. November 2021 - 13.50

@Mensch: Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit.(Platon)

Mensch
16. November 2021 - 12.58

Die Flüchtlingskrise hat nichts mit Lukaschenko, Putin oder Erdogan zu tun. Sie hat etwas mit einem Wirtschaftssystem zu tun das auf Ausbeutung beruht und das wir Abendländer und Überseeabendländer mit Händen und Füssen verteidigen. Wenn die Ausgebeuteten zu uns kommen um Anteil zu haben an dem was ihnen seit Jahrhunderten entzogen wurde, so nennt man das Gerechtigkeit.

Wieder Mann
16. November 2021 - 10.32

Lukaschenko und Russland trifft wohl eine Mitschuld , aber die Hauptschuld trifft die europäische Politik. Die einladende Flüchtlingspolitik der Europäer ist ein Boomerang der sich gegen Europa wendet.Es ist doch nur logisch Despoten , wie Putin, Lukaschenko oder auch Erdogan , die Flüchtlinge als Waffe zu Erpressung einsetzen . Die Flüchtlinge sind für diese Despoten ein wichtiges Werkzeug den Konkurrenten , die Wirtschaftsmacht EU zu destabilisieren. Auch wenn unsere humanistischen Politiker es nicht wahrhaben wollen, der Flüchtling ist nur noch Mittel zum Zweck und wer 2400( Gestrige Berichterstattung ntv/Tagesschau) Dollar aufbringt für vom Irak nach Europa zukommen, könnte mit dieser enormen Summe für irakische Verhältnisse im Irak sich eine Existenz aufbauen.Die europäische Politik hat die von Kriegsgefahr bedrohten Flüchtlinge , die wirklich Schutz bedürfen ins Abseits gedrängt, immer mehr Flüchtlinge der Wirtschaft , des Wohlstandes wegen in Europa ihr Glück versuchen wollen, die Leidtragenden vor dem Krieg flüchtende Menschen sind.

Klod
16. November 2021 - 9.41

Da die ueberschrift schon mal irrefuehrend und falsch ist...die migrations krise dauert seit jahren an und hat kaum etwas mit lukaschenko zu tun..lohnt es sich also kaum weiter zu lesen.