Die parlamentarische Rentendebatte am Mittwoch hat gemischte Reaktionen ausgelöst. Einige Beobachter sehen in der Chamber-Debatte einen reinen Zeitverlust. Dabei wäre ein differenzierter Blick auf das große Ganze von Vorteil.
Dass die bisherige Rentendebatte – inklusive der Chamber-Debatte – nutzlos und inhaltsleer gewesen sein soll, ist zu kurz gegriffen. Im Gegenteil: Für wenige Politikfelder findet der politisch Interessierte derzeit mehr Material als über das Luxemburger Rentensystem. Über die vergangenen Monate wurden unzählige Stellungnahmen, Pressemitteilungen und Vorschläge ausgearbeitet und medial begleitet. Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, inklusive deren Denkfabriken, haben mittlerweile Hunderte Seiten an Analysen und Reformvorschlägen vorgelegt. Dazu gesellen sich seit Mittwoch die präsentierten Vorschläge der Luxemburger Parteien.
CSV und DP haben im direkten Vergleich zu den Oppositionsparteien kein Feuerwerk an Vorschlägen abgeliefert. Bei der CSV wollte man Parteikollegin Martine Deprez und ihren Konsultationen nicht vorgreifen. Bei der DP ist man sich selbst parteiintern, geschweige denn mit dem Koalitionspartner, nicht einig, wohin eine Reform überhaupt führen soll. Das sollte kritisiert werden, und wurde es dann auch entsprechend – von der Opposition und Medien zugleich. Es wäre jedoch naiv gewesen, die Chamber-Debatte mit einer gegensätzlichen Erwartungshaltung zu verfolgen.
Von Oppositionsseite kamen die gewagteren Reformvorschläge – auch das ist nicht wirklich überraschend. Und doch sollte hervorgehoben werden, dass neben den konventionellen Stellschrauben eine Vielzahl an alternativen Ideen vorgelegt wurde, wie das Rentensystem abgesichert werden könnte. Eine vererbbare Zinsrendite-Rente, progressive Renteneintrittsmodelle, Schaffung neuer Rentenfonds – nach der Rentendebatte war klar, wo sich die Oppositionsparteien positionierten und was sie zur Absicherung des Rentensystems als Priorität erachten. „déi Lénk“ lieferte zudem konkrete Zahlen, wie sich ihre Politik eigenen Berechnungen zufolge auf das Rentensystem auswirken würde.
Wären all diese Ideen im Wahlkampf vorgelegt worden, hätte diese Debatte als Vorlage einer gut funktionierenden Demokratie herhalten können. Ideen werden vorgestellt, das Elektorat wählt anschließend nach seinem politischen und persönlichen Gusto. Politik soll und kann offensichtlich zu entscheidenden Fragen Antworten liefern. So bleibt nur die Feststellung: Dass das Thema Renten keine nennenswerte Erwähnung im Wahlkampf gefunden hat, ist der politischen Feigheit aller Parteien geschuldet.
Am Ende ist es aber die Regierung, die sich nicht an monatelang „ergebnisoffenen“ Debatten, markigen Sprüchen oder dem oft zitierten politischen Willen, sondern eben am konkreten Ergebnis messen lassen muss.
Und wenn eine Ministerin nach unzähligen Debatten und harten politischen Diskussionen am Ende ans Rednerpult tritt und erklärt, dass man nicht wüsste, ob nun eine Gesetzesänderung (die es für eine umfassende Reform braucht) vorgelegt wird, untergräbt sie nicht nur die eigenen Anstrengungen der vergangenen Monate. Sie lässt das viel zitierte Leadership vermissen. Womöglich, weil sich diese Diskussionen dann wieder in die Nähe des nächsten Wahltermins hinziehen würden. Und an das inflationär gegebene Versprechen, dass niemand bei dieser Reform zu Schaden kommen soll, würden sich die Leser dann auch in der Wahlkabine noch erinnern können.
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