Aus Erbgroßherzog wird Großherzog, aus Lieutenant-Représentant wird Luxemburgs neuer Staatschef, aus Henri wird Guillaume. Seit Freitag hat Luxemburg ein neues Staatsoberhaupt. Guillaume ist Luxemburgs siebter Großherzog (Großherzöge in Personalunion mit den Niederlanden nicht mit eingerechnet), jedoch der erste, der nach den Regeln der neuen Verfassung seinen Eid ablegt. Um 11.17 Uhr hebt Guillaume seine rechte Hand und spricht Chamber-Präsident Claude Wiseler nach: „Je jure d’observer la Constitution et les lois et de remplir fidèlement mes attributions constitutionnelles.“

Seine Thronrede beginnt Guillaume mit einem Zitat seiner Urgroßmutter Charlotte. „Ech wäert d’Liewe vu mengem Vollek liewen, vun deem ech duerch keng Barrièrë wëll getrennt sinn. Ech wäert seng Freed a säi Leed deelen“, sagte Charlotte am 18. Januar 1919 in ihrer ersten Rede ans Volk. Ein Versprechen an Land und Bürger, nachdem ein Konflikt Europa zerrissen hat. Und auch das ausgewählte Dekor in der Chamber erinnert an Luxemburgs ehemalige Monarchin. Der Thron in der Chamber wurde einst von Charlotte bestellt und bei der Inthronisierung von Großherzog Jean benutzt. Im europäischen Adel spielt Herrschaftssymbolik in Form von Wappen, Insignien, Titeln eine überragende Bedeutung, dient der Abgrenzung von anderen Adelshäusern und nicht zuletzt der Machtdurchdringung und Machtsicherung.
Das Bild, das Guillaume bei seinem Eid vermitteln will, ist bewusst gewählt und eindeutig. Es ist eine Rückbesinnung auf Zeiten, in denen die Monarchie noch einen anderen Stellenwert genoss und Großherzogin Charlotte wie wohl kein Monarch vor oder nach ihr den Zusammenhalt des Luxemburger Volkes verkörperte. Selbst die Garderobe von Erbgroßherzog Charel erinnert mit seiner kurzen Hose, knielangen Strümpfen und Jackett ein wenig an ein Kinderoutfit aus den 1920er-Jahren. Eine Zeit, in der die „Monarchie in schweren Zeiten ein Pfeiler für die Kontinuität des Luxemburger Staates war“, wie Guillaume in seiner Thronrede ausführt. In diese Kontinuität will Guillaume die Monarchie wieder zurückführen.
Ein erstes Versprechen
In dem Kontext muss auch Guillaumes erstes Versprechen ans Luxemburger Volk gedeutet werden. „Deswegen verspreche ich, politisch immer neutral zu sein und unsere demokratischen Grundprinzipien zu verteidigen“, gelobt Luxemburgs neuer Großherzog. Ein klarer Hinweis darauf, dass er aus den Fehlern seines Vaters gelernt hat und keine politischen Alleingänge vollziehen wird, wie Henri es beim Euthanasiegesetz 2008 oder beim EU-Verfassungsvertrag 2005 getan hatte. Zumindest bei der Frage des Abtreibungsrechts bleibt Guillaume diesem Versprechen im Tageblatt-Interview treu. „Natürlich bin ich katholisch erzogen worden. Aber hier muss man eine Trennung machen zwischen Privatem und der Rolle als Staatschef und Großherzog, der diese politische Neutralität konsequent ausleben muss“, lautet die Antwort des Staatschefs auf die Frage, inwiefern er dazu Stellung beziehen werde. Daran erinnert auch Premierminister Luc Frieden noch einmal in seinen Äußerungen im Parlament: „D’Stäerkt vun der konstitutioneller Monarchie ass dës Kontinuitéit a Stabilitéit, lassgeléist vum politeschen Dagesgeschäft.“

