STR, short-term rentals, heißen, im Jargon, Wohnungen oder auch Zimmer, die über Internetplattformen wie Airbnb angeboten werden und, in der Regel, deutlich billiger sind als vergleichbare Hotelübernachtungen. Oftmals handelt es sich dabei um Zimmer in einer Privatwohnung, die vorübergehend an auswärtige Gäste vermietet werden, doch der Trend geht eindeutig in Richtung einer Professionalisierung. So stellte der französische Privatsender BFMTV bereits 2020 fest, dass zwar die überwiegende Mehrheit der „hosts“, die Unterkünfte über Airbnb anbieten, Privatpersonen seien, die Zahl derer, die mehr als eine Unterkunft anbieten, jedoch stetig steigt. Sie kommen auf den Geschmack.
Zum Beispiel Robert, ein Informatiker, der zunächst nur einen Teil seiner geräumigen Zweizimmerwohnung in einem Vorort der Hauptstadt an „Bekannte“ vermietete, bis er dann beschloss, sich auf seinen Altenteil zurückzuziehen, um sich ganz seiner Leidenschaft, dem Weinbau, zu widmen. Seine Wohnung bietet er nun, für ca. 100 Euro pro Nacht, auf Abritel an, was, bei dieser Location, ein wahres Schnäppchen ist: Das günstigste Hotel in der Umgebung kostet mehr als das Doppelte.
Anstieg der Mieten
Es ist aber nicht allein die Konkurrenz zu Hotels, die immer mehr Städte dazu treibt, die Aktivitäten von Airbnb, welches nur eine von vielen Internetplattformen ist, die Übernachtungsangebote vermitteln, einzuschränken. Mehrere Studien haben einen Zusammenhang zwischen der Ausbreitung von Kurzzeitvermietungen und dem Anstieg der Mieten nachgewiesen. So kam eine Untersuchung des Statistischen Amts der Region Brüssel, IBSA, zum Ergebnis, dass Kurzzeitvermietungen über Onlinedienste wie Airbnb dem Brüsseler Wohnungsmarkt, über einen Zeitraum von fünf Jahren, circa 2.400 Wohnungen entzogen haben, was 0,7 Prozent des privaten Mietwohnungsmarkts entspricht. Besonders in den zentralen Stadtteilen Brüssels mit einem hohen Anteil an Mietwohnungen seien die Auswirkungen erheblich: Die Zunahme der Kurzzeitvermietungen führe zu einer Verknappung des Angebots an Mietwohnungen und steigere gleichzeitig die Erträgniserwartungen der EigentümerInnen, so die Studie.
Wie verhält es sich mit den Aktivitäten von Airbnb und anderen Internetplattformen, die es privaten Anbietern ermöglichen, ihre Zimmer oder sogar ganze Wohnungen zur Kurzzeitvermietung anzubieten, in Luxemburg? „Wir haben keine Zahlen“, erklärte Wirtschaftsminister Lex Delles im Juli vergangenen Jahres in der Chamber. Damals ging es um eine Reform des Niederlassungsrechts, mit der auch ein rechtlicher Rahmen für professionelle AnbieterInnen von Ferienwohnungen geschaffen werden sollte. Damit erhalte man, so der Minister, nicht nur eine Kontrolle über diese Tätigkeit, sondern auch Zahlen.
Lage in Luxemburg
Zahlen liefern Unternehmen wie AirDNA und Airbtics, die sich auf das Sammeln und Auswerten von Daten über Kurzzeitvermietungen über Airbnb spezialisiert haben, um sie potenziellen InvestorInnen anzubieten. Im September ermittelte AirDNA 1.727 verfügbare Einträge, sogenannte Listings, für ganz Luxemburg. Dabei zeichnet sich eine räumliche Konzentration auf Luxemburg-Stadt, und hier insbesondere auf innenstadtnahe Stadteile und das Bahnhofsviertel ab, sowie den Speckgürtel um die Hauptstadt. Klassische Ferienregionen wie das Müllerthal, die Mosel oder das Ösling sind wenig vertreten, der „wilde“ Westen überhaupt nicht. Für Luxemburg-Stadt errechnet das Marktforschungsinstitut Airbtics eine Belegungsrate von 72 Prozent aus, welches ein Mittelwert ist, und ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 30.000 Euro. AirDNA ist deutlich konservativer und verspricht ein durchschnittliches Jahreseinkommen von knapp 13.000 Euro, bei einer Belegungsrate von 59 Prozent.
Bezeichnend ist, dass grade in der Hauptstadt überwiegend ganze Wohnungen vermietet werden, wobei es sich hierbei, in der Regel, um Einzimmerwohnungen oder Studios handelt. Diese Tatsache ist umso interessanter, da die Auswirkungen auf den Mietwohnungsmarkt sehr wesentlich davon abhängen, ob Wohnungen als Ganzes oder nur teilvermietet werden und ob sie ganzjährig oder nur zeitweilig vermietet werden.
