Nordmazedonien rückt näher – Skopje ebnet den Weg zur Umbenennung

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Auf dem Weg in NATO und EU hat Mazedoniens Regierung eine hohe Hürde genommen: Genau zwei Drittel der Parlamentsabgeordneten haben am Wochenende für die Verfassungsänderung zu der mit Griechenland vereinbarten Umbenennung in Nordmazedonien gestimmt. In trockenen Tüchern ist der Namensdeal damit noch nicht.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Skopje

Seiner Erleichterung ließ Mazedoniens Premier Zoran Zaev nach der parlamentarischen Punktlandung freien Lauf. Er wolle sich bei den „tapferen“ Oppositionsabgeordneten bedanken, die trotz „unnötigen Drucks ihrer Parteiführung“ das Interesse des Landes und der Bürger über die Parteiinteressen gestellt hätten, freute sich der Sozialdemokrat am Sonntag über das grüne Licht des Parlaments für die Verfassungsänderung zur Umbenennung des Landes. Verärgert verkündete hingegen Oppositionschef Hristijan Mickoski den sofortigen Ausschluss von sieben Abgeordneten der konservativen VMRP DMPNE: „Sie werden nun mit dieser Schande leben müssen.“

Mit 80 von 120 Stimmen hatte das Parlament am Wochenende genau mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für die Verfassungsänderung zu der mit Griechenland vereinbarten Umbenennung in Nordmazedonien gestimmt. Das vorab keineswegs gewisse Votum ließ nicht nur in Skopje Steinlawinen der Erleichterung von besorgten Politikerherzen purzeln.

„Großer Tag für die Demokratie in Skopje“

„Glückwünsche für meinen Freund Zoran Zaev!“, meldete sich aus Athen der griechische Premier Alexis Tsipras per Twitter. Als „großen Tag für die Demokratie in Skopje“ kommentierte freudig EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn das Votum: Er hoffe, dass die „freie Wahl der Abgeordneten von allen akzeptiert“ werde.

27 Jahre lang hatte Griechenland mit dem Verweis auf seine gleichnamige Provinz den Nachbarn das Recht auf ihren Landesnamen abgesprochen – und Mazedoniens EU- und NATO-Annäherung blockiert. Zwar hatten bei Mazedoniens Referendum zu Monatsbeginn über 90 Prozent der Wähler für das im Juni vereinbarte Abkommen gestimmt, das dem Land als „Nordmazedonien“ den Weg in die EU und NATO ebnen soll. Doch wegen des Boykotts der Opposition hatte der Volksentscheid die für seine Gültigkeit nötige Wahlbeteiligung von 50 Prozent klar verfehlt. Die sich bestärkt fühlende Opposition kündigte daraufhin die „geschlossene“ Ablehnung der Verfassungsänderung an.

Dank der Umfaller in Oppositionsreihen hat Skopje eine der höchsten Hürden auf dem Weg nach Nordmazedonien genommen – und drohende Neuwahlen vermieden. Doch auch wenn die Regierung letzte Woche bereits demonstrativ die Beitrittsverhandlungen mit der NATO eröffnet hat, ist der Namensdeal noch nicht in trockenen Tüchern. Den Entwurf der Verfassungsänderung hat das Parlament zunächst mit einer einfachen Mehrheit und dann erneut mit einer Zweidrittelmehrheit abzusegnen: Garantiert ist diese keineswegs.

Einfachere Prozeduren sollen Verfassungsänderungen beschleunigen

Die gemeinsame Erklärung der Oppositionsdissidenten, die eine nationale Versöhnung und „Vergebung“ zur Bedingung ihrer weiteren Unterstützung für die Verfassungsänderung machen, wird in Skopje als Forderung nach einer Amnestie für die ins Visier der Justiz geratenen Ex-Würdenträger früherer VMRO-Regierungen gewertet. Er habe keine Absicht, sich in die Arbeit der Justiz zu mischen, weist Premier Zaev das Ansinnen zurück.

Mit vereinfachten Prozeduren hofft Skopje die Verfassungsänderung zu beschleunigen. Denn wegen der ausstehenden Zustimmung des griechischen Parlaments drängt die Zeit. Mit dem in der vergangenen Woche abgetretenen Ex-Außenminister Nikos Kotzias ist im Streit um den Namensdeal in Athen bereits einer der wichtigsten Architekten des Prespa-Abkommens gepurzelt.

Im Mai stehen in Griechenland Parlamentswahlen an, aus denen die nationalistischen Kritiker des Abkommens gestärkt hervorgehen dürften. Das Zeitfenster zur Beendigung des leidigen Namensstreit ist klein – und droht sich zu schließen: Nur wenn Skopje die Verfassungsänderung bis spätestens März über die Bühne bringt, gibt es für die Absegnung des Namensdeals in Athen eine realistische Chance.