FußballPaul Philipp: „Wir können nicht von 115 Vereinen verlangen, ihre Spieler jede Woche zu testen“

Fußball / Paul Philipp: „Wir können nicht von 115 Vereinen verlangen, ihre Spieler jede Woche zu testen“
Das Verbandsoberhaupt ist sich bewusst, dass die Rückkehr zur Normalität für die Vereine eine organisatorische Herkulesaufgabe bedeutet Foto: Alain Rischard

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FLF-Präsident Paul Philipp hat zwei Tage vor dem Auftakt der BGL Ligue noch einmal an die Eigenverantwortung aller aufgerufen: Damit die Rückkehr zur Normalität gelingt, müssen die Regeln eingehalten werden. Andere Themen des Gesprächs waren Corona-Tests und Titelkandidaten der aufgestockten 16er-Liga.

Tageblatt: Als die FLF im Juni das vorläufige Datum des Auftakts bekannt gab, war nicht abzusehen, wie es heute um die Corona-Konsequenzen aussehen würde. Haben Sie mit Problemen gerechnet?

Paul Philipp: Das war klar, denn wir wissen ja auch heute nicht, was in 14 Tagen sein wird. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder, wir versuchen eine gewisse Normalität reinzubringen und stellen eine Meisterschaft auf die Beine, mit dem Wissen, dass zu jedem Moment ein Spiel ausfallen kann oder mehr – oder aber wir drehen Däumchen und warten, bis das Virus irgendwann verschwunden ist. Letzten Endes hätten wir dann wohl ein Jahr keinen Fußball gespielt. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass wir uns an sanitäre Regeln halten müssen, denn es kommen täglich Infizierte dazu. 

Zwei BGL-Ligue-Spiele wurden bereits abgesagt. Kann man sich darauf einstellen, dass es in den nächsten Wochen immer wieder zu kurzfristigen Verlegungen kommen wird?

Das ist keine große Überraschung. Das wird es in naher Zukunft auch immer wieder geben. Nächstes Wochenende sollen praktisch 30.000 Fußballer im Einsatz sein. Ich würde es nicht unbedingt ein Problem nennen: Das Virus ist eben da und es ist normal, dass noch positive Testergebnisse auftreten werden. Ich möchte deshalb auch noch einmal einen Appell machen: Es ist wichtig, dass Spieler, die mit positiv getesteten Personen in Kontakt waren, unbedingt zu Hause bleiben und sich selbst testen lassen. Das ist ungemein notwendig aufgrund des Tracings und um die Kette zu brechen. Beim Beispiel Düdelingen handelt es sich um einen positiven Test: Daraufhin sind 41 Personen des Vereins unter Quarantäne gesetzt worden. Am Montag wird wieder getestet und es werden wohl 99,9 Prozent negativ sein. Aber eine einzelne Person kann eine ganze Mannschaft schachmatt setzen. 

Was bedeutet das für die Tabelle der BGL Ligue? Kann man zu irgendeinem Moment von Wettbewerbsverzerrung sprechen?

Nein. Die Begegnungen werden ausgetragen, ob das am 3. September oder 4. Oktober sein wird. Wir haben zur Solidarität aufgerufen und Fair-Play gefordert. Man soll nicht bereits nach irgendwelchen Problemen suchen, bevor es losgeht. Von Spielern oder den Jugendlichen, die ich täglich in Monnerich sehe, hört man immer wieder, dass sie darauf brennen, endlich loslegen zu dürfen. Wir sollten ihnen das nicht verderben. Wenn wir als Verantwortliche nicht von solchen Gedanken lassen können, sind wir nicht die richtigen Personen für diesen Job. 

Inwiefern hat die FLF die Klubs bei der Organisation der Heimspiele unterstützt?

Wir haben klare Richtlinien für alle Vereine (in allen Divisionen) herausgegeben und erklärt, dass jeder sich an die Vorgaben der Regierung halten muss. Wir sind eine der wenigen Nationen, wenn nicht sogar eine der ersten in Europa, die überhaupt wieder Zuschauer erlauben. Diese können aber nur zugelassen werden, wenn ein Sitzplatz vorhanden ist. Wenn zwischen den Sitzen zwei Meter Platz ist, braucht der Zuschauer keine Maske. Ist das nicht der Fall, müssen Masken getragen werden. Das müssen keine Plätze auf den „Gradins“ sein, sondern es kann sich auch um Bänke oder Gartenstühle handeln. Wir haben das Syvicol angeschrieben mit der Bitte, die Gemeinden aufzufordern, die Klubs mit Material zu unterstützen. Stehen ist leider verboten. Wir haben in diesem Zusammenhang auch das Ministerium kontaktiert, um möglicherweise in Zukunft eine andere Lösung zu finden. Für unsere kleinen Vereine, die keine Tribüne haben, wäre es unglücklich, wenn man beispielsweise die Zuschauer nicht alle zehn Meter voneinander platzieren könnte. Aber das ist im Moment verboten. Für die „Buvettes“ zählen die geltenden Horesca-Gesetze. Wer isst oder trinkt, muss sitzen. Möglich ist ebenfalls das „Take-out“. Als Verband können wir uns ja nicht über die Gesetze der Regierung hinwegsetzen. 

Trotzdem haben erste Klubs ihre Bedenken geäußert und fühlen sich im Stich gelassen, gerade um zu wissen, wie viele Zuschauer sie tatsächlich zulassen können oder bei Fragen wie nach den Ticket-Vorverkäufen. 

Es ist nirgendwo festgehalten, dass es einen Online-Vorverkauf geben muss. Ich weiß aber auch, dass die Organisation noch einmal schwieriger ist und zusätzliche Arbeit auf die Freiwilligen zukommen wird. Wer seine Tickets traditionell verkauft, muss auf die Distanzen an der Kasse achten. Es ist ja auch nicht so, dass 10.000 Menschen zu unseren Spielen strömen – leider. Es gibt keine genauen Pläne, da muss jeder selbst abschätzen, wie viele Zuschauer kommen. Es ist viel Arbeit, aber wir haben es gleichzeitig auch mit einem Virus zu tun. Es kann keine genauen Vorgaben geben, denn die Situation ist nicht in jedem Klub die gleiche. 

Die vier Europapokalteilnehmer werden regelmäßig getestet. Wie sieht es bei den anderen Vereinen der BGL Ligue aus?

Die UEFA schreibt die Tests nur den Europapokalteilnehmern vor. Wir haben mit den Gegnern, deren erste Spiele noch bevorstehen (D03, UTP und Progrès), gesprochen und sie um Solidarität gebeten. Die drei waren einverstanden. Beim Racing fand der Test ja bereits statt, Hesperingen und Strassen haben ebenfalls eingewilligt. 

Wie oft/viel soll denn weiterhin getestet werden?

Wie will man von den Teams in den unteren Divisionen, den Reserven oder der Jugend regelmäßige Tests verlangen? Dann spielen wir keinen Fußball mehr. Es wäre absurd. Wir können nicht von 115 Vereinen verlangen, ihre Spieler jede Woche zu testen. Da macht niemand mit, auch nicht die Krankenkasse. Wir geben klare Anweisungen und es ist nicht das erste Mal, dass über dieses Virus gesprochen wird und wie man sich schützen muss. Das sollte man nicht vergessen. Es geht auch um die Eigenverantwortung. Wenn die Kollektivsportler in Luxemburg getestet werden müssen, gibt es keinen Wettbewerb mehr, bis das Virus verschwunden ist. In der Champions League ist es einfach. Die sperrt man für eine gewisse Zeit in ein Hotel ein. Unsere Leute gehen zum Großteil einer Arbeit nach und haben Kontakte. Da muss aufgepasst werden. 

Beim F91 Düdelingen gab es einen positiven Fall. Wie wird die FLF in Zukunft entscheiden, ob Spiele verlegt werden müssen?

Das läuft zunächst über das Gesundheitsministerium, welches uns über die Anzahl der betroffenen Personen informiert. Da es Kontakte zu den Mannschaftskollegen und dem Trainerstab gab, wurden alle unter Quarantäne gesetzt. Es gab also keine Diskussion, ob verlegt werden muss oder nicht. Wenn es im Fall Düdelingen anstelle von 41 Personen nur drei gewesen wären, die unter Quarantäne gesetzt worden wären, hätte man darüber diskutieren können, ob wir das Spiel als FLF verlegt hätten. Man muss von Fall zu Fall abklären, ob es sich nicht beispielsweise um einen Junior-Spieler handelt. 

Was hätte es uns gebracht, wenn vor zwei Wochen alle Teams getestet worden wären? Das Ergebnis würde heute gar nichts mehr aussagen.

Hätten Sie sich in dieser Hinsicht etwas mehr Hilfe vom Sportministerium gewünscht, um beispielsweise jede Mannschaft einmal durchzutesten?

Was hätte es uns gebracht, wenn vor zwei Wochen alle Teams getestet worden wären? Das Ergebnis würde heute gar nichts mehr aussagen. Wir waren in permanentem Kontakt mit dem Sportministerium und können uns glücklich schätzen, überhaupt vor Zuschauern spielen zu dürfen. Ich muss sagen, dass sowohl die Gemeinden als auch das Ministerium bemüht sind, wieder ein kleines Stück Normalität einkehren zu lassen.

Der Abbruch der Saison 2019/20 war wohl wesentlich einfacher als das, was noch bevorsteht?

Absolut. Bei der Absage konnte niemand etwas gegen den Spruch „die Gesundheit geht vor“ einwenden. Es wurde bereits komplizierter, als wir mit den Spielplänen für die anstehende Saison begonnen haben. Wir haben einen neuen Modus abstimmen lassen und müssen jetzt zusehen, dass wir das Ganze ins Rollen bekommen. Ich habe mir ein paar Freundschaftsspiele angesehen und gemerkt, dass die Menschen froh sind, zum Fußball gehen zu können. Es ist ein wichtiges Zeichen, dass wir als erste Kollektivsportart wieder in den Wettbewerb einsteigen – mit den Konsequenzen – wie den beiden Spielabsagen –, die es bereits gibt. 

Zurück zur BGL Ligue. Wie stark schätzen Sie den Swift ein?

Hesperingen ist der Titelkandidat, auch wenn sie und Jeff (Strasser) das im Moment noch von sich weisen. Die Spieler haben wir alle schon in Düdelingen oder Virton gesehen, sie kennen sich untereinander. Ganz dicht dahinter lauert meiner Meinung Progrès Niederkorn, gefolgt von einem ganzen Peloton mit u.a. Déifferdeng 03, Racing, Fola, das um die Europapokalplätze kämpfen wird. Dann gibt es diesmal ja auch vier Plätze, die es zu vermeiden gibt. Normalerweise heißt es ja immer, dass die Aufsteiger es wegen der Eingewöhnung schwer bekommen könnten. Diesmal schätze ich das etwas anders ein. Wiltz hat sich gut verstärkt und kommt infrage für einen Platz im gesicherten Mittelfeld. Jetzt liegt es an ihnen, das auch umzusetzen. 

Es wurde viel über die 16er-Liga diskutiert. Wie ist Ihre Meinung so kurz vor dem Start?

Diesmal wird es absolut kein Problem sein, denn die beiden Aufsteiger stellen eine qualitative Bereicherung dar. Daher ist die Aufstockung kein Drama. Andererseits ist aber ganz klar, dass man in den nächsten beiden Jahren genau beobachten muss, ob das auch so bleibt. Dann muss man auch den Mut haben, das Thema auf den Tisch zu bringen. Wir befinden uns ja nicht mehr in einer Übergangsphase, sondern in einem neuen Modus, der mindestens zwei Saisons so ausgetragen wird. Es wurde versucht, den berühmten „ventre mou“ mit dem zusätzlichen Relegationsplatz zu vermeiden, denn der Fußball lebt von Spannung.

Das Programm

BGL Ligue, 1. Spieltag:
Am Samstag:
18.30 Uhr: Wiltz – Etzella
19.00: UT Petingen – Strassen
19.30: Swift – Déifferdeng 03
20.00: Fola – Jeunesse
Am Sonntag:
16.00: Rosport – Rodange
18.00: Mondorf – Hostert
Verlegt: Niederkorn – RFCUL, RM Hamm Benfica – F91
2. Spieltag:
Samstag, 29. August:
18.00: RFCUL – Fola
Sonntag, 30. August, 16.00 Uhr:
Wiltz – RM Hamm B.
F91 – UT Petingen
Rodange – Mondorf
Hostert – Etzella
19.00: Strassen – Niederkorn
19.00: Jeunesse – Swift
19.00: D03 – Rosport

Hary
23. August 2020 - 14.10

Natürlich nicht, die müssen jeden Tag getestet werden.

alouise
22. August 2020 - 20.14

Können schon, wollen nicht.

Zuli
21. August 2020 - 20.59

D'Spiller mussen dann eben déi ganz Saison isoléiert wunnen, wann den Test Iech ze deier ass.

Nomi
21. August 2020 - 15.28

"Paul Philipp: „Wir können nicht von 115 Vereinen verlangen, ihre Spieler jede Woche zu testen“" Firwaat dann net ?

Klitz
21. August 2020 - 14.07

@ Wörther Sie haben Recht. Alles andere ist unverantwortlich! Denn die möglichen Konsequenzen würden sich nicht nur auf den Fußball beschränken.

Wörther
21. August 2020 - 12.53

Der Mann hat Recht, deshalb sollte nicht gespielt werden bis alle geimpft sind.