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WohnungsmangelLuxemburg exportiert seine Probleme: Großregion spürt die Folgen des Wachstums

Wohnungsmangel / Luxemburg exportiert seine Probleme: Großregion spürt die Folgen des Wachstums
Die Autoren der einzelnen Untersuchungen stellen ihre Beiträge vor Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Der seit Jahren andauernde Notstand auf dem Luxemburger Immobilienmarkt hat immer deutlichere Folgen in den angrenzenden Regionen der Nachbarländer. Das geht aus einer neuen Veröffentlichung des Liser hervor.

Die Problematik im Bereich des Wohnens könne man nur verstehen, wenn man das Thema grenzübergreifend angeht, unterstreicht Antoine Paccoud, Forscher beim „Luxembourg Institute of Socio-Economic Research“ (Liser) und Koordinator der achten „Cahiers de la Grande Région“. Nachdem man sich in den sieben vorherigen Ausgaben mit Themen wie dem grenzüberschreitenden Handel, dem Tourismus in der Großregion oder dem grenzübergreifenden Home-Office beschäftigt hat, war nun der Wohnungsmarkt an der Reihe.

Das alles nur aus dem Blick eines Landes zu beleuchten, reiche nicht aus, sagt Paccoud weiter. Das Thema müsse systematischer angegangen werden. Das nun am Mittwoch in Esch-Belval vorgestellte Heft sei nur ein erster Schritt. Insgesamt sieben Forscher aus Luxemburg, Belgien, Deutschland und Frankreich haben Beiträge zum Thema verfasst.

Die Lage hierzulande ist bekannt: Seit der Finanzkrise im Jahr 2008 bis 2022 sind die Preise für Wohnungen Jahr für Jahr immer schneller gestiegen. Hintergrund war vor allem der strukturelle Mangel an gebauten Wohnungen: Die Beschäftigung ist jedes Jahr schneller gewachsen als die Zahl der neuen Häuser und Apartments.

Julien Licheron (Liser) hebt hervor, dass es hierzulande zwar Bauland für rund 100.000 Wohnungen gebe, dieses aber größtenteils privaten Besitzern gehöre, für die es keine Anreize gibt, um nicht darauf sitzen zu bleiben und auf Wertsteigerungen zu hoffen. Trotz der aktuellen Krise und der rezenten Preisrückgänge seien die Preise zwischen 2010 und heute jedes Jahr im Schnitt um fünf Prozent gestiegen, sagt er weiter. Diese hohen Preissteigerungen und der Mangel an Wohnungen bewirken derweil, dass Luxemburg die Probleme seines Wohnungsmarktes ins benachbarte Ausland verschiebt.

Dabei seien die Wohnungsmärkte in den betroffenen Ländern sehr heterogen, hebt Magdalena Gorczynska-Angiulli (Liser) hervor. Nicht nur die Preisniveaus (der Quadratmeter kostet mehr als dreimal so viel in Luxemburg wie in Belgien) unterscheiden sich. Beispielsweise stehen Appartementwohnungen in Luxemburg für mehr als 60 Prozent der Verkäufe – in den angrenzenden Regionen in Belgien, Deutschland und Frankreich werden jedoch mehrheitlich (mehr als 60 Prozent) Häuser verkauft. Was die Flächen anbelangt, so seien die verkauften Wohnungen in der Lorraine im Schnitt deutlich kleiner als beispielsweise in Belgien.

„Entkoppelte Realitäten“

Luxemburg und Nord-Lothringen „sind zwar zwei Territorien, aber nur eine Metropole“, hebt Michaël Vollot von der Vereinigung Agape, die Gemeinden der Region in Sachen Stadt- und Ortsplanung berät, hervor. „Man kann die Entwicklungen in Nord-Lothringen nicht verstehen, ohne einen Blick auf Luxemburg zu werfen – aber auch umgekehrt.“ Es sei ein Zusammenspiel von gegenseitigen Abhängigkeiten.