Seit 2018 erfasst Eurostat Kurzzeitvermietungen über Internetplattformen. Grundlage hierfür ist ein Abkommen zwischen der EU-Kommission und den vier großen Playern, zu denen neben Airbnb auch Booking, Expedia und Tripadvisor gehören, und Eurostat Zugang zu den Daten über die Anzahl der Gäste und der Übernachtungen sichert. Hier zeigt sich, dass die Zahl der Übernachtungen, die über diese vier Plattformen gebucht wurden, auch in Luxemburg stetig wächst: Seit 2018 hat sie sich mehr als verdoppelt. Parallel dazu hat sich die Zahl der Übernachtungen in Wohnungen, die als Ganzes vermietet werden, mehr als verdoppelt, was auf eine Professionalisierung des Sektors hindeutet. Rechnet man die Zahl der Übernachtungen im vergangenen Jahr in Tage um, so ergibt sich, dass ca. 1.100 Wohnungen, die auch anders, d.h., auf Dauer, hätten vermietet werden können, dem Markt entzogen wurden.
Zum Vergleich: Auf dem Internetportal athome.lu findet man derzeit ca. 1.500 Angebote für Mietwohnungen und Häuser. Die Auswirkungen von Kurzzeitvermietungen auf den ohnehin angespannten Mietwohnungsmarkt sind also gewaltig. Trägt man der lokalen und regionalen Konzentration der short-term rentals Rechnung, könnte es bald zu einer ähnlichen Situation kommen wie im Ausland, wo sich short-term rentals z.T. krakenartig ausbreiten und ganze Stadtteile vereinnahmen.
Obwohl das Thema Airbnb, wobei Airbnb stellvertretend für ähnliche Onlinedienste steht, immer wieder Eingang auf die politische Tagesordnung findet, und der Horeca-Verband nicht müde wird, darauf hinzuweisen, dass diese Art von Kurzzeitvermietungen, insbesondere, wenn es sich um eine reguläre Tätigkeit handelt, eine unlautere Konkurrenz zu dem Gaststättengewerbe darstellen, wurde bisher verpasst, diese Aktivität zu reglementieren. Bezeichnend hierfür ist eine Debatte, die im April vergangenen Jahres im Gemeinderat der Stadt Luxemburg stattfand, wo VertreterInnen von „déi Lénk“ eine Motion eingereicht hatten mit eben diesem Ziel. Nachdem man sich offensichtlich bereits in einer Ausschusssitzung darüber einig geworden war, dass die Befürchtungen von „déi Lénk“, wonach die Ausbreitung von Kurzzeitvermietungen die Lage auf dem Wohnungsmarkt noch verschärfen könnte und zu einem Verlust an Lebensqualität der AnwohnerInnen beitragen könnte, beschloss man, die Reform des Niederlassungsrechts abzuwarten. Dabei hatte Stadtrat Tom Krieps ausführlich dargelegt, dass die Stadt, u.a. mit dem Gesetz über das Gaststättengewerbe, bereits jetzt eine Handhabe gegenüber von VermieterInnen von Gästezimmern habe.
Europäische Richtlinie
So wie die Stadt Luxemburg auf ein nationales Gesetz wartet, so wartet die Regierung auf Brüssel. „Es ist eine europäische Richtlinie unterwegs, mit der jede Wohnung eine Registrierungsnummer erhält“, erklärte Wirtschaftsminister Delles im Parlament, wobei er jedoch hinzufügte, dass man jedoch nicht auf diese Verordnung warten wolle.
Die Reform des Niederlassungsrechts wurde im Juli vergangenen Jahres verabschiedet und trat im September in Kraft. Im März dieses Jahres berichtete RTL, unter Bezugnahme auf Gilles Scholtus vom Mittelstandsministerium, dass sich die Zahl der Personen für den obligatorischen Kurs für professionelle GastgeberInnen verdoppelt habe. Kontrollen gebe es jedoch noch keine, weil eine entsprechende EU-Verordnung noch in Vorbereitung sei. In Zukunft bräuchte dann jeder, der eine Wohnung über Internetplattformen anbiete, eine Registrierungsnummer, die das Ministerium vergebe. Damit erhalte man dann auch Zahlen, so Scholtus.
Im Mai 2024 trat die Verordnung (EU) 2024/1028 „über die Erhebung und den Austausch von Daten im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften“, die Transparenz in die Vermietung über Onlineanbieter bringen soll, in Kraft. Allerdings haben die europäischen Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um sie umzusetzen. Solange dies nicht geschehen sei, könne Airbnb auch keine Daten übermitteln. Das Unternehmen sei nämlich an der amerikanischen Börse notiert und daher an amerikanische Datenschutzbestimmungen gebunden, lies das Unternehmen mit Sitz in San Francisco gegenüber dem Tageblatt verlauten.
Guess what! Das Besondere an der Digital Economy ist, dass sie zu einer Verschiebung von Raum und Zeit führt und Entwicklungen, die sowieso schon im Gange sind, potenziert. Airbnb und andere werden weiter zulegen, auch in Luxemburg. Gleichzeitig zeichnet sich ein neuer Trend ab, der noch weitaus drastischere Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben könnte als die Ausbreitung von Airbnbs: die Vereinnahmung ganzer Gebäude und ihre Vermietung auf Zeit. Auch wenn es sich beim Coliving nicht mehr nur um Tage oder Wochen, sondern vielmehr um Monate handelt, ist der Effekt derselbe: Die Rendite der Objekte steigt und mit ihr auch die Gefahr, dass ärmere Bevölkerungsschichten nach und nach aus den Vierteln verdrängt werden.
* Sämtliche Namen von der Redaktion geändert.
De Maart
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