Sicherheit und Sicherheitsgefühl wiederherstellen – eine Phrase, die Innenminister Léon Gloden immer wieder als Leitfaden seiner Politik in den Vordergrund stellt. Bewusst wird verschwiegen, wie repressiv die Maßnahmen tatsächlich sind. Und an den Brennpunkten des Landes wäre auch nur der Anschein von „Law and Order“ bereits eine willkommene Abwechslung für die Bewohner.
„All diese täglichen Videos erinnern mich an eine Reality-Show. Aber es scheint, dass sich mehr Leute dem Abenteuer anschließen, als es verlassen. Gibt es keine Gewinner? Alle Verlierer?“ Das schreibt am Dienstagnachmittag ein Mitglied der Whatsapp-Gruppe „Quartier Gare – sécurité & propreté“. Es umschreibt in wenigen Worten, was sich tagtäglich im Bahnhofsviertel von Luxemburg-Stadt abspielt. Drogen- und Gewaltexzesse sind dort weiterhin an der Tages- und Nachtordnung – trotz großspuriger Versprechen aus der Politik. Wenn die Sicherheitspolitik von Innenminister Léon Gloden etwas verändert, geschweige denn verbessert haben soll, ist das noch nicht bis in die Straßburger Straße vorgedrungen.
Mit Neueinstellungen will Innenminister Gloden das Kontingent in Hollerich, im „Garer Quartier“ und dem landesweit bekannten Kriminalitäts-Hotspot Moseltal aufstocken, damit die Lokalpolizisten dort öfters auf Streife gehen können. Der Bedarf an der Mosel soll jedoch laut Pressestelle der Polizei „weniger permanent“ sein als in Luxemburg-Stadt oder Esch. Beamtendeutsch für: Keiner weiß so richtig, was die da sollen. Möglicherweise aufpassen, dass keine Hausmauern beschmiert oder Autoreifen beschädigt werden.
Mehr Details will die Polizei-Pressestelle aus „operationellen Gründen“ nicht mitteilen. Aus dem gleichen Grund wollte sie auch nicht preisgeben, wie viele Videoüberwachungs-Kameras zukünftig in Luxemburg-Stadt hängen werden. Unklar ist bis heute, warum einzig und allein die Anzahl an Kameras – nicht deren Standort, Auflösung, Ausrichtung, Auswertung oder sonstige Details – die „Operation“ gefährden sollen.
Diese scheinbaren Einzelfälle betten sich jedoch in eine immer intransparentere Kommunikationspolitik der Sicherheitsbehörden ein. Immer öfter werden Presseanfragen, trotz „Circulaire Bettel“, ignoriert oder unter der Angabe fadenscheiniger Gründe abgespeist. Stichwort „operationelle Gründe“ oder ein maximal streng ausgelegtes „secret d’instruction“. Wie gut, dass Innenminister Léon Gloden, wohl in engster Absprache mit dem Polizeiapparat, die Zahl der Kameras, die zukünftig in Luxemburg-Stadt hängen werden, in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage höchstpersönlich preisgibt: Es werden deren 308 sein.
Über die Schattenseite seiner Sicherheitspolitik schweigt sich Léon Gloden hingegen viel lieber aus. Für den Bericht der Polizeiinspektion (IGP) wurde keine Pressekonferenz einberufen – dabei war die Gesamtzahl der Untersuchungen der „Polizei der Polizei“ mit 326 Fällen so hoch wie noch nie. Bei der Anzahl der Beschwerden verzeichnet die IGP im Vergleich zum Vorjahr ein sattes Plus von 62 Prozent. Eine Erklärung für den enormen Anstieg bei administrativen Untersuchungen, Strafermittlungen und Disziplinarverfahren bleibt bisher aus. In der Öffentlichkeit soll vor allem eins hängen bleiben: mehr Bodycams, ein Patrouillenboot auf der Mosel und die künftigen Lokalpolizisten im Hochrisikogebiet von Schengen bis Wasserbillig. Die Bewohner des Bahnhofviertels werden sich freuen.
@ Phil / Dann noch bitte Ihre Erklärung zum "Blutstrom"!
Herr Gloden bzw. die öffentliche Gewalt können die Kollateralschäden europäischer Aussenpolitik, federführend Merkel, Baerbock, Asselborn nur in geringem Masse gerade biegen. Es ist so, als müsste ein Arzt eine starke Blutung mit einem Heftpflaster kurieren. Jeder, der mal einen 1sten Hilfe Kurs besucht hat, weiss, dass man erstmal den Blutstrom mit Abbinden stoppt bevor man weitere Massnahmen einleitet.
Sehr erfrischend als Éditorial.
Waren das noch Zeiten ,als der unsaegliche Kox den Leuten den Ratschlag mit auf den Weg gab , keine Ketten und teure Uhren zu tragen .
Gut geschrieben 👌
Man merkt schon wie unzufrieden der kleine Léon mit seinen Untertanen ist, so griesgrämig wie der immer dreinschaut. 62 % plus bei Beschwerden, ist schon heftig. Merke auch, den jungen Beamten fehlt einfach der Respekt, sogar bei den Knöllchenagenten. Stehen die so unter Druck?