Reaktionen auf SozialwahlenOGBL beansprucht Wahlsieg – Aleba mit gemischten Gefühlen

Reaktionen auf Sozialwahlen / OGBL beansprucht Wahlsieg – Aleba mit gemischten Gefühlen
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Am Tag nach den Sozialwahlen sind die Stimmen in den meisten Betrieben des Landes ausgezählt, die neuen Delegationen stehen fest. Das Tageblatt hat bei den Gewerkschaften nachgefragt, wie sie die ersten Ergebnisse der Wahlen interpretieren.


OGBL-Präsidentin Nora Back inmitten des Feiertrubels am Dienstagabend
OGBL-Präsidentin Nora Back inmitten des Feiertrubels am Dienstagabend Foto: Editpress/Alain Rischard

Nora Back (OGBL)

Für die OGBL-Präsidentin lassen die vorläufigen Wahlresultate keine zwei Resultate zu. „Wir sind der einzige Gewinner“, sagt Nora Back. Immerhin habe man jetzt schon 1.000 Vertreter mehr in den Gremien und es würden noch zahlreiche Betriebe fehlen. Der OGBL verzeichne eine 76-prozentige Erfolgsquote. Bei Amazon habe man auf Anhieb mit fünf Delegierten Fuß gefasst, bei den Energiebetrieben stelle man ebenfalls überall die Mehrheit der Personalvertreter. Besonders in Erinnerung bleibt der Gewerkschafterin die Bekanntgabe der Resultate bei Arcelor. „Arcelor war immer 50/50 zwischen dem OGBL und uns aufgeteilt“, sagt Back. Als bekannt wurde, dass der OGBL mit zwölf zu acht Vertretern die Mehrheit errungen habe, seien sogar Tränen geflossen. „50-jährige Stahlarbeiter haben geweint, als die Resultate kamen“, sagt Back.

An der Interpretation, dass die unabhängigen Personallisten die großen Gewinner des Abends seien, stört sich die Gewerkschafterin. „Das sind oftmals patronatsgesteuerte Listen“, meint Back. Das ist kein organisierter Block, sondern lauter Individuen. „Diese haben keine wirklichen Möglichkeiten, keine Ausbildung und vor allem auch keine Handhabe, wenn es um das Aushandeln von Kollektivverträgen geht.“ Demnach könne man auch nicht von einem großen Gewinner reden, so die OGBL-Präsidentin.


Roberto Mendolia
Roberto Mendolia Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Roberto Mendolia (Aleba)

Roberto Mendolia, Präsident der Gewerkschaft Aleba, blickt mit gemischten Gefühlen auf die bisherigen Ergebnisse der Sozialwahlen. „Wir sind ziemlich froh, dass überall dort, wo wir eine Liste aufgestellt haben, auch Leute gewählt wurden.“ Das gelte besonders für Delegationen in Unternehmen, die historisch von OGBL oder LCGB angeführt werden. „Dazu gehören zum Beispiel die Hôpitaux Robert Schuman.“ Die beiden großen Gewerkschaften seien dort sehr etabliert und respektiert. „Dass die Leute akzeptiert haben, dass eine dritte Gewerkschaft aufkommt, ist gut für die Demokratie.“ Ähnliche positive Überraschungen habe es beim Textilunternehmen Indorama in Steinfort oder bei G4S Security gegeben. Beim Kommunikationsdienstleister Orange kann Aleba in Zukunft vier von fünf Delegierten stellen.

Aleba sieht sich selbst als eine „neutrale“ Gewerkschaft. „Ich mag dieses Wort, weil es gleichzeitig alles und nichts bedeutet“, sagt Mendolia. „Wir lassen die Leute sprechen und formen unsere Meinung, nachdem wir allen zugehört haben. Das ist unsere Stärke.“ Im Finanzsektor, dem „Heimatsektor“ der Aleba, habe man sich in ein paar Unternehmen weiterentwickelt, in anderen habe man Sitze verloren. Auch hier sind die Gefühle deshalb gemischt. „Werden wir im Finanzsektor die Mehrheit haben? Das weiß ich nicht“, so der Präsident. Auch was die Wahlen zur CSL angeht, möchte Mendolia sich nicht auf eine Prognose einlassen: „Wir sind noch nie zuvor in allen Sektoren angetreten. Ich weiß nicht, wie die Leute darauf reagieren.“ Von Überraschung bis Enttäuschung sei alles möglich. Eine Sache aber ist schon sicher: Er sei enttäuscht über die Wahlbeteiligung bei der Wahl zur Arbeitnehmerkammer. „Ich habe gehört, dass gerade einmal 200.000 Stimmzettel beim Arbeitsministerium angekommen sind.“ Trotz aller Anstrengungen der unterschiedlichen Gewerkschaften und der Arbeitnehmerkammer. „Es braucht dringend eine Reaktion der Behörden, die Gesetze zu ändern, um eine elektronische Stimmabgabe zu pushen“, so der Aleba-Präsident.


Marc Spautz (CSV)

Marc Spautz
Marc Spautz Foto: Editpress-Archiv/Hervé Montaigu

Der Fraktionsvorsitzende der CSV, Marc Spautz, sieht die Arbeit der Gewerkschaften durch die Ergebnisse der Sozialwahl im Großen und Ganzen bestätigt. Der ehemalige Generalsekretär des LCGB (1998-2009) bedauert, dass die Gewerkschaft im Metallsektor Mandate verloren hat, freut sich jedoch über das starke Abschneiden im Transportsektor. Im Gespräch mit dem Tageblatt äußert sich Spautz in Anbetracht des starken Abschneidens unabhängiger Kandidaten besorgt, da so die Chancen auf mehr Kollektivverträge geschmälert seien.

Es brauche starke Gewerkschaften, um die nationale Repräsentativität zu gewährleisten. Das Ziel solle sein, der EU-Richtlinie zur Stärkung der Kollektivverträge nachzukommen und den Anteil der dadurch abgedeckten Arbeitnehmer auf mindestens 80 Prozent zu steigern. Nach Zahlen der Arbeitnehmerkammer CSL lag dieser Anteil in den letzten Jahren bei lediglich 62 Prozent, während Frankreich oder Belgien auf nahezu 90 Prozent kamen. Bei Abzug der öffentlichen Sektoren sinkt die Abdeckungsquote sogar auf 53 Prozent (wir berichteten). Wenn es nach Marc Spautz geht, müsse Luxemburg diesen Anteil deutlich erhöhen. Neben starken, national repräsentativen Gewerkschaften, die Rahmenverträge in neuen Bereichen aushandeln können, solle gegebenenfalls auch das Arbeitsministerium tätig werden, um den Anteil der Kollektivverträge in Luxemburg zu erhöhen. 


Claude Reuter (FGFC)

Claude Reuter
Claude Reuter Foto: Editpress/Alain Rischard

Die „Fédération générale de la fonction communale“ (FGFC) verzeichnet nach eigenen Angaben einen Zuwachs an Stimmen bei der Sozialwahl 2024. So konnte die Gewerkschaft, die das Personal in den Gemeinden und kommunalen Betrieben vertritt, einen zusätzlichen Sitz in der Personaldelegation der Stadt Luxemburg erringen und ist dort nun mit vier Delegierten vertreten. Damit wurde sie zusammen mit dem OGBL stärkste Kraft in der Gemeinde. Ebenso freut sich die Gewerkschaft über eine gesteigerte Zustimmung in Esch/Alzette. Obwohl die FGFC kein Mandat erlangte, kam es nach eigenen Angaben zu einem „signifikanten Zuwachs an Zustimmung und Prozentsätzen“. 

Der Gewerkschaftspräsident Claude Reuter zeigte sich im Gespräch mit dem Tageblatt zuversichtlich, obwohl noch einiges an Arbeit zu tun sei, um die FGFC breiter in den Gemeinden zu etablieren. Er sei froh, dass die Gewerkschaft es sogar in der OGBL-Hochburg Esch geschafft habe, Kandidaten aufzustellen und eine Alternative bieten zu können.


LCGB

Der LCGB zeigt sich in einer Pressemitteilung enttäuscht über Verluste bei ArcelorMittal und Liberty Lüttich-Dudelange, konnte aber seine Mehrheit in den Schwesterbetrieben ArcelorMittal Bissen & Bettemburg und ArcelorMittal Logistics Center verteidigen. Eine Mehrheit der Mandate konnte die Gewerkschaft unter anderem ebenfalls in den Industriebetrieben Goodyear, Ceratizit und DuPont de Nemours erreichen. 
Im Finanzsektor konnte der LCGB insbesondere in den Unternehmen Banque Raiffeisen, JP Morgan SE und Crédit Suisse die Mehrheit erzielen. 

Im Logistiksektor erzielte die Gewerkschaft ebenfalls Gewinne, beispielsweise beim Busunternehmen Sales-Lentz Autocars, beim Luftfrachtunternehmen Cargolux und den Zuglogistik-Gruppen CFL Multimodal und CFL Cargo. 

Stolz ist die Gewerkschaft auf ihr Abschneiden beim Einzelhändler Massen S.A., wo sie das erste Mal antrat und gleich die Hälfte der Mandate gewann. Im Gesundheitssektor konnten einige Mandate erzielt werden, jedoch war der OGBL dort wie schon bei den vergangenen Wahlen deutlich stärker. Zudem verteidigte der LCGB seine Mehrheit in der Personaldelegation der Regierungsverwaltung.