Mittwoch22. Oktober 2025

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Neue EU-KommissionRisse in der Koalition: Resultat der Abstimmung ist wenig überzeugend

Neue EU-Kommission / Risse in der Koalition: Resultat der Abstimmung ist wenig überzeugend
Am kommenden Sonntag kann die neue EU-Kommission ihre Arbeit aufnehmen Foto: AFP/Frederick Florin

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Die neue EU-Kommission erhielt am Mittwoch in Straßburg grünes Licht vom Europäischen Parlament (EP). Die Zustimmung kam nach einer Vereinbarung zwischen der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), den Sozialdemokraten (S&D) sowie den Liberalen (Renew) im EP zustande. Allerdings gibt es Risse in dieser Koalition, wie das Abstimmungsergebnis zeigt.

370 Ja-Stimmen reichten, um die neue EU-Kommission zu bestätigen. Damit war die Mehrheit der 688 abgegebenen Stimmen zwar klar erreicht. Doch überzeugend ist das noch lange nicht. Denn immerhin 282 EP-Abgeordneten stimmten gegen die zweite Kommission von Ursula von der Leyen, 36 enthielten sich der Stimme. Die Koalitionäre im EP sind längst nicht mehr so geeint, wie es einst war.

Denn der Zustimmung war eine vielseits kritisierte Endphase im Anhörungsprozess der einzelnen designierten Kommissare in den Fachausschüssen des EP vorausgegangen. „Parteipolitische Spielchen“ wurden insbesondere dem EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber vorgeworfen, der den Italiener Raffaele Fitto von den postfaschistischen „Fratelli d’Italia“ als Exekutiv-Vizepräsident durchbringen wollte. Dazu wurde zeitweise die Bestätigung aller anderen Exekutiv-Vizepräsidenten ausgesetzt, was zu Unmut bei den anderen pro-europäischen Fraktionen im EP führte. Nachdem sich die drei Fraktionen – EVP, S&D, Renew –, allerdings ohne die Grünen, dennoch geeinigt hatten, war zumindest der Weg für die Abstimmung im EP frei.

Dieser ging am Mittwoch eine Rede der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen voraus, die in einer zum Teil überschwänglichen Weise die einzelnen Kommissare noch einmal präsentierte und deren Aufgabenbereich sowie die politischen Vorhaben der neuen Kommission beschrieb.

Dabei warnte von der Leyen, dass für die Freiheit „schwierige Entscheidungen“ getroffen werden und „massiv“ in die Sicherheit, aber auch den Wohlstand investiert werden müsse. Sie versicherte, „mit allen demokratischen, proeuropäischen Kräften in diesem Haus zusammenarbeiten“ und „aus der Mitte heraus arbeiten“ zu wollen. Dies war eine Absage an eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten und Rechtsextremen im EP. Wohl aber auch ein Appell an die noch Unentschlossenen, angesichts der „konfliktbeladenen Welt“, in der „jede Schwäche, jede Spaltung, jede Abhängigkeit eiskalt ausgenutzt“ werde, Einigkeit zu zeigen.

Green Deal bleibt, wird aber flexibler

Entlang den Erkenntnissen aus den drei Berichten, die Ursula von der Leyen im Vorfeld ihrer neuen Legislaturperiode in Auftrag gegeben hat, setzt sie einige der Prioritäten ihrer neuen Kommission. Daher beherrschten wirtschaftliche Themen wie die Wettbewerbsfähigkeit (Bericht von Mario Draghi) und die Stärkung des Binnenmarktes (Bericht von Enrico Letta) sowie die Stärkung der Sicherheit und die Reduzierung von Abhängigkeiten (Bericht von Sauli Niinistö) die Vorstellungsrede der Kommissionspräsidentin.

In Bezug auf den Draghi-Bericht erklärte von der Leyen, dass die „erste größere Initiative der neuen Kommission ein Kompass für Wettbewerbsfähigkeit sein“ werde. Sie stellte klar, dass sie mit dem „europäischen Green Deal auf Kurs bleiben“ wolle, auch wenn dieser „flexibler“ für die Menschen und Unternehmen gehandhabt werde. Womit sie sowohl den Grünen als auch den Konservativen – EVP und EKR – entgegenkommt. 

Im Bereich der Innovationen würden die EU-Staaten in Sachen Patente zwar in Augenhöhe mit den USA und China stehen, jedoch nicht, was die Verwertung dieser Patente anbelangt. Deren Nutzung sowie der Förderung von Start-ups, die „sich mit 27 unterschiedlichen nationalen Regelungen herumschlagen“ müssten, wolle sich die neue Kommission annehmen, versprach die Kommissionschefin. 

