Freitag31. Oktober 2025

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Marlène NegriniPräsidentin der Polizeigewerkschaft: „Natürlich drückt der Schuh immer noch beim Personal“

Marlène Negrini / Präsidentin der Polizeigewerkschaft: „Natürlich drückt der Schuh immer noch beim Personal“
Im Vorfeld der SNPGL-Generalversammlung schlägt Gewerkschaftspräsidentin Marlène Negrini sanftere Töne an: „… doch meine Rede ist noch nicht ganz fertig, mal sehen, wie ich alles formuliere …“ Foto: Editpress/Alain Rischard

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Am Montag hat das „Syndicat national de la Police grand-ducale“ (SNPGL) Generalversammlung. Einst Schauplatz harscher Kritik an der Obrigkeit, könnten jetzt andere Töne zu hören sein. Ein Gespräch mit Gewerkschaftspräsidentin Marlène Negrini über die Zusammenarbeit mit Ministerium und Polizeidirektion sowie über den nach wie vor großen Personalmangel. 

Tageblatt: Wie lebt es sich denn heute als Polizei unter Minister Léon Gloden?

Marlène Negrini: (überlegt kurz) Die Kommunikation ist besser als mit den vorherigen Ministern. Minister Gloden hat sich einiges in sein Heftchen geschrieben, in das Koalitionsabkommen, und da sind einige Sachen schon gemacht worden. Da geht es schneller voran als bei den vorherigen Ministern.

Und als Gewerkschaft SNPGL?

Als Gewerkschaft muss ich sagen, dass der Minister uns nun bereits einige Male zu kurzfristig einberufenen Treffen eingeladen hat, um uns etwas mitzuteilen, um unsere Meinung zu erfahren, beispielsweise im Rahmen der Neueinstufung von Polizisten. Das ist ein anderer Weg als der, den wir bisher gewohnt waren. Ich hoffe, dass es in diesem Sinne weitergeht, nicht, dass es nur „neue Besen kehren gut“ ist oder so ähnlich … ich bin aber zuversichtlich, dass wir auf dieser Schiene weiterfahren können … aber gut, man weiß nie.

Was heißt das denn jetzt im Hinblick auf die Generalversammlung der SNPGL? Keine Kritik oder trotzdem Kritik?

Keine Kritik wäre jetzt etwas schwierig. Es gibt immer etwas zu kritisieren, aber große Kritik, wie wir sie unter den letzten Ministern übten, haben wir jetzt nicht … doch meine Rede ist noch nicht ganz fertig, mal sehen, wie ich alles formuliere …

An Kritik wurde sonst jedenfalls nicht gespart.

Ja, vielleicht, ich muss dazu aber sagen, dass damals vom Ministerium vieles gegen die Wand gefahren wurde. Oft keine Antwort, wenn wir etwas wissen oder mit jemandem reden wollten. Die Situation war verfahren. Es gab kaum Möglichkeiten, um zueinander zu finden und sich auszutauschen. Am Ende wollte eigentlich keiner mehr, nicht die eine und nicht die andere Seite. Das ist jetzt, wie gesagt, anders. Ich möchte aber auch noch sagen, dass es ja nicht nur einen Wechsel in der Regierung, im Ministerium und in der Gewerkschaft gegeben hat, sondern auch bei der Polizeidirektion. Es läuft besser, die Wechsel haben Türen geöffnet, es gibt mehr Miteinander. Der neue Polizeidirektor hat auch vorgeschlagen, monatliche Sitzungen zu machen, um sich mit den Gewerkschaften auszutauschen. Das ist eine gute Sache und ganz anders als vorher.

Worauf werden Sie denn am Montag eingehen?

Ich werde am Montagabend wahrscheinlich auch darüber reden, dass die Kommunikation mit dem Ministerium besser geworden ist, bisher sogar gut … und dann auf die Aktualität in unseren Berufen eingehen, aber das muss ich noch zu Papier bringen.

Aber drückt der Schuh denn nicht irgendwo?

Doch, natürlich drückt der Schuh immer noch beim Personal. Wohl sind dieses Jahr 90 Leute hinzugekommen. Also von den insgesamt 170 Neuzugängen bleiben nach Abzug jener, die in Pension gegangen sind, netto 90, die aufs ganze Land verteilt wurden. Das ist besser als sonst, als nur die Pensionsabgänge ersetzt wurden, aber es fehlen uns immer noch Polizisten und Polizistinnen. Es reicht noch nicht. Nächstes Jahr kommen dann ja aber auch noch welche, das ist gut. Mal sehen, wer von denen rund 180, die jetzt in der Ausbildung sind, das Examen schafft und vereidigt wird, aber jedenfalls werden nächstes Jahr mehr als 90 netto hinzukommen.

