EU-ParlamentMartine Kemp: „Mache Politik nicht für mich selbst“

EU-Parlament / Martine Kemp: „Mache Politik nicht für mich selbst“
Die EVP-Abgeordnete Martine Kemp musste bei ihrem Einstieg in die Europapolitik im Oktober einen „Kaltstart“ hinlegen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Sie sitzt erst seit Ende Oktober als Abgeordnete im Europäischen Parlament (EP), meint aber, bereits „erste Akzente gesetzt“ zu haben, so die EVP-Politikerin Martine Kemp im Gespräch mit dem Tageblatt.

Sie habe einen „Kaltstart“ hinlegen und „ganz schnell in der Realität“ ankommen müssen, erzählt die jüngste luxemburgische EP-Abgeordnete, die nach etwas mehr als sechs Monaten im Amt schon wieder Wahlkampf führen muss. Am 24. Oktober vergangenen Jahres hat Martine Kemp als Drittplatzierte auf der CSV-Liste bei den Europawahlen 2019 den Sitz von Christophe Hansen übernommen. Dieser hatte sich zuvor dazu entschieden, seine politische Laufbahn in der luxemburgischen Politik weiterzuführen, als er bei den Chamber-Wahlen antrat.

Im EP musste Kemp Hansens Mitgliedschaft in den verschiedenen Ausschüssen übernehmen, zuvorderst im Ausschuss für internationalen Handel. „Das war eine interessante Erfahrung“, meint die Jungpolitikerin vielsagend, sie würde sich nach einer Wiederwahl jedoch eher für den Ausschuss „Industrie, Energie, Forschung und Innovation“ interessieren. Und natürlich Transport, denn immerhin hat Martine Kemp einen Masterabschluss als Verkehrsingenieurin. Sie wolle sich bei der Auswahl der Ausschüsse auch daran orientieren, ob sie in diesen etwas für Luxemburg erreichen könne. „Man ist ja nicht für den Eigenzweck Abgeordnete“, erklärt die EVP-Abgeordnete ihr Vorgehen.

„Erste Akzente“ glaubt Martine Kemp in der Zusammenarbeit mit anderen Abgeordneten im digitalen Bereich gesetzt zu haben, als es um das EU-Gesetz zu den digitalen Diensten (auf Englisch: Digital Service Act, DSA) ging. Ihr ging es dabei insbesondere um den Schutz von jungen Menschen, die vor für sie ungeeigneten Inhalten wie Gewalt oder sexueller Natur, bewahrt werden müssten „Es ist enorm wichtig, dies als ersten Schritt zu sehen“, so die EU-Parlamentarierin, die jedoch betont, dass das Internet „weiterhin offen und frei“ bleiben soll. Dennoch wolle sie in der nächsten Legislaturperiode am Thema dran bleiben, unter anderem auch um die Schaffung von Anlaufstellen für Jugendliche zu fördern, die mit für sie ungeeigneten Inhalten im Internet in Kontakt waren und dies als eine psychische Last empfinden.

Auch wenn es nicht zu ihrem Themenbereich gehört und es in den vergangenen sechs Monaten noch nicht so viele Möglichkeiten gegeben habe, sich damit zu befassen, hatte Kemp dennoch ein Auge auf den Transportthemen. Etwa als es um den Bericht der luxemburgischen Grünen-Abgeordnete Tilly Metz über die effizientere Nutzung des europäischen Eisenbahnnetzes ging. „Beim Schienenverkehr merkt man, dass es immer noch Grenzen in Europa gibt“, stellt die EVP-Abgeordnete fest. Die aufzulösen, sei ein „ganz langwieriger Prozess“. Doch auch die Diskussionen über den geeigneten Energiemix in der Mobilität – Elektrisch und E-Fuels – verfolgt sie mit Interesse, wobei sie die Verbrenner noch nicht ganz abschreiben will. Immerhin hat sich ihre EVP-Fraktion gegen ein Verbrennerverbot ab dem Jahr 2035 ausgesprochen.

Junge Menschen mehr ansprechen

Beibehalten wolle sie im Falle einer Wiederwahl ihre stellvertretende Mitgliedschaft im Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittel, erklärt Martine Kemp weiter. „Das sind Themen, die mir zusagen und in denen ich mich weiterbilden will.“ Auch wenn die Gesundheitspolitik nicht zu den Kompetenzen der EU zähle, habe die Pandemie gezeigt, dass im Bereich der Herstellung von Arzneimittel „gemeinsame Wege“ aus der Abhängigkeit von großen Herstellern in Drittstaaten gefunden werden müssten, findet die EP-Abgeordnete. „Wir sollten uns nicht abkapseln“, meint sie, aber dennoch wieder vermehrt auf eigene Forschung und Ressourcen setzen.

Die vergangenen sechs Monate hätten ihr ebenfalls „gezeigt, warum es so kompliziert ist, zu 27 Kompromisse zu finden“, bemerkt Kemp weiter. Man kenne die direkten Nachbarn, vergesse aber, dass es so viele Länder mehr in der EU gebe, mit ihrer eigenen Geschichte. Und anderen Sorgen, wie eben die EU-Nachbarn der Ukraine, die sich vielmehr um ihre Sicherheit sorgten als um ein Label auf Lebensmitteln, gibt die EVP-Politikerin als Beispiel an.

Sie habe aber auch gemerkt, dass die Politik die jungen Menschen mehr in den Fokus rücken müsse. Für diese sei „der Nutzen der EU nicht mehr so offensichtlich“, habe sie festgestellt. Zugleich glaubt sie, dass sich die jungen Leute im Internet zu einseitig informieren. Sie wolle, dass die EU daher mehr in den Schulen thematisiert wird.

Für Kemp ist es „wichtig, dass man Leidenschaft für ein Thema hat, für das man sich engagiert“. Bei ihr sind das der Transport- und Verkehrsthemen. Da sei sie auch offen für Anregungen von außen und sieht sich als Anlaufstelle für andere Interessierte und Akteure in diesem Bereich. Denn: „Ich mache Politik nicht für mich selbst“, so die EU-Parlamentarierin.