ForumMigration: Wir haben geliefert

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  Foto: AP/dpa/Geert Vanden Wijngaert

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Das Thema Migration war für die Bürgerinnen und Bürger in der Union bei der Europawahl 2019 das wichtigste Anliegen. Am Mittwoch hat das Europäische Parlament im Zuge neuer Rechtsvorschriften entschieden, wie wir in der Europäischen Union künftig mit Migration und Asyl umgehen. Rechtsvorschriften, an denen wir mehr als zehn Jahre gearbeitet haben. Wir haben auf unsere Worte Taten folgen lassen. Wir haben unser Versprechen gehalten. Und vor allem aber hat dieses Paket das Potenzial, etwas zu bewirken.

Das Paket, für das Ihre Vertreter im Europäischen Parlament gestimmt haben, bietet allen Mitgliedstaaten einen gemeinsamen soliden Rechtsrahmen – einen Rechtsrahmen, der funktioniert und schützt. Gesetze, mit denen unsere Grenzen gesichert werden, Gesetze, die dafür sorgen, dass Menschen, die Schutz benötigen, menschlich und fair behandelt werden und dass in Fällen, in denen kein Anspruch auf Aufenthalt besteht, streng vorgegangen wird, Gesetze, mit denen jene Menschen zur Rechenschaft gezogen werden, die mit Menschen handeln und die Schwächsten ausbeuten. Es handelt sich um ein Paket, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht. Denn hinter jeder Statistik stehen Leben und Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Mit diesen neuen Gesetzen wird das Asyl- und Migrationssystem der EU für alle Beteiligten effizienter und bei Migrationsdruck widerstandsfähiger. Es ist uns gelungen, ein Gleichgewicht zwischen Solidarität und Verantwortung unter uneingeschränkter Achtung der Menschenrechte zu finden. Das war nicht einfach. Denn Migration ist ein emotionales Thema. Die Bedenken sind ganz unterschiedlich – zwischen den Ländern an den Außengrenzen, den Transitländern und den Zielländern sowie auch zwischen den Mitgliedstaaten mit Seegrenzen oder jenen mit Landgrenzen. Aber das macht diese Errungenschaft nur noch wichtiger. Entgegen allen Erwartungen haben wir bewiesen, dass Europa bei den Themen, die für die Bürgerinnen und Bürger wichtig sind, Ergebnisse liefern kann. Wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg.

Außengrenzen stärken

Dieses Paket wird unsere Außengrenzen stärken, etwa die Asylverfahrensverordnung und die Screening-Verordnung. Gleichzeitig wird die Integrität des Schengen-Raums gewahrt. Dort, wo wir keine Binnengrenzen haben, brauchen wir die gleichen Regeln – auch an unseren Außengrenzen müssen die Regeln angewandt werden.

Mit den Vereinbarungen über die Eurodac-Datenbank und der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement machen wir einen großen Schritt, um die Sekundärmigration in den Griff zu bekommen und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu forcieren. Letztere befasst sich auch mit der externen Dimension und der Notwendigkeit, mit wichtigen Drittländern zusammenzuarbeiten.

Das Migrationspaket geht aber noch über all dies hinaus. In seiner ganzheitlichen Form werden auch Krisensituationen, Fälle höherer Gewalt und andere unvorhergesehene Umstände berücksichtigt, sodass kein Mitgliedstaat allein mit dem Druck umgehen muss. Ein weiterer wichtiger Punkt: Auch hybride Bedrohungen und die „Instrumentalisierung von Migranten“ werden angegangen, die wir kürzlich an unseren Grenzen zu Belarus und Russland erlebt haben.

Verfahren vereinfachen

Dieses Paket hat weitreichende Wirkungen. Es wird nicht jedes Problem über Nacht in Luft auflösen, aber wir machen zehn riesige Sprünge nach vorn, nachdem wir ein Jahrzehnt lang nur schleppend vorangekommen sind. Es wird die Verfahren vereinfachen. Es wird langwierige Antragsverfahren reduzieren. Es wird die Koordinierung aller Akteure vor Ort verbessern. Und letztlich wird es dafür sorgen, dass diejenigen, die verzweifelt nach dringendem und legitimem Schutz suchen, ihn erhalten – und das schnell. Das ist das Kernstück dieses Pakets.

Es gibt noch viel zu tun. In puncto Rückführungen müssen wir noch mehr tun. Zu viele Menschen, die sicher rückgeführt werden sollten und könnten, kehren nicht in ihre Herkunftsländer zurück. In zu vielen Fällen dauert das Verfahren zu lange. Das reicht nicht aus. Wir können sicherstellen, dass unsere Ressourcen für diejenigen eingesetzt werden, die sie am meisten benötigen. Wir können unseren Werten der Menschen- und Grundrechte treu bleiben und dieses Problem angehen.

Vor allem aber müssen wir dafür sorgen, dass das, was vereinbart wurde, in allen Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt wird – und dass wir dabei die Menschlichkeit nie aus den Augen verlieren. Das ist der europäische Weg.

Roberta Metsola ist Präsidentin des Europäischen Parlaments
Roberta Metsola ist Präsidentin des Europäischen Parlaments