Stichwort Lokalpolizei

Was die Lokalpolizei anbelangt, werden keine Leute irgendwo abgezogen, nicht wie bei der Aktion um das Bettelverbot, wo Leute aus den Regionen abgezogen wurden, um in der Hauptstadt auf Patrouille zu gehen. Die Lokalpolizei macht eine Arbeit, die zur täglichen Arbeit der Kommissariate gehört. Das ist keine Mehrarbeit. Es ist nur so, dass Lokalpolizisten deutlich in Erscheinung treten, sichtbar sein sollen für Menschen, die Probleme haben. Sie sollen dafür sorgen, dass es … ja, dass es ruhig bleibt und, dass das Polizeireglement der Hauptstadt eingehalten wird. Ich denke, dass das noch nicht überall bei den Polizisten angekommen ist. Die Lokalpolizei ist ja jetzt nicht an erster Stelle dafür da, einen Unfall oder ein Drogendelikt aufzunehmen. Dazu müssten sie dann eine andere Patrouille hinzuziehen, die dann auch die Schreibarbeit machen müsste. Das gefällt einigen nicht so ganz. Die Menschen scheinen jedenfalls froh darüber, wieder mehr Polizisten draußen zu sehen und zu merken, dass diese Polizei sich Zeit für sie nimmt. Das ist ja das, was wichtig ist. Nämlich, dass nicht nur ein Streifenwagen vorbeifährt, sondern, dass da Polizisten zu Fuß in den Straßen präsent sind, einfach Guten Tag sagen und von den Menschen angesprochen werden dürfen. Aus meiner Zeit in Bonneweg weiß ich, dass es das ist, was die Menschen brauchen. Wer nicht mit der Polizei reden möchte, der ist meistens dann auch schnell verschwunden.

Haben Sie bereits Informationen, Statistiken darüber, wie sich die Situation entwickelt hat?

Nein, da haben wir noch nicht alles, im November soll ein großer Überschlag gemacht werden, dann sehen wir und werten aus. Es handelt sich ja jetzt erst einmal um ein Pilotprojekt, das durchaus ja noch angepasst und verbessert werden kann.

Öfters auf Streife, näher am Bürger. Führt das nicht zu Überstunden?

Nein, wie gesagt, das ist eine normale Polizeiarbeit, die während einer normalen Schicht gemacht wird, keine Überstunden.

Überstunden gibt es aber schon noch?

Die gibt es noch, ja natürlich, weil Überstunden mit zu einer Arbeit gehören, bei der man, heute, je nach Situation, nicht einfach den Kuli nach einer 8-Stunden-Schicht fallen lassen kann. Und es gibt sie noch, weil es uns immer noch an Polizisten und Polizistinnen fehlt. Das ändert sich vielleicht, wenn wir ausreichend Leute haben.

Ihr Vorgänger Pascal Ricquier, o.k., hatte eine andere Art, hat sich öfters sehr aufregen können über die vielen Überstunden.

Sicher und öfters zu Recht, vielleicht auch, weil eines unserer Computerprogramme ein oftmals chaotisches Bild der unterschiedlich gelagerten Arbeitszeiten bei der Polizei ergibt und man nicht immer weiß, wie es zustande gekommen ist. Das ist unübersichtlich und muss geändert werden. Entweder wird es besser oder wir brauchen ein neues Programm. Im Oktober weiß ich da mehr.

Was macht eigentlich Pascal Ricquier? Einige sind nach seinem Austritt aus der CSV davon ausgegangen, er würde in den Vorstand der Gewerkschaft zurückkehren?

Er ist in Pension. Er hat wie jedes Mitglied aber selbstverständlich das Recht, sich zu melden und wieder für den Vorstand zu kandidieren. Nächstes Jahr im März sind Wahlen. Im Vorstand stehen übrigens noch sechs Plätze offen.

Wird er dann kandidieren?

Ich habe keine Ahnung. Das ist seine Entscheidung.

Und wenn er nochmals Präsident werden möchte?

Ich weiß nicht, ob er das nochmals machen möchte. Und es hängt ja auch vom Vorstand ab, wen er zum Präsidenten oder Präsidentin bestimmt.

Sie sind gerne Präsidentin?

Ja!

Bis zu den Wahlen im März?

Ja, und wenn’s geht auch noch ein bisschen länger.

Viel Arbeit?

Ja, aber ich habe 16 Stunden Gewerkschaftsurlaub und kann so zwei Tage die Woche in den Büros der SNPGL sein.

Stichwort: Kommunikation der Polizei. In einem Tageblatt-Interview haben Sie zu verstehen gegeben, dass zu viele Details den Ermittelungen schaden könnten. O.k., aber zwischen alles sagen und oft keiner oder umständlichen Kommunikation liegen Welten.

Das ist eine Ansichtssache. Ich weiß nicht, wer bei der Pressestelle wem was sagen oder herausgeben darf. Ich habe da keinen Einblick, das ist auch keine Beschäftigung für die Gewerkschaft.

Das Interview entstand am 23. September.

Die Situation war verfahren

Marlène Negrini, SNPGL-Präsidentin