Der Bedarf an Investitionen in der EU ist enorm. Wie der frühere Chef der Europäischen Zentralbank Mario Draghi in einem Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Staaten festhielt, bräuchte es bis zum Jahr 2030 jährliche Investitionen von 750 bis 800 Milliarden Euro, um den Herausforderungen etwa in den Bereichen Klimaschutz und dem technologischen Wandel nachzukommen. Dabei waren noch nicht die nun als prioritär erachteten Verteidigungsausgaben eingepreist.
Öffentliche Gelder reichen nicht, um die bevorstehenden Investitionen zu stemmen, erklärte die für Finanzdienstleistungen zuständige EU-Kommissarin Maria Luís Albuquerque. In der EU müsse man daher besser darin werden, Kapital zu mobilisieren. Denn trotz ihrer enormen Ressourcen würde die Wirtschaft in der EU hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Es müsse „schnell und effektiv“ gehandelt werden, um die derzeitigen Missstände zu beheben, so die EU-Kommissarin. Dabei soll es zu Änderungen im Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen kommen, was dessen Fähigkeiten anbelangt, Projekte in allen EU-Ländern zu finanzieren, sei es von lokalen oder paneuropäischen Unternehmen. Zu oft müssten sich vor allem junge Gründer außerhalb der EU nach Finanzierungsmöglichkeiten für ihre Unternehmen umsehen, meinte die EU-Kommissarin weiter. Das führe dazu, dass sie ihre Betriebe außerhalb der EU ansiedeln. Daher müsse Kapital in der EU leichter zugänglich sein.
Laut EU-Kommission würden an die 10.000 Milliarden Euro an Ersparnissen auf Bankkonten in der EU lagern. Das seien 70 Prozent der Guthaben. Nur 30 Prozent würden in „Instrumenten der Kapitalmärkte“ stecken, heißt es in einem Papier der Brüsseler Behörde. Bankkonten seien zwar sicher und leicht zugänglich, würden aber nicht die gleichen Erträge bringen wie Investitionen auf dem Kapitalmarkt. Mit ihrer Strategie will die EU-Kommission nun den EU-Bürgern den Zugang zu den Kapitalmärkten erleichtern.
Luxemburg dürfte Bedenken haben
Es sei oft leichter, in anderen Märkten zu investieren als in der EU, sagte die Kommissarin: „Das ist bedauerlich und bedeutet ein Verlust für uns alle.“ Daher soll es nun einfacher werden, in der EU zu investieren. Um dies zu erreichen, werde die Kommission unter anderem einen europäischen Entwurf für die Einrichtung von Spar- und Anlagekonten für Privatkunden und Anleger vorlegen, der auf bestehenden nationalen Erfahrungen basiert und von Empfehlungen zur steuerlichen Behandlung dieser Konten begleitet wird. Zudem will die Kommission eine Strategie zur finanziellen Allgemeinbildung der EU-Bürger vorlegen, um es diesen zu ermöglichen, sich mit Anlagemöglichkeiten vertraut zu machen.
Aus luxemburgischer Sicht dürften jedoch die Pläne der EU-Kommissarin, die Überwachung der Kapitalmärkte zu harmonisieren, auf wenig Gegenliebe stoßen. Maria Luís Albuquerque will Barrieren bei der Überwachung abschaffen. Die EU-Kommission werde dazu einen Gesetzesvorschlag vorlegen, um eine einheitlichere Überwachung des Kapitalmarktes in der EU zu schaffen. Zwar soll die Konvergenz in diesem Bereich weiter vorangetrieben werden, doch sollen ebenfalls nationale Kompetenzen auf die europäische Ebene verlagert werden, kündigte Maria Luís Albuquerque an. Das könnte dazu führen, dass bestimmte Entscheidungen nicht mehr in Luxemburg, sondern von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) mit Sitz in Paris getroffen werden. Dem dürfte jedoch in Luxemburg mit Skepsis begegnet werden. Doch auch andere EU-Finanzzentren könnten Bedenken anmelden. Dessen ist sich die EU-Kommissarin offenbar bewusst. Sie gab sich dennoch am Mittwoch „überzeugt, dass Resistenzen überwunden werden können“.
De Maart

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