Das Luxemburger Schulsystem ist alles andere als gerecht. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber das macht sie nicht weniger besorgniserregend – im Gegenteil. Seit Jahrzehnten reiht sich Reform an Reform, doch von echter Bildungsgleichheit sind wir weiterhin weit entfernt.
Ein Beispiel verdeutlicht das Problem: Zwei Mädchen, die im Alter von sechs Jahren nach Luxemburg kamen, sitzen mit zwölf Jahren im Zyklus 4.1 – dem früheren fünften Schuljahr – fest. Der Grund? Eine Schwäche in Deutsch, trotz eines überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten. Luxemburgs Mehrsprachigkeit ist eine große Stärke, doch sie stellt das Bildungssystem vor eine Herausforderung, an der es immer wieder scheitert. Besonders Kinder mit Migrationshintergrund kämpfen mit der deutschen Sprache als hohe Hürde.
Die geplante Einführung einer Alphabetisierungsmöglichkeit auf Französisch – neben der klassischen deutschen Alphabetisierung – könnte eine Chance für mehr Bildungsgerechtigkeit sein. Doch diese Chance wird nur dann genutzt, wenn bis zur geplanten Umsetzung des Projektes Alpha zur Rentrée 2030/31 auch die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Laut Ministerium braucht es landesweit 150 neue Klassenräume und 98 zusätzliche Lehrkräfte. Zwar wird erwartet, dass durch die bilinguale Alphabetisierung weniger Schüler wiederholen müssen, sodass nur 18 neue Lehrstellen erforderlich seien. Doch ob dieses Konzept aufgeht, hängt entscheidend davon ab, ob genügend gut ausgebildetes Personal bereitsteht.
Die zentrale Frage bleibt: Wird die Alphabetisierung auf Französisch tatsächlich jenen helfen, die bisher im System benachteiligt wurden? Oder entstehen durch eine mangelhafte Umsetzung neue Probleme? Schulische Integration und Sprachvielfalt sind keine bloßen Verwaltungsaufgaben – sie sind zentraler Bestandteil des Bildungsauftrags: Jedes Kind soll die gleichen Chancen haben, unabhängig von Herkunft oder sprachlichen Vorkenntnissen.
Gewerkschaften wie das SEW fordern eine Reform der Lehrerkontingente, um den Bedürfnissen der Schüler und Schülerinnen besser gerecht zu werden. Eine berechtigte Forderung, denn der Erfolg vom Projekt Alpha wird auch davon abhängen. Unter Bildungsminister Claude Meisch wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Reformen angestoßen – nicht immer mit dem gewünschten Ergebnis. Ein zentrales Problem ist dabei die Art, wie Reformen umgesetzt werden: von oben herab. Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler werden oft erst vor vollendete Tatsachen gestellt, was immer wieder zu Problemen bei der praktischen Umsetzung führt. Ein Beispiel dafür ist die Einführung des „DAP Inclusion“, bei dem Schüler aufgrund formaler Fehler in eine Sackgasse gerieten, weil sie keine Arbeitgeber für ihre Praktika fanden.
Damit sie zu den gewünschten Ergebnissen führen, müssen Reformen von der Basis mitgetragen werden. Das Bildungsministerium muss von Anfang an alle Beteiligten einbinden, wenn echte Bildungsgerechtigkeit das Ziel sein soll. Ansonsten wird der Bildungserfolg in Luxemburg weiterhin vor allem vom sozioökonomischen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler abhängen – und unser Trumpf der Mehrsprachigkeit wird nichts weiter sein als ein Ausschlusskriterium.
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Und andere setzen das Examen für „Däitschprof“ in den Sand, weil sie eine leichte Schwäche in französischer Sprache haben! Versteh ich noch immer nicht.
Der Zeitfaktor scheint maßgeblich. Denn: Schüler werden von der Grundschule bis zur Sekundarstufe mit zeitintensivem aber entbehrlichem Lernstoff konfrontiert. Die Lehrpläne gehören entrümpelt. Dies würde mehr Raum geben zur Erlangung der nötigen Sprachkompetenzen. Denn diese sind in unserer globalen Weltordnung relevante als die einen oder anderen Teilbereiche diverser Schulfächer.
Im Übrigen sollte außer eines Basis-Allgemeinwissens ebenfalls die Vermittlung von Kunst und Kultur mehr Berücksichtigung finden. Und da die Welt atemberaubend schnellen Entwicklungen unterliegt, gehören Lehrpläne angepasst. Ein Fach „Medienkompetenz“ wäre in unseren heutigen Zeiten ein Muss, möchte man die jungen Menschen die Entwicklung zu mündigen Bürgern. Ermöglichen, die später in der Lage sein könnten, ihre Bürgerrechte überlegt wahrnehmen zu können, ohne auf Falschmeldungen und manipulierende Wahlprogramme von Populisten hereinzufallen. Besonders wichtig, wenn Wahlen anstehen.
Dass die Vermittlung sozialer Kompetenzen, die sowohl im Privat- als auch im späteren Berufsleben ein entscheidender Faktor sind, dürfte außer Frage stehen. Dies ist ebenfalls gesamtgesellschaftlich von höchster Bedeutung. Auch diesbezüglich besteht in den Lehrplänen Nachbesserungsbedarf.
Sprachen aber sind und bleiben die beste Voraussetzung für die berufliche Lebensplanung eines jeden jungen Menschen, unabhängig davon, aus welchem kulturellen und sprachlichen Raum er stammt. Spezifisches Fachwissen für das angepeilte Berufsleben kann anschließend erlangt werden.
Die Verantwortlichen im Bildungsministerium, wollen sie die Chancengleichheit der jungen schulpflichtigen Bevölkerung erhöhen, wären gut beraten, statt bloß Reförmchen mal eine echte Reform voranzubringen. Also „mutig“ ans Eingemachte zu gehen.
Bei allem Verständnis für den Wunsch, jungen Menschen so viel wie möglich während ihrer Schulzeit beibringen zu wollen, sollte das jetzige Wohl und den dadurch erheblichen Einfluss auf deren Zukunft im Vordergrund stehen. Dazu gehört unter anderem ebenfalls, genügend Freizeit zur Entspannung und zum Ausleben persönlicher Interessen zu lassen.
Sind wir soweit gekommen dass wir uns für unsere,in aller Welt gelobte Mehrsprachigkeit,schämen müssen? Die Herausforderung liegt meiner Meinung nach bei unseren Zuwanderern. Integration ist keine Einbahnstraße. Natürlich können wir helfen wenn Asylantenfamilien ihre Kinder hier zur Schule schicken wollen.Aber keinesfalls sollte unser Schulsystem dafür geopfert werden.
Allzeit waren luxemburger Studenten auf allen Unis willkomen.Man kannte das hohe Abschlussniveau eines luxemburgischen Abiturs. Französisch,Englisch,Deutsch mit Links. Heute?? Die letzten Reformen waren eine Verschlimmbesserung. Keine Examen mehr,keine Noten,kein Stress.
Aber dann muss man eines Tages zeigen was man drauf hat......
Sollte man den Sport abschaffen nur weil es " körperlich anders Begabte" gibt?
In der Wirtschaft ist Wettbewerb ein Must,warum nicht mehr in der Schule?