Als radikalen Bruch zur Regentschaft seines Vaters will Guillaume seine Antrittsrede jedoch nicht missverstanden wissen. „Meine Mutter hat sich immer für die Opfer von Gewalt eingesetzt und den Schwachen geholfen. Mein Vater hat sich als Staatschef ganz dem Dienst am Land verschrieben. Sie haben mich all die Jahre auf diesen Moment vorbereitet.“
Bei den restlichen Versprechen, die Guillaume in seiner Thronrede gibt, bleibt er genauso staatsmännisch wie vage. Er werde im Dienst der Menschen des Landes stehen, im Interesse des Landes handeln, zuhören, sich engagieren, mit Integrität handeln, authentisch bleiben. „Der Großherzog steht für die nationale Einheit und Unabhängigkeit. In diesen komplizierten Zeiten hat die Monarchie eine wichtige Rolle zu spielen, indem sie zuhört, Vertrauen schafft und die gesellschaftliche Kohäsion stärkt.“ Guillaume nennt den technologischen Wandel, Kriege und Armut, Künstliche Intelligenz sowie die „Desinformationsspirale“ und den Klimawandel als Herausforderungen, die Luxemburg bevorstehen.

„Moderne“ Monarchie
Der Grundstein für eine „moderne Monarchie“ wurde in Luxemburg vor fünf Jahren mit der Maison du Grand-Duc gelegt. Einen Weg, den Guillaume jetzt weiter beschreiten will. An Chamber-Präsident Claude Wiseler gerichtet, erinnert er an dessen Worte zum Nationalfeiertag. „Sie haben gesagt, dass Legitimität und Autorität heutzutage nicht automatisch mit der Funktion kommen, sondern die Institution auf Akzeptanz stoßen muss, um anzudauern“, erinnert Guillaume. Er wolle Brücken schlagen: zwischen Generationen, zwischen Luxemburgs verschiedenen gesellschaftlichen Gemeinschaften, zwischen Tradition und Innovation. Das Bild des Brückenbauers ist keineswegs neu. Schon Regierungschef Jean-Claude Juncker griff regelmäßig darauf zurück und auch seine Nachfolger machten sich die Metapher immer wieder zunutze – zuletzt in der Sozialrunde vor einem Monat. Doch in Guillaumes Worten schwingt eine zusätzliche Nuance mit: die abermalige Verbindung zu Großherzogin Charlotte. Morgen Abend wird er mit 2.000 Menschen über den im Volksmund „Rout Bréck“ getauften „Pont Grande-Duchesse Charlotte“ gehen.

Guillaume wird aber innovieren müssen: Der neue Großherzog will seine zahlreichen Wirtschaftsmissionen für den Standort Luxemburg fortführen. „Innovativ Investitiounen erméiglechen et Lëtzebuerg, haut net nëmmen eng wichteg Finanzplaz ze sinn, mee och en attraktive Standuert fir nei Technologien“, sagt Guillaume. „Esou gestalte mir eis Zukunft, esou ënnerstëtze mir eng staark an nohalteg Wirtschaft an erhalen onse soziale Wuelstand.“ Ein Engagement, das als Staatsoberhaupt nicht nur aus protokollarischer Sicht ungleich komplizierter werden wird.
Jean-Claude Juncker war einer von vielen Ehrengästen, die die Zeremonie in der Chamber mitverfolgten. „Ich sage dasselbe wie vor 25 Jahren: Es ist ein wichtiger Moment in der Geschichte des Landes“, so Juncker. „Ein Moment, an dem es ein bisschen ruhig sein soll und in dem man sich darauf konzentrieren soll, was kommt.“ Juncker fand die Thronrede des neuen Großherzogs „exzellent“ – und die Rede von Parlamentspräsident Claude Wiseler auch.
„Zesummenhalen“
Dieser richtet das Wort in seiner Rede gleich mehrfach direkt an Guillaume und verweist auf die in der neuen Verfassung verankerten Aufgaben des neuen Großherzogs. „Mir wäerten zumools och a méi schwéieren Zäiten op Iech kucken, an der Erwaardung, datt Dir eis duerch Är Dignitéit an Är Integritéit drun erënnert, datt d’Rezept vun der Stabilitéit vun eisem Land doranner läit, datt mer alleguerten, an och wa mer eis net grad ëmmer iwwer alles eens sinn, zesummenhalen“, sagt Wiseler.
Es ist auch die neue Verfassung, die dazu beiträgt, dass die Abgeordneten, anders als vor 25 Jahren, der Zeremonie nicht stehend, sondern auf ihren Plätzen sitzend beiwohnen. Hieß es in der alten Verfassung noch, der Großherzog müsse seinen Eid „im Beisein“ der Chamber ablegen, muss Guillaume seinen Eid „vor der Chamber“ ablegen. Ein feiner Unterschied, auf den Wiseler jedoch bestand und dem an diesem 3. Oktober auch Rechnung getragen wird. Ausdruck dieses neuen demokratischen Selbstbewusstseins war auch die Anwesenheit der Europaparlamentspräsidentin Roberta Metsola und des Präsidenten des Europäischen Rates, António Costa.

