Neues Leben im Schloss SchengenLuxusherberge und Gastronomietempel geplant

Neues Leben im Schloss Schengen / Luxusherberge und Gastronomietempel geplant
Schloss Schengen: Seit sechs Jahren steht es leer. Jetzt will Unternehmer Guy Rollinger wieder ein Hotel daraus machen. Bürgermeister Michel Gloden spricht von einer Aufwertung und Belebung des Tourismus.  Foto: Editpress/Claude Lenert

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Schloss Schengen steht für bewegte Geschichte in einer geschichtsträchtigen Ecke des Landes. Doch seit sechs Jahren herrscht Flaute. Nun hat Guy Rollinger das Anwesen gekauft und will es wieder zu einem gediegenen Hotel-Restaurant machen. Unterstützung bekommt der Unternehmer dabei auch von Schengens Bürgermeister Michel Gloden. Der spricht von Aufwertung für den weltberühmten Moselort.

Besucher zeigen sich enttäuscht. Aus allen Himmelsrichtungen streben sie in das weltberühmte Moseldorf Schengen und dann dürfen sie weder Schloss noch den von Victor Hugo gemalten Rundturm besichtigen. Seit nunmehr sechs Jahren herrscht auf dem stattlichen Anwesen tote Hose. Doch mit dem Still- und Leerstand könnte es bald vorbei sein. Unternehmer Guy Rollinger hat es vor einigen Monaten gekauft und im weitläufigen Park bereits mit den Aufräumarbeiten begonnen.

Rollinger und seine Leute haben konkrete Vorstellungen. Ein Hotel soll es werden. „Mit viel Ausblick auf die Mosel!“ Mit fünf oder mindestens vier Sternen, einem Wellnessbereich, mehreren Restaurants, einem Geschäft mit regionalen Produkten sowie einer Tiefgarage unter dem Park des Schlosses. „Wir haben große Pläne, aber letztendlich entscheiden nicht wir, sondern vor allem die Gemeindeverwaltung sowie der zukünftige Mieter. Wir richten uns nach deren Wünschen und Einwänden“, so der Unternehmer. Auch einige Architekten haben sich bereits Gedanken darüber gemacht, wie sich alles harmonisch ins Dorfbild einfügen könnte. „Glas dürfte bei den Neukonstruktionen dominieren“, so Rollinger.

Einstimmigkeit im Rathaus

Im Rathaus von Schengen seien alle ganz begeistert von der Idee, so Bürgermeister Michel Gloden: „Wir sind sehr aktiv im Tourismus, wir haben viele Winzerbetriebe und schöne Wanderwege, aber wir haben kaum Einkehrmöglichkeiten in der Nähe. Ein Hotel kommt da mehr als gelegen und Schloss Schengen ist natürlich der ideale Ort dafür.“

Drei Damen, Vertreterinnen einer Hotelkette, haben sich am vergangenen Donnerstag ganz genau vor Ort umgesehen. „Die waren sehr angetan“, sagt Hauswart Carlo. Einen Namen nennt er nicht. Unseren Informationen zufolge sind die Damen nicht die einzigen, die Interesse zeigen. Auch „Accor“ aus Frankreich und ein Unternehmen, das vor allem in Deutschland Luxushotels betreibt, hätten sich informiert. Bis Mitte nächsten Jahres will Rollinger einen Mieter gefunden haben, sagt er.

Die Anlage mit Herrenhaus, Rundturm und Nebengebäuden beeindruckt auf den ersten Blick. Das Innere hält, was das Äußere verspricht. Für ein Gebäude, das jetzt seit rund sechs Jahren leersteht, ist es in einem erstaunlich guten Zustand. Das gilt für den Dachboden, die Keller, das imposante Treppenhaus und für den großen Speise- und Ballsaal des ehemaligen Romantik-Hotels „Am Schlass“. Es sieht so aus, als bräuchten nur die Tische gedeckt zu werden, um mit dem Bankett zu beginnen. Die Heizung läuft, die Fensterscheiben sind intakt, keine Feuchtigkeit und kaum Staub. Das gilt auch für die anderen Räume.

