Einfache GesteNiederknien als Protestform ist über die Grenzen der USA hinaus allgegenwärtig

Einfache Geste / Niederknien als Protestform ist über die Grenzen der USA hinaus allgegenwärtig
Demokratische Abgeordnete und Senatoren, unter ihnen Nancy Pelosi und Chuck Schumer, knien in der „Emancipation Hall“ des US-Kongresses Foto: AFP/Brendan Smialowski

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Demonstranten, Politiker, Sportstars, Polizisten, Nationalgardisten – und nun auch die Demokraten im US-Kongress: Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz ist das Niederknien als Protestform in den USA allgegenwärtig.

Mit der einfachen Geste wenden sich die Menschen friedlich gegen Polizeigewalt und Rassismus. Es ist das Wiederaufleben einer Protestform, mit der ein Football-Star vor vier Jahren für Aufsehen und Aufregung gesorgt hatte.

Nachdem die Geste weltweit in den vergangenen Tagen als Geste des Protestes gezeigt wurde, erreichte sie nun auch den US-Kongress: Prominente Demokraten wie Nancy Pelosi und Chuck Schumer gingen am gestrigen Montag im Kongress in Washington auf die Knie und hielten 8:46 Minuten lang schweigend inne – so lange hatte ein weißer Polizist in Minneapolis sein Knie auf Floyds Nacken gedrückt.

Zuvor hatten bereits US-Polizisten mit der Geste für Aufsehen gesorgt. So ging New Yorks Polizeichef Terence Monahan bei einer Demonstration gegen Rassismus gemeinsamen mit Protestierenden auf die Knie und schüttelte anschließend ihre Hände. Ähnliche Szenen spielten sich in Städten wie Los Angeles, Washington, Houston und Portland ab.

Auch außerhalb der USA fand die Geste Widerhall – unter anderem Sportler gingen nach Floyds Tod weltweit demonstrativ auf die Knie. Und auch bei den vielen Demonstrationen in Europa am vergangenen Wochenende zeigten viele der hauptsächlich jungen Teilnehmer die inzwischen weltberühmte Geste – und verfielen für 8:46 Minuten gemeinschaftlich in Schweigen.

Bekannt wurde die Protestform vor vier Jahren durch den afroamerikanischen Football-Spieler Colin Kaepernick. Der damalige Quarterback der San Francisco 49ers begann 2016 damit, vor NFL-Spielen bei der Nationalhymne, bei der alle aufstehen, aus Protest gegen Polizeigewalt gegen Schwarze ein Knie auf dem Boden abzulegen. Er war zunächst beim Abspielen der Hymne sitzen geblieben, entschied sich dann aber für den Kniefall. In der Folge übernahmen zahlreiche Spieler die Geste.

Das sorgte für große Aufregung – und wütende Reaktionen des konservativen Lagers, das den Sportlern mangelnden Patriotismus vorwarf. US-Präsident Donald Trump beschimpfte die meist afroamerikanischen Football-Stars und forderte ihre Entlassung. Kaepernick wurde 2017 vereinslos und fand keinen neuen Verein.

Protestform hat viel ältere Wurzeln

Der Kniefall als Form des Protests hat aber noch viel ältere Wurzeln: Während der Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren protestierten Afroamerikaner in den US-Südstaaten damit gegen die Rassentrennung in Kirchen. Sie versuchten, an Gottesdiensten in Kirchen von Weißen teilzunehmen. Wurden sie abgewiesen, knieten sie vor den Gotteshäusern nieder und beteten. Bekannt wurde dies als „kneel-in“.

Ein berühmtes Foto zeigt die Bürgerrechts-Ikone Martin Luther King 1965 zusammen mit Mitstreitern, wie sie in der Stadt Selma im Südstaat Alabama als Form des friedlichen Protests kniend beten.

Im Fall Floyd haben manche eine schockierende Parallele zum Niederknien ausgemacht: Der Afroamerikaner starb, nachdem der weiße Polizist Derek Chauvin ihm nach seiner Festnahme fast neun Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt hatte. US-Basketballstar LeBron James teilte in den sozialen Netzwerken zwei nebeneinander geschnittene Fotos von Chauvin, wie er auf Floyds Nacken kniet, und Colin Kaepernick, wie er aus Protest niederkniet – die ähnliche Körperhaltung sticht sofort ins Auge.

„Versteht ihr es JETZT?“, schrieb James unter das Foto. Er unterstrich damit, wie sehr Floyds Tod in seinen Augen einen entschiedenen Einsatz gegen Rassismus und Polizeigewalt notwendig macht – so wie Kaepernick gefordert hat. (AFP)

HTK
9. Juni 2020 - 10.01

Im November wird auch der Potus niederknien. Oder? Da wird ihm auch das Winken mit der Bibel nicht helfen.