EditorialNach Pellegrini-Sieg: Kein zweites Ungarn in der Slowakei

Editorial / Nach Pellegrini-Sieg: Kein zweites Ungarn in der Slowakei
Der künftige slowakische Präsident Peter Pellegrini (l.) und Premierminister Robert Fico Foto: Denes Erdos/AP/dpa

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Am Wochenende konnte sich Peter Pellegrini in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen in der Slowakei gegen den von den Liberalen und Konservativen unterstützten Ivan Korcok durchsetzen. Der Sieg des Kandidaten der Partei Hlas (Stimme) dürfte insbesondere den slowakischen Regierungschef und Vorsitzenden der Partei Smer, Robert Fico, freuen. Ihm wird mit Pellegrini an der Staatsspitze das Regieren leichter fallen. Denn der seit Oktober zum vierten Mal als Ministerpräsident amtierende Fico ist dabei, besorgniserregende „Reformen“ im Land durchzuführen, die von der bisherigen Präsidentin, der Sozialliberalen Zuzana Caputova, wenn auch nicht verhindert, so doch zumindest ausgebremst werden konnten.

Dabei eifert Robert Fico, der dem russischen Machthaber Wladimir Putin wohlgesonnen ist und dessen Agieren in der Ukraine insofern entgegenkommt, als er dem Nachbarland keine militärische Unterstützung mehr zukommen lassen will, dem Ungarn Viktor Orban nach, der sich vorher wohl an Putins Vorgehen inspirierte. Beide haben sich beim Umbau des Staates zu einem autokratischen System durch entsprechende „Reformen“ die Justiz und Medien im Lande gefügig gemacht. Wobei Putin längst auf einem anderen Level angekommen ist. Nun hat auch Robert Fico erste Schritte in diese Richtung unternommen: So wurde die für Korruptionsermittlungen zuständige Sonderstaatsanwaltschaft, die nicht nur gegen Parteifreunde, sondern auch gegen den Regierungschef selbst ermittelte, abgeschafft. Zudem sollen bei Wirtschaftsdelikten die Verjährungsfristen gekürzt werden. Angesetzt ist außerdem ein Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der offenbar einem stärkeren politischen Einfluss ausgesetzt werden soll.

Diesen und vermutlich noch anderen Vorhaben, die das Potenzial haben, die demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien im Land auszuhöhlen, so die Befürchtungen, dürfte Pellegrini kaum etwas entgegensetzen. Denn der Koalitionsfrieden in der von den beiden vermeintlich sozialdemokratischen Parteien (Smer und Hlas) geführten Regierung, der als dritte Kraft die als nationalkonservativ bis rechtsextrem geltende Slowakische Nationalpartei SNS angehört, muss gewahrt werden. Diese Allianz, die im Übrigen für Smer und Hlas eine Suspendierung ihrer jeweiligen Mitgliedschaft in der Europäischen Sozialdemokratischen Partei (PSE) zur Folge hatte, dürfte demnach nichts Gutes verheißen, was die europäische Zusammenarbeit anbelangt. Obwohl: Bislang hat sich Robert Fico, trotz seiner markigen Sprüche gegen weitere Hilfe für die Ukraine, bei entsprechenden Entscheidungen auf europäischem Parkett, im Gegensatz zu seinem ungarischen Gesinnungsgenossen, der Mehrheit angepasst. Was unter anderem damit zu tun haben könnte, dass, trotz der bekundeten Weigerung, der Ukraine mit Militärmaterial Beistand zu leisten, die Fico-Regierung der nicht unbedeutenden slowakischen Rüstungsindustrie in diesen Zeiten das Geschäft nicht vermasseln will.

Inwieweit und wie lange der slowakische Regierungschef auf EU-Ebene bei seiner gegenwärtigen Zurückhaltung bleibt, wird sich noch zeigen. Der in den ersten Regierungsmonaten vorgegebene politische Kurs hingegen dürfte, nachdem mit Peter Pellegrini kein Widerspruch mehr von der Staatsspitze zu erwarten sein wird, umso schneller vorangetrieben werden. Die EU sollte sich daher auf neuen Ärger vorbereiten und möglichst präventiv vorgehen, bevor ihr mit der Slowakei ein zweites Ungarn erwächst, dem nur mit der Zurückhaltung von EU-Geldern beizukommen ist.