Schwimmbad im Kloster

Es bedarf nur wenig Fantasie, um sich die Zukunft der Anlage auszumalen. Diese Zukunft, betonen Unternehmer Guy Rollinger wie Schengens Bürgermeister gleichermaßen, ist auch der reichen Vergangenheit verpflichtet: „Wir befinden uns auf geschichtsträchtigem Boden“, so Michel Gloden. „Hier kommt vieles zusammen, was wir noch stärker in den Vordergrund rücken möchten. Schengen steht ja nicht nur für das hier unterzeichnete Abkommen, sondern auch für das Dreiländereck an der Mosel, das bereits von den Römern und dem Weinbau geprägt wurde. Dann haben wir das Schloss, das von einer einflussreichen Industriellenfamilie gebaut wurde. Diese und andere geschichtlichen Aspekte machen aus dieser Ecke des Landes eine Vorzeigegegend mit viel Potenzial.“

Wenn Schloss Schengen wieder zur gediegenen Adresse an der Mosel wird, fehlt es wahrlich nicht an Geschichten. Die kann man sich bei Tee oder Moselwein dann im historischen Weinkeller, an einem der Kamine des Hauses oder im Garten erzählen. Mit Blick zum Beispiel auf den gewaltigen Rundturm, welcher schon den französischen Schriftsteller Victor Hugo begeistert hat und das einzige gut sichtbare Überbleibsel der ersten Burg aus dem 14. Jahrhundert ist.

Der Rest der Anlage wurde 1812 von der Familie Collart dem Erdboden gleichgemacht. Aus den alten Steinen bauten sie das heutige Schloss. Es blieb in Familienbesitz, bis es 1939 vom Orden der Schwestern der hl. Elisabeth gekauft und zum Kloster St Michel umfunktioniert wurde. Später war es auch ein Ferien- und Bildungshaus für Schwestern des Ordens und zeitweise waren auch Waisenkinder dort untergebracht. Die hatten sogar ein Schwimmbad, worauf die anderen Kinder aus dem Dorf ziemlich neidisch waren, wie sich eine Frau aus Schengen erinnert. Das Schwimmbad befand sich übrigens dort, wo jetzt das Europamuseum ist sowie das Bistro namens „An der aler Schwemm“.

Hotel und Schule

2009 wurde das Kloster aufgelöst. Die Gebäude wurden an die Goeres-Gruppe vermietet, die daraus das Hotel und Restaurant „Am Schlass“ machten. Im September 2014 war Schluss. Die Schwestern wollten unbedingt verkaufen, der Hotelier aber offensichtlich nicht kaufen. Erworben wurde das Anwesen schließlich 2016 von der Regus-Gruppe. Das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg wollte ein Business-Center im und ums Schloss einrichten sowie ein Ausbildungszentrum für seine Angestellten. Aus den Plänen ist nie etwas geworden. Weil die Ausbaumöglichkeiten zu gering gewesen seien, heißt es, und weil die Ausmaße des Projektes der Gemeindeverwaltung scheinbar nicht gefallen hätten.

Im Oktober 2018, vor den letzten Parlamentswahlen, kam Hoffnung auf eine zukünftig wieder sinnvolle Nutzung des Schlosses auf. Die damaligen LSAP-Regierungsmitglieder, Minister Nicolas Schmit und Staatssekretärin Francine Closener, hatten auf einer Pressekonferenz „ihr“ Konzept einer Hotelschule vorgestellt. Diese sollte nach französischem Vorbild als eine Art „Ecole de la deuxième chance“ Arbeitslose und andere zu Hotel- und Gastronomiefachkräften ausbilden. Leider ist auch daraus nichts geworden. Wobei, ganz vom Tisch scheint diese Idee auch beim neuen Projekt nicht zu sein, wie Unternehmer Rollinger durchblicken lässt