EU-Säule sozialer Rechte soll aktualisiert werden

In Sachen Verteidigung verlangte von der Leyen mehr Ausgaben. „Wir wissen, dass wir als Europäer gemeinsam viel mehr leisten müssen“, sagte sie und verwies darauf, dass Russland neun Prozent seines BIP und Europa im Durchschnitt 1,9 Prozent für Verteidigung ausgebe. Die Kommission werde dazu „in den ersten 100 Tagen ein Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung vorlegen“, versprach die EU-Kommissionspräsidentin. Und an die Ukraine ging das wiederholte Versprechen, dass die EU so lange an ihrer Seite stehe, „wie es nötig ist“.

Da insbesondere die Fraktion der Sozialdemokraten (S&D) einige Kröten seit den Europawahlen haben schlucken müssen, kam die EU-Kommissionspräsidentin ihnen im Bereich der sozialen Rechte entgegen. Es sei ein „ehrgeiziges Sozialprogramm“ aufgestellt worden, „wobei wir zunächst die Aktualisierung der europäischen Säule sozialer Rechte angehen wollen“, so die EVP-Politikerin. Damit werde sich Roxana Mînzatu befassen, die dafür auch noch den Titel einer Exekutiv-Vizepräsidentin erhält. 

Der luxemburgische EU-Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen wird dafür sorgen müssen, dass die Landwirte in der EU „ein faires und ausreichendes Einkommen“ erhalten und „sie die richtigen Anreize bekommen, um zum Schutz unserer Umwelt beitragen zu können“. Er bringe dafür die nötige „Kompromissfähigkeit“ mit, bescheinigte Ursula von der Leyen dem Luxemburger.

„Kein doppeltes Spiel“ betreiben

Nur kurz ging die Kommissionspräsidentin auf eines der größten Streitthemen in der EU ein: die Migrationspolitik. Nachdem in den EU-Mitgliedstaaten erst noch das in diesem Jahr beschlossene Migrationspaket in die Praxis umgesetzt werden soll, will die Kommission nun daran arbeiten, „legale Wege zu öffnen“. „Dieser Ansatz steht nun im Zentrum des Migrations- und Asylpakets“, sagte die Kommissionspräsidentin. Die den Österreicher Magnus Brunner mit dieser Aufgabe betraut hat, wobei dessen ÖVP für eine möglichst restriktive Migrationspolitik bekannt ist.

Dass insbesondere die S&D-Fraktion kein großes Vertrauen in die gefundene Einigung mit EVP und Liberalen hat, machte deren Vorsitzende Iratxe García Pérez deutlich. „Eines ist sicher: Wir stellen keinen Blankoscheck aus“, stellte sie klar. Versprechen müssten eingehalten werden, verlangte die Spanierin von der Kommissionschefin und riet dieser, ihrer pro-europäischen Position treu zu bleiben. Und an die Adresse der EVP-Fraktion gerichtet meinte Pérez, diese solle „kein doppeltes Spiel“ betreiben. Was diese jedoch bereits getan hat, als sie bei einigen Abstimmungen, wie etwa über die Verschiebung der Entwaldungsverordnung, mit den rechtspopulistischen und rechtsextremen Fraktionen gestimmt hat.

Daran stören sich auch die Liberalen und Grünen. Sie seien weiterhin nicht damit einverstanden, dass Raffaele Fitto den Posten eines Exekutiv-Vizepräsidenten erhält, betonte die Renew-Vorsitzende Valérie Hayer. Die EVP zeige immer offener, dass sie sich eine Zusammenarbeit mit extremen Rechten offen halten wolle, so die Ko-Vorsitzende der Grünen, Terry Reintke. Damit sei die Chance verpasst worden, eine pro-europäische Mehrheit aufzubauen, so die Grünen-Politikerin. 

Neue Portfolios

Erstmals gibt es in der neuen EU-Kommission mit:
– der Kroatin Dubravka Šuica eine Kommissarin für den Mittelmeerraum;
– dem Litauer Andrius Kubilius einen Kommissar für Verteidigung;
– dem Dänen Dan Jørgensen einen Kommissar für Wohnungswesen.

Luxmann
28. November 2024 - 9.44

Le cze
Unter Trump haette wenigstens jeder dieser truppe eine blaue baseball kappe mit der aufschrift MEGA getragen😀

LeCze
27. November 2024 - 21.09

Das ist also die starke Truppe die Europa wieder groß machen will!🧐🫢🙈🙊😢😂😰😱🤐