Die neuen Einwohner der Region kommen zunehmend aus dem Ausland, sagt er weiter. Rund 14 Prozent der Häuser würden mittlerweile von Einwohnern Deutschlands, Luxemburgs oder Belgiens gekauft. Näher an der Grenze seien es sogar 40 Prozent. „Die Quote hat sich innerhalb von 15 Jahren verdoppelt.“ Das führe dann zu Preissteigerungen, und viele Alteingesessene können sich keine Häuser mehr leisten. „Die Entwicklung führt zu mehr und mehr Spannungen.“ Nicht hilfreich sei auch die förmliche „Explosion“ an geparkten Autos und Firmenwagen in Straßen, die dafür nicht gebaut wurden. Auch die lokale Infrastruktur, sei es für Wasserversorgung, Abfallentsorgung oder Schulen, stehe unter wachsendem Druck.

In Luxemburg seien Beschäftigung und Wohnen „entkoppelte Realitäten“, so Michaël Vollot weiter. Luxemburg sei abhängig von den Nachbarländern, um seine Beschäftigten zu logieren. Er fragt sich, wie es weitergehen wird: Wenn Luxemburg weiter so wachsen will wie geplant, „wie viele Grenzgänger wird die Region verkraften?“ Rechne man die Prognosen des Statec bis 2060 auf die eigene Lage um, dann müsse man doppelt so viele Wohnungen bauen wie zurzeit. „Die lokale Bevölkerung ist nicht unbedingt erfreut über diese Perspektive.“

Auch die sozialen Ungleichheiten steigen, wie Madalina Mezaros (Liser) hervorhebt. Wegen der steigenden Mieten würde es immer mehr Fälle geben, wo einzelne Zimmer vermietet werden. Beispielsweise müssten sich dann acht Mieter ein Klo und eine Küche teilen. So etwas habe es vor Jahren in der Region noch nicht gegeben.

In Belgien hat man derweil mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen. Die neuen Zuwanderer in den Grenzregionen kommen (dem Gewicht nach) aus Portugal, Frankreich, Rumänien, der Ukraine und Luxemburg, so Jean-Marc Lambotte von der Université de Liège. Zwar habe man Bauland im Überfluss, doch bedingt durch die höheren Preise würden eine ganze Reihe Menschen die Grenzregion verlassen und in  weiter entfernte Orte ziehen. Daraus ergebe sich dann, dass die Menschen immer weiter von ihren Jobs wie auch von den in den Städten verfügbaren Dienstleistungen entfernt leben, warnt er. „Die Abhängigkeit vom Privatauto steigt.“

Grober J-P.
5. Dezember 2024 - 21.51

Es wird schon so kommen, Luxemburg nicht meht Gibraltar des Norden sondern Monte Carlo. Prinz Albert hat sich schon ein Grundstück in Colmar Berg angesehen. Die Geissens wollen wieder unter der luxemburgischen Fahne in Wasser Billig ankern! Und jeder Prominente kriegt von Léon eine Polizeieinheit kostenlos zugeteilt.

Wieso krieg ich ein Häuschen (clé en mains) kurz hinter Amnéville zum halben Preis gebaut, im Vergleich zu uns hier? Arbeiten die hiesigen Maurer mit Spezialkellen?
Sagte nicht der Ralf aus Perl, wir haben bereits über 3000 Luxemburger bei uns in der Gemeinde, meinte er wohnen?

Mutti hatte es geahnt, ist schon gut, dass ich bald abtrete, will die Misere nicht mehr mit ansehen.

JJ
5. Dezember 2024 - 12.19

Nicht auszudenken wenn alles zubetoniert ist und das AAA-Modell Luxemburg bricht zusammen.
Wird es gehen wie in den USA? Häuser billig zu verkaufen und niemand will sie haben weil es keine Arbeit gibt. Die 2700 Km2 sind bald aufgebraucht und der Verkehrskollaps ist heuer schon in Reichweite.

de Hude Bux
5. Dezember 2024 - 9.27

Luxemburg hätte es in der Hand, alle unbebauten Baugrundstücke mit einer saftigen Spekulationssteuer zu belegen und mit den Einnahmen den umliegenden Gemeinden in Belgien, Frankreich und Deutschland die dringend benötigte Infrastruktur zu finanzieren, um den hier steuerpflichtigen Grenzgängern Schulen und Kindergärten am Wohnort zu bieten.