Freitag31. Oktober 2025

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EditorialNationale Demonstration am Samstag: Wie definieren wir gesellschaftlichen Fortschritt?

Editorial / Nationale Demonstration am Samstag: Wie definieren wir gesellschaftlichen Fortschritt?
 Karikatur: Carlo Schneider

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Luxemburg erlebt die größte gewerkschaftliche Mobilisierung seit 2009. Die Demonstration am Samstag ist mehr als ein Protest gegen einzelne Reformpläne, sie ist eine Aufforderung an die Regierung, den Sozialdialog nicht zu untergraben.

Gut 16 Jahre nach der letzten großen Mobilisierung rufen die Gewerkschaften OGBL und LCGB, unterstützt von zahlreichen Vereinigungen der Zivilgesellschaft, zur Demonstration gegen die Politik der CSV-DP-Regierung von Premierminister Luc Frieden auf. Flexibilisierung der Öffnungszeiten im Einzelhandel, Ausweitung der Sonntagsarbeit, Kollektivverträge, Rentenreform – die Regierung Frieden hat die Gewerkschaften in mehreren Dossiers vor den Kopf gestoßen und damit den Sozialdialog, den Erfolgsgaranten des luxemburgischen Modells, in eine tiefe Krise gestürzt.

Dagegen will die Gewerkschaftsfront am Samstag auf die Straße gehen. Übrigens hatte Friedens Austeritätspolitik bereits 2009 maßgeblich zur letzten großen Mobilisierung im Land beigetragen. Vielleicht nimmt er die Demo deshalb so gelassen und betont, dass das Leben auch nach dem Protest weitergehe. Während der Regierungschef den Samstag mit einem Waldspaziergang verbringen will, treibt die gewerkschaftliche Aktion Patronatsvertretern offenbar den Angstschweiß auf die Stirn.

Zuerst witterte UEL-Präsident Michel Reckinger eine Verschwörung der Gewerkschaften, denen es nur darum gehe, die Regierung zu stürzen, und rief dazu auf, der Demonstration fernzubleiben. Dann legte Handelskammer-Direktor Carlo Thelen nach: Die Regierung solle dem Druck der Gewerkschaften nicht nachgeben. Dies wiederholten schließlich die Handwerksföderation, die Luxembourg Confederation und die Horesca in einem gemeinsamen Presseschreiben. Sie alle reden von gesellschaftlichem Fortschritt, wenn Niedriglohnempfänger wegen flexiblerer Öffnungszeiten früher mit der Arbeit beginnen und später aufhören und sonntags auch noch länger arbeiten müssen – das Ganze am besten, ohne von kollektivvertraglichen Vorteilen zu profitieren. Die Menschen, die am Samstag demonstrieren und die Folgen der geplanten Reformen bei Kollektivverträgen und Renten zu spüren bekommen, definieren gesellschaftlichen Fortschritt anders. Der Begriff sollte eigentlich synonym mit sozialem Fortschritt sein.

Am Samstag geht es jedoch nicht „nur“ um Renten, Kollektivverträge und Öffnungszeiten. Es geht auch darum, wie das Land künftig geführt werden soll. Sollte Luc Frieden trotz Protest mit seinem Top-down-Stil durchkommen, könnten sich nachfolgende Regierungen daran orientieren – womit das luxemburgische Sozialmodell endgültig am Ende wäre, und damit auch der hart erkämpfte Standortvorteil. So weit ist es jedoch noch nicht. Seit der Gegenwind aus der Zivilgesellschaft rauer und stärker wird, scheinen die Reformpläne der Regierung doch nicht ganz in Stein gemeißelt zu sein.

Das Tageblatt steht traditionell für sozialen Fortschritt. Dennoch rufen wir weder zur Teilnahme an der Demonstration noch zum Fernbleiben auf. Warum sollten wir auch? Wir glauben nicht nur an sozialen Fortschritt, sondern auch an die Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger.

Reinertz Barriera Manfred
28. Juni 2025 - 6.33

Demonstrationen können doch de kalen CEO Luc nicht erschüttern, de wird weiter so machen was dem Patronat gefällt mit seinen Knechten Micho und Duprez...