Bürgermeister Michel Gloden hofft, dass der neue Anlauf nun endlich ans Ziel führt und das Schloss belebt wird: „Ein leerstehendes Schloss ist keine gute Visitenkarte für einen Ort, dessen Namen jeder kennt.“ Gloden und Rollinger bestätigen jedenfalls, dass sie bereits seit geraumer Zeit in engerem Kontakt stünden, um alle Möglichkeiten auszuloten, und dass sie gewillt seien, Nägel mit Köpfen zu machen. Auch die nationale Denkmalschutzbehörde sei eingeschaltet und habe sich noch am vergangenen Freitag gemeinsam mit dem „Centre national de recherche archéologique“ vor Ort umgesehen.

Teilabriss

Sicher ist, dass das Hauptgebäude mit der danebenliegenden Orangerie und der Rundturm sowie das frühere Pfarrhaus und ein Eckgebäude mit einem kleineren Turm erhalten bleiben und in das neue Projekt integriert werden. Der Flügel, der auf den Fundamenten der ehemaligen Stallungen errichtet wurde, wird vermutlich durch ein neues Gebäude ersetzt. In den Räumen, in denen zuerst die Nonnen und später das Hotel Zimmer eingerichtet haben, ist auf Anhieb nichts zu erkennen, was als erhaltenswert klassiert werden müsste. Außerdem dringt Feuchtigkeit ein.

Sicher ist auch, dass die Gemeindeverwaltung ein waches Auge auf die Entwicklung hält. Wohl solle schnell etwas passieren, aber: „Die Umbauten sollen sich in verträglichen Maßen halten. Es geht jetzt nicht darum, hier in unserem kleinen Dorf ein riesiges Bauvorhaben mit zum Beispiel neuen Wohnungen zu verwirklichen. Das würde nicht hierher passen“, sagt Michel Gloden, der sich verabschiedet und zum nächsten Termin muss. Offensichtlich tut sich was in Schengen. 

Heimkehr der Marie-Astrid

Unseren Informationen zufolge ist die Zukunft des Schlosses nicht das einzige, mit dem sich der umtriebige Bürgermeister von Schengen derzeit beschäftigen muss. In den Gassen des Moseldorfes hört man zum Beispiel, dass das Europamuseum aufgefrischt werden soll. Dann geht die Rede von einer Heimkehr jener „Marie-Astrid“, auf der im Jahr 1985 das erste der Schengener Abkommen unterschrieben und damit das grenzenlose Europa in die Wege geleitet wurde. Das damalige Moselschiff existiert nämlich noch. Als „MS Regensburg“ der Klinger-Flotte tuckert es in bestem Zustand über die Donau.

Victor Hugo in Schengen

1871 lädt die Familie Collart den damals 69-jährigen Victor Hugo nach Schengen ins Schloss ein. „J’hésite un peu“ schreibt der französische Schriftsteller in sein Reisetagebuch. Am 13. September kehrt er ein. Er scheint nicht nur von Frau Collart  angetan zu sein, „une jeune mère fort belle“, sondern auch vom massiven Rundturm, von dem er mindestens zwei Zeichnungen anfertigt. Jene, die er Frau Collart schenkt, befindet sich heute im Nationalmuseum für Geschichte und Kunst. Eine andere ist in Paris im Victor-Hugo-Museum am Place des Vosges. 

de Schéifermisch
12. Dezember 2020 - 18.09

Das durch den nach ihm benannten Vertrag, europaweit bekannte Schengen, braucht unbedingt ein Nobelhotel für gut betuchte Gäste aus dem Dreiländereck. Schliesslich sind wir ja wer ," krenondikass!"

Jeanchen
8. Dezember 2020 - 13.44

Hoffentlich wird dies nicht wieder ein Riesenflopp, wäre wünschenwert dass dieses Projekt im Dreiländereck einen Beitrag zum Tourismus bringen würde. So uninterresant ist diese Moselecke auch wieder nicht, auch grenzüberschreitend gibt es viele Möglichkeiten und Sehenwürdigkeiten. Viel Glück.