Kindliche Unbekümmertheit
Ebenso besteht Claude Wiseler darauf, die Anwesenheit von Erbgroßherzog Charel in der Chamber hervorzuheben. „Dir hutt als Elteren och drop gehalen, de Prënz Charel mat an d’Chamber ze bréngen“, sagt Wiseler. „Dat huet bis elo jo richteg gutt geklappt a mir sinn och dankbar fir de symbolesche Geste vu laangfristeger Kontinuitéit.“ Genau diesen Moment hat sich Charel ausgesucht, um sich für seine Schuhe eine neue Schnürstrategie zurechtzulegen. Mit wenig Erfolg: Großherzogin Maria Teresa musste ihrem Enkel schlussendlich zur Hand gehen. Tatsächlich begegnete der kleine Prinz dem geschwollenen Dekorum in der Chamber mit kindlicher Unbeschwertheit, wollte auch dann nicht stehen, wenn es das Protokoll vorsah, und lockerte somit die Atmosphäre merklich auf. Ein seltener Moment der Unbekümmertheit in einem sonst monarchisch-überladenen Rahmen.

Guillaume beendet seine Thronrede, wie er sie begonnen hat. „Ech wäert d’Liewe vu mengem Vollek liewen, vun deem ech duerch keng Barrièrë wëll getrennt sinn“, zitiert er abermals seine Urgroßmutter. „Ech wäert seng Freed a säi Leed deelen.“ Und fügt an: „Dat ass fir mech de Sënn vum Eed, deen ech haut virun Iech geleescht hunn.“ Es sind diese Worte, aber vor allem seine Handlungen als Staatschef, an denen er sich wird messen lassen müssen.
Abdankungsdekret im Wortlaut
Vor der Zeremonie in der Chamber hat Großherzog Henri per großherzoglichem Dekret offiziell abgedankt.
Nous Henri, Grand-Duc de Luxembourg, Duc de Nassau,
Vu l’article 56, paragraphe 4 de la Constitution;
Arrêtons:
Art. 1er.
Nous renonçons à la fonction de Chef de l’État du Grand-Duché de Luxembourg en faveur de Notre Fils bien-aimé, le Grand-Duc Héritier Guillaume.
Art. 2.
Le Premier ministre est chargé de l’exécution du présent arrêté qui sera publié au Journal officiel du Grand-Duché de Luxembourg.
Le Premier ministre, Luc Frieden
Fait le 3 octobre 2025.
Henri
De Maart

jo, d'Groussherzogin ët wor mër och schons obgefall, dat onse neië Grand-Duc Villes vun onser fréiërer Groussherzogin Charlotte mat op de Wee krut..
dat ka nëmmen positiv wiirken, ëch hat als Kand d'Chance gehat Groussherzogin méi no zë gesin, well ëch mol zu Fëschbëch méi menger Tata konnt an d'Vakanz goën..
an dat wor nët wéit ëweg vom Schloss...
do hun ëch an enger Wiss gespillt, an hu gehéiërt dat eng Stëmm mëch geruf houët..
dat wor d'Charlotte, a soot, komm mol hei hin a so mër wéi déi Num ass..
mër haten ee klengt Gespréich an do houët së mër ee ganz grousse Bouquet Blummen aus hiirem Gaard an de Grapp gedreckt, a gesot:
du bass ee leeft Kand, hei kriss de méi Bouquet an ëch hoffen du kënns nach mol hei laanscht..
a genau esou ass och onse neië Grand-Duc, dee géing dat och esou maachen..
"Beim Binden der Schuhe musste Großherzogin Maria Teresa selbst Hand anlegen" Dem Keup géif ech dat och net zoutrauen.
Die Tradition Ihrer Urgroßmutter Charlotte, Ihre Königliche Hoheit Großherzog Guillaume, besteht in einem kolossalen Schweigen zum erdrückendsten Thema der luxemburgischen Geschichte. MfG, Robert Hottua, Opfer