ForumNeuer Deal mit der Industrie garantiert Versorgungssicherheit bei kritischen Arzneimitteln

Forum / Neuer Deal mit der Industrie garantiert Versorgungssicherheit bei kritischen Arzneimitteln
 Foto: dpa/Monika Skolimowska

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In einer starken europäischen Gesundheitsunion müssen alle Menschen zeitnahen und gleichberechtigten Zugang zu Medikamenten haben. Dies ist die Quintessenz dessen, was die EU in den letzten Jahren insbesondere durch ihre Arzneimittelstrategie unternommen hat. Im Rahmen dieser Zielsetzung messen die Kommission wie auch die EU-Mitgliedstaaten der Behebung von Engpässen und der Stärkung der Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln große Bedeutung bei.

* Zu den Autoren

* Stella Kyriakides ist Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Frank Vandenbroucke ist Vizepremierminister und Minister für Soziale Angelegenheiten und Volksgesundheit von Belgien.

Heute wurden die Arbeiten an einer Allianz für kritische Arzneimittel aufgenommen, mit der die Produktion dieser Medikamente in der EU gestärkt wird und internationale Lieferketten breiter aufgestellt werden. Das ist ein entscheidender Schritt in unserem Kampf gegen Engpässe und zur Verringerung der Abhängigkeit der EU von Drittländern. Die Allianz für kritische Arzneimittel baut auf den erfolgreichen Vorbildern der Batterie- und der Rohstoffallianz auf und markiert den Ausgangspunkt für eine neue Art der Zusammenarbeit zwischen der Kommission, den nationalen Regierungen, der Industrie und der Zivilgesellschaft. Sie bildet eine neue industrielle Säule der Europäischen Gesundheitsunion, mit der die Arzneimittelversorgung für unsere Patientinnen und Patienten besser gesichert wird.

Mängel bei der Versorgung mit Arzneimitteln sind ein wachsendes Problem für Patientinnen und Patienten in der EU. Im vergangenen Winter haben wir erlebt, wie Eltern verzweifelt versuchten, Medikamente für ihre Kinder zu bekommen, und bisweilen Hunderte Kilometer weit gefahren sind. In diesem Jahr gehen die Menschen bei EU-weit steigenden Infektionszahlen in die Apotheke und fragen nach Antibiotika, die nur begrenzt verfügbar sind. Das sind strukturelle Probleme aufgrund zunehmender Engpässe in den vergangenen Jahren – eine nicht hinzunehmende Situation.

Abgesehen von den ernsten Folgen, welche die Nichtverfügbarkeit kritischer Arzneimittel für Patientinnen und Patienten hat, geht es auch um geopolitische Bedenken. Die Pandemie und die Kriege in Europa und Nahost haben uns deutlich vor Augen geführt, dass die Behebung der strukturellen Schwachstellen in unseren pharmazeutischen Lieferketten oberste politische Priorität haben muss. Um die Gesundheit und Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen, müssen wir die Autonomie Europas bei der Erzeugung von und der Versorgung mit kritischen Arzneimitteln stärken.

Arzneimittelherstellung und Lieferketten

Die Allianz für kritische Arzneimittel wird uns dabei helfen, die Richtung vorzugeben und die Art und Weise zu ändern, in der wir Medikamente herstellen und beschaffen, damit Patientinnen und Patienten besser geschützt werden. Regierungen, Industrie, Angehörige der Gesundheitsberufe und die Zivilgesellschaft werden zusammenarbeiten, um Lösungen zur Bewältigung dieser Herausforderung zu finden. Das könnte zum Beispiel heißen, dass die europäische Produktionskapazität für kritische Arzneimittel und deren Bestandteile durch die Einrichtung neuer Produktionslinien oder den Bau neuer Fabriken gesteigert wird. Es könnte auch dazu führen, dass im Ausland neue Partner gesucht werden, um unsere Versorgung mit wesentlichen Inhaltsstoffen breiter aufzustellen. Im Rahmen des ökologischen und digitalen Wandels in Europa möchten wir auch, dass die Allianz Innovationen fördert und die Modernisierung der Produktionskapazitäten der EU unterstützt.

In einem ersten Schritt zur Gründung der Allianz sind interessierte Fachleute aus den Mitgliedstaaten, der Industrie, den Gesundheitsberufen und der Zivilgesellschaft aufgerufen, bis zum 16. Februar am Auswahlverfahren für die Allianz teilzunehmen, damit sie im Frühjahr 2024 bei den Sitzungen dabei sein können.

In der Zwischenzeit wird die Kommission damit beginnen, die Schwachstellen in den Lieferketten einer Reihe kritischer Arzneimittel zu analysieren, für die die Allianz Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung empfehlen wird. Die Allianz wird außerdem Investitionen unterstützen und lenken, die auf nationaler und EU-Ebene für die Erreichung ihrer ehrgeizigen Ziele erforderlich sind.

Die Bekämpfung von Engpässen in unseren Mitgliedstaaten bedeutet natürlich nicht, dass wir unsere internationalen Partner außen vor lassen werden. Mit Unterstützung durch die Allianz wird die EU gleichzeitig auf stärkere internationale Partnerschaften hinarbeiten, um Lieferketten zu diversifizieren und die Sicherheit der Arzneimittelversorgung weltweit zu verbessern.

Die Arbeit der Allianz wird eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung unserer globalen Führungsrolle und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Arzneimittelsektors spielen. Vor allem aber sind dies entscheidende Schritte zum Schutz von Gesundheit und Wohlergehen der Europäerinnen und Europäer. Indem wir die Allianz für kritische Arzneimittel ins Leben rufen, eröffnen wir ein neues, industrielles Kapitel für eine europäische Gesundheitsunion, die entschlossen ist, Visionen Wirklichkeit werden zu lassen.