Ortsbesuch EchternachMit Willibrord zum Unesco-Label

Ortsbesuch Echternach / Mit Willibrord zum Unesco-Label
Die besondere Form des Marktplatzes in Echternach ist auf zwei römische Hauptstraßen zurückzuführen. Nach den Römern prägt Willibrord die Entwicklung der Stadt. Auf der „Via Epternacensis“ kann man durch die Vergangenheit reisen. Foto: Editpress/Alain Rischard

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Echternach, die älteste Stadt Luxemburgs, hat eine reiche Kulturgeschichte. Eine Kreuzung zweier römischer Straßen und die nahe Sauer dürften den Grundstein für die religiöse und weltliche Entwicklung gelegt haben. Jahrhunderte später hat Willibrord, der Missionar, die Stadt geprägt. Seine Spuren sind heute allgegenwärtig, nicht nur in der Schreibstube im Abteimuseum. Willibrord und sein Wirken sollen der Stadt nun helfen, in die Liste des Weltkulturerbes der Unesco aufgenommen zu werden. 

Echternach sieht sich als Stadt in Bewegung. Natürlich auch, was den Tourismus anbelangt. See, Müllerthal, Stadtmauer, Abtei und verwinkelte Gassen sind einige der Höhepunkte im breitgefächerten Natur- und Kulturangebot. Besonders in diesem Sommer.

Wohl sollen in Echternach neue urbanistische Akzente gesetzt werden. Es geht um Wachstum und Wohnraum. Umleitungen und Baustellen zeugen zurzeit von dieser Absicht. Neubauten sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vergangenheit das eigentliche Kapital der ältesten Stadt Luxemburgs ist. Deshalb wollen die Stadtverantwortlichen sie noch stärker in den Vordergrund rücken. Besonders Willibrord, der Missionar, soll dabei eine wichtige Rolle spielen. Sogar Unesco-Träume werden gehegt.

Für Bürgermeister Yves Wengler ist das eine absolut legitime Forderung, denn: „Willibrord ist Echternach, ohne Willibrord würde es die Stadt nicht geben, zumindest nicht in der heutigen Form.“

Kulturweg durch die Stadt

Willibrord wurde 658 in England geboren und kam rund 40 Jahre später als Missionar über Irland und Frankreich nach Echternach. Er übernahm eine bestehende Abtei, vergrößerte sie und trug so maßgeblich dazu bei, dass sich die Stadt weiterentwickeln konnte.

Auf der „Via Epternacensis“ ist die Vergangenheit spürbar. Auf dem vom Wahl-Echternacher Georges Calteux geprägten Kulturweg kann man in die lange Geschichte der Stadt eintauchen, durch Epochen reisen und verweilen, so lange man möchte.

So kann man zum Beispiel erfahren, dass der Ort bereits viele Jahrhunderte vor Willibrord florierte und eine strategische Bedeutung hatte. Dank der Römer. Zu erkennen ist das heute noch am Marktplatz. Der, so erklärt Yves Wengler, verdankt seine etwas ungewöhnliche Form nämlich der Kreuzung zweier viel befahrener Römerrouten: der Straße von Köln nach Reims und jener von Amsterdam nach Mailand.

An jener Kreuzung haben sich im Verlaufe der Jahre immer mehr Händler und Handwerker niedergelassen. Auch die nahe am See gelegene Römervilla, eine der größten nördlich der Alpen, verdankt ihren Ursprung diesen sehr belebten Routen.

Beschützt wurde der wichtige Knotenpunkt durch ein Kastell auf dem Plateau im Ortskern. Auf den Resten der römischen Anlage mit ihren vier Türmen steht heute die Peter-und-Paul-Kirche. Zuvor ist es eine kleine Abtei und ebenjene wurde Willibrord geschenkt.

Willibrord unter der Lupe

Willibrord legte auch den Grundstein für die spätere Schreibstube des Klosters, die sich als „Echternacher Schule“ in der Buchmalerei einen Namen machte. Jahrhunderte nach Willibrord entstanden in diesem Skriptorium bedeutende und kunstvolle Bücher, darunter das Meisterwerk, der „Codex aureus Epternacensis“, das weltberühmte goldene Evangelienbuch.

Genau festlegen lässt sich die Herstellung des Buches nicht. Trotzdem soll in absehbarer Zeit – vielleicht schon nächstes Jahr – das 1.000-jährige Jubiläum gefeiert werden. Im Rahmen dieser Feier soll es Ausstellungen geben und Vorträge. Yves Wengler schwebt ein Programm vor, das sich an alle Altersgruppen richtet. Dabei geht es vor allem darum, Willibrord in der ganzen Breite des Spektrums seines Wirkens darzustellen, nicht nur das religiöse.

Zwei aktuelle Forschungsarbeiten werden hierbei eine große Rolle spielen. Zum einen die von Michel Summer, der in Dublin Geschichte studiert und seine Doktorarbeit über den weltlichen und politischen Willibrord schreibt: „Ich möchte Willibrord als Menschen seiner Zeit und der damaligen Machtverhältnisse zeigen. Als Menschen, der viel reiste und politische Verknüpfungen suchte.“ Unterstützt wird die Doktorarbeit vom „Fonds national de la recherche“.

Zum anderen beschäftigt sich Michel Margue von der Uni Luxemburg mit einem anderen Buch aus Echternach, dem „Liber aureus Epternacensis“. Wenig bis gar nicht kunstvoll ausgeschmückt bietet dieses Werk einen Einblick in die Rechte und Besitztümer der Abtei und gibt Aufschluss über seine weltliche Macht. Historiker Margue will das Buch digitalisieren, die Verwaltungsakte in einen historischen Kontext setzen und mit Kommentaren versehen, um sie so einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Einzigartige Stadtentwicklung

Diese beiden wissenschaftlichen Arbeiten seien ein guter Ausgangspunkt: „Auch um zu zeigen, wie Willibrord Echternach sozusagen zu seinem Headquarter machte“, so Wengler. Es geht darum, eine Geschichte zu erzählen, die in ihrer ganzen Bandbreite für die Einzigartigkeit unserer Stadtentwicklung spricht.

Deshalb möchte der Bürgermeister des Abteistädtchens beantragen, dass Echternach im Zeichen Willibrords in die Welterbeliste der Unesco angenommen wird. Zur Erinnerung: Die jährlich um Pfingsten stattfindende Springprozession, die auch mit Willibrord zu tun hat, gilt seit zehn Jahren als immaterielles Kulturerbe der Unesco.

Da es gegenüber anderen Kontinenten bereits ein Übergewicht an Unesco-Stätten in Europa gibt, sind die Kriterien streng. Ganz so einfach dürfte es also nicht werden, weiß auch Yves Wengler. „Eigentlich aber ist der Weg das Ziel“, sagt er. Alle Bemühungen, Echternach in seinem historischen Kontext den Menschen näherzubringen, zum Beispiel Schulklassen die Bedeutung des Skriptoriums zu erklären, all das würde sich lohnen – „auch wenn nachher kein Unesco-Label dabei rausspringt“.