Forum#Luc und die fünf Märchen

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 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Am vergangenen Donnerstag wurden die ersten Grundzüge des Koalitionsprogramms nach dessen Unterzeichnung vorgestellt. Der „Formateur“ konnte den Vertretern der Presse jedoch nur begrenzte Einblicke gewähren. Details müssten erst bei der Ausarbeitung der verschiedenen Gesetzestexte erörtert werden. Denn: Das Koalitionsprogramm habe nicht den Zweck, konkrete politische Handlungen für die Zukunft festzulegen.

Am Freitagmorgen wurde das Koalitionsabkommen gegen den Willen der neuen Regierungsmannschaft geleakt. Die ersten Eckpunkte lassen bereits tief blicken. Luxemburg wird in alte Muster zurückfallen, Muster, die viele der heutigen Probleme verursacht haben. Luc Frieden wiederholte mehrmals das Märchen vom Trickle-down-Effekt. Wirtschaftliche Aktivität solle neue Steuereinnahmen generieren. Wenn es einigen sehr gut gehe, werde es bald auch allen besser gehen. Ein Märchen, das nicht nur für die Mehrheit der aktuellen Krisen, sondern auch für die steigenden Ungleichheiten verantwortlich gemacht werden kann.

Wohnungsbau

Das gerade erst abgeschaffte steuerliche Instrument des „Amortissement accéléré“ wird wieder eingeführt. Weder CSV noch DP, die beiden Regierungsparteien, hatten diese Maßnahme in ihren Wahlprogrammen gefordert – die privaten Immobilienentwickler, -makler und -investoren aber schon. Dieser Steueranreiz soll angeblich die Aktivität auf dem Wohnungsmarkt fördern. In den letzten Jahren führte ähnliche Aktivität jedoch dazu, dass Personen mit großem Kapital zahlreiche Wohnungen aufkaufen konnten, während die Preise weiter in die Höhe schossen. Menschen ohne derartiges Startkapital gingen leer aus. Ob nun davon ausgegangen werden kann, dass diese Steueranreize dazu führen, dass Menschen ohne Kapital aufgrund von Investitionsanreizen für Großverdiener als Gewinner auf dem Wohnungsmarkt hervorgehen, bleibt abzuwarten. Steuern beim Verkauf von Immobilien werden gesenkt, während Mieter im Regen stehen gelassen werden. Für sie sind keine weiteren Maßnahmen im Koalitionsprogramm vorgesehen. Nur Käufer von Immobilien profitieren von zusätzlichen steuerlichen Anreizen. Ein zukunftsweisender Plan für das Wohnen sieht anders aus.

Steuern

„Méi netto vum Brutto“ war das Motto der CSV und ihres Spitzenkandidaten im Wahlkampf. Das Ergebnis: Die Anpassung der Steuertabelle an die Inflation wird um ganze anderthalb Indextranchen erhöht. Aus den ursprünglich vorgesehenen zweieinhalb Indextranchen der letzten Regierung werden nun vier. Diese Maßnahme mag zwar die Kaufkraft des Einzelnen erhöhen, ist jedoch sozial nicht gestaffelt. Ein Großverdiener profitiert mehr davon als ein Mindestlohnempfänger. Eine umfassende Steuerreform scheint nicht in Sicht. Neben der Anpassung der Steuertabelle an die Inflation sind keine Steuervergünstigungen vorgesehen, zumindest nicht für Privatpersonen. Betriebssteuern sollen jedoch an das Niveau der OECD angepasst werden. Steuergeschenke gibt es also nur für Reiche und mächtige Konzerne.

Der Mindestlohn

Aussagen über den Mindestlohn gab es keine. Verkündet wurde nur, dass der Mindestlohn nicht weiter erhöht werden und der „Revenu d’inclusion sociale“ (Revis) weiterhin unter dem Mindestlohn liegen soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass es weiterhin attraktiv bleibt, einer Arbeit nachzugehen. Die Annahme, dass Menschen bei zu hoher Grundsicherung den ganzen Tag nur zu Hause sitzen, zeigt die Distanz der künftigen Regierungsvertreter*innen zu den täglichen Problemen aller hart arbeitenden Menschen im Land. Ein Fünftel aller Arbeitenden sind vom Armutsrisiko betroffen. Der Staat hat die Aufgabe, allen Menschen ein würdiges Leben zu garantieren. Hierfür sind Instrumente wie der Revis und weiterhin starke Mindestlöhne erforderlich. Gerade sozial weniger gut gestellte Menschen leiden verstärkt unter Inflation und hohen Wohnungspreisen. Erfällt mehr als eine Indextranche im Jahr, so soll immer wieder eine Tripartite einberufen werden. Zitiert man Luc Frieden aus einem Interview aus dem März dieses Jahres: „Werden mehrere Indextranchen in einem Jahr fällig, muss man schauen, wie man die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe erhalten kann.“1) Die Prioritäten scheinen klar. Es sind nicht nur Betriebe, sondern vorrangig die vielen arbeitenden Menschen in Luxemburg, die an höheren Lebenshaltungskosten leiden. Keine rosigen Aussichten für den Index.

Klima- und Naturschutz

Es wurden keine konkreten Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakatastrophe und des Biodiversitätsverlustes vorgestellt. Lediglich eine „vernünftige“ Klimapolitik, insbesondere im Wohnungsbau, wurde vorgeschlagen. Ob die durchaus berechtigten Prozeduren wirklich für die hohen Preise und die schleppenden Fortschritte der Bauunternehmen verantwortlich sind, bleibt jedoch fraglich. Die Richtung der neuen Regierung scheint klar: Die Zukunft künftiger Generationen wird durch kurzfristige wirtschaftliche Maßnahmen und das (hoffentlich) damit einhergehende Wachstum belastet.

Zehn Jahre später

Wohnungsbau, Bildung, Digitalisierung und erneuerbