Vier Minister, eine Bürgermeisterin, Luxemburgs Staatsanwalt und Polizeidirektor haben am Donnerstag die Resultate des „Drogendësch 2.0“ vorgestellt. „Der Drogentisch 1.0 der vorigen Regierung war eine gute Idee und wurde auch umgesetzt“, begrüßt Innenminister Léon Gloden (CSV) die anwesenden Journalisten und Beamten der verschiedenen Verwaltungen. Die Realität aber habe sich mittlerweile verändert und die Herangehensweise angepasst werden müssen. „Mir musse méi schnell si wéi déi Kriminell.“ Während vier Monaten habe man deswegen 60 neue Maßnahmen ausgearbeitet, die bereits am Morgen einigen Bürgern aus dem städtischen Bahnhofsviertel vorgestellt wurden.
Platzverweis renforcé
Innenminister Léon Gloden hat auf Nachfrage des Tageblatt bekannt gegeben, dass Gesetzesänderungen am „Platzverweis renforcé“ am 21. Mai in der Chamber vorgestellt werden. Auf die Kritik des Staatsrats angesprochen – dieser schlug das Streichen des Aufenthaltsverbots aus dem Gesetzesvorschlag vor –, meinte Léon Gloden lediglich, dass er froh sei, wenn dieser so umgesetzt werden könne. „Die Polizei wartet sehnlichst darauf“, sagt Gloden. Außerdem finde er es schade, dass von all den Gutachten nie das „ganz positive“ Gutachten der „Cour supérieure de justice“ genannt werde.
Der Oberste Gerichtshof schreibt jedoch in seinem Fazit: „Während diese Maßnahmen bei Personen, die über einen Wohnsitz oder finanzielle Mittel verfügen, wirksam sein können, erweisen sie sich bei Personen in unsicheren und instabilen Situationen als unwirksam. Um eine wirksame Reaktion auf wiederholtes Verhalten zu gewährleisten, ein Gefühl der Straflosigkeit zu verhindern und die öffentliche Ordnung zu garantieren, sollten Alternativen zur Schließung dieser Umsetzungslücken geprüft werden.“
Pascal Peters, Generaldirektor der Polizei, meinte, dass der „Platzverweis renforcé“ eine immense Hilfe sein kann. Insbesondere dann, wenn sich die Betroffenen nicht unbedingt in Hauseingängen, jedoch in deren Nähe auf dem Gehweg befänden.
Schneller, aber vor allem präsenter will Gloden die Polizei in den Problemvierteln Hollerich/Gare und Bonneweg machen. „Ab dem 12. Mai hat das Polizeikommissariat Gare/Hollerich rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche geöffnet“, sagt Gloden. Auch in Ettelbrück soll das Polizeibüro 24/7 geöffnet haben. Mit „coups de poings“ will Gloden vor allem Kriminelle immer wieder stören, um den öffentlichen Raum wieder Familien und „normalen“ Anwohnern zurückzugeben. Und: Im Bonneweger Brooklyn-Viertel und im städtischen Bahnhofsviertel sollen an der Ecke der rue du Commerce und der rue du Fort Wedell neue Polizeikommissariate eröffnen. „Polizeipatrouillen können dann schneller am Ort des Geschehens sein“, sagt Gloden.
Außerdem will die Regierung ein „Kaffi mat der Police“, ein Community-Police-Event, ins Leben rufen, um den Kontakt zwischen den Behörden und den Bürgern zu stärken. Urbanistische Akzente sollen weitere repressive Maßnahmen wie die automatische Nummernschilderkennung, zusätzliche Überwachungskameras und den „Platzverweis renforcé“ begleiten. Wissend, dass viele Drogenkriminelle aus der französischen Grenzregion kommen, werde man in Zukunft ebenfalls verstärkt mit den französischen Behörden zusammenarbeiten – sowohl auf Ebene der Polizei als auch der Justiz, wie Generalstaatsanwalt John Petry erklärt. „Ein Abkommen zwischen der Staatsanwaltschaft Luxemburg, Metz und Nanzig wird am 13. Mai unterschrieben.“ Ein ähnliches für die polizeiliche Kooperation werde derzeit ausgehandelt.
Vereinfachte Prozeduren
Justizministerin Elisabeth Margue (CSV) will mit einer Vereinfachung von Prozeduren dafür sorgen, dass die Justiz ihrer „Mission, Straftäter zur Verantwortung zu ziehen, wieder nachkommen kann“. Demnach sollen zur Bekämpfung der Drogenkriminalität die Kompetenzen der Polizei erweitert werden. Informatische Daten, die bisher nur zur Terrorbekämpfung zugänglich waren, sollen jetzt auch zur Bekämpfung der Drogenkriminalität eingesetzt werden. Zusätzlich soll die sogenannte „Mini-Instruktion“ erweitert werden, was ein schnelleres Handeln der Justiz erlaube. „Auch werden die Regeln zur Begründung von Bewährungsstrafen geändert“, sagt Margue. Bei schwereren Straftaten soll der Richter demnach keine Begründung mehr vorlegen müssen, warum eine Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. „Jugements sur accord“ sollen künftig einfacher gestaltet werden, beim Vorhaben, die beschleunigte Gerichtsprozedur einzuführen, wolle man sich beim belgischen Modell inspirieren.
Gesundheits- und Sozialministerin Martine Deprez (CSV) will den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Suchtkranke und Obdachlose erleichtern. Zudem kündigt Deprez an, dass die Auffangstrukturen künftig verlängert und wenn möglich auch über Nacht geöffnet haben sollen. Das Abrigado soll ebenfalls neu gebaut werden. In einer ersten Phase soll ein neuer Containerbau bis 2026 errichtet werden. Anschließend soll der Containerbau der alten Struktur einer festen Struktur weichen.
Soziale Hilfe
„Mir ist es wichtig, dass kein Amalgam zwischen Drogenabhängigen, Obdachlosen und Drogenkriminalität entsteht“, sagt Familienminister Max Hahn (DP). Drogensucht sei in erster Linie ein gesundheitliches Problem. Das Familienministerium will mit weiteren „Housing First“-Projekten zur Bekämpfung der Drogenproblematik beitragen. Diese sollen künftig jedoch nicht nur in Luxemburg-Stadt sein, sondern dezentralisiert angeboten werden. Auch soll ein nationaler Aktionsplan gegen Obdachlosigkeit ausgearbeitet werden. Zusätzlich präsentiert Familienminister Hahn die Idee einer sozialen Wäscherei, in der Drogenabhängige und Obdachlose die nötige Hygieneinfrastruktur und -artikel finden. Auch will das Familienministerium Obdachlosen einen Platz anbieten, an dem sie einer Tätigkeit nachgehen oder sich künstlerisch betätigen können. „Damit wollen wir den Kontakt zu verschiedenen sozialen Dienstleistungen verbessern oder überhaupt erst herstellen.“
„Eine inakzeptable Situation im Bahnhofviertel und in Bonneweg“ – so umschreibt Bürgermeisterin Lydie Polfer den Grund, warum sie sich an Premierminister Luc Frieden mit der Forderung eines Drogentisches gewandt hatte. „Wenn diese Maßnahmen so umgesetzt werden, ermöglichen sie es den verschiedenen Behörden, gegen diese Probleme vorzugehen“, sagt die DP-Bürgermeisterin. „Der Rechtsstaat muss seine Zähne zeigen“, schließt Innenminister Léon Gloden. „Das Ziel ist es, den Menschen ihr Viertel zurückzugeben und die Drogenkriminalität zu vermindern.“
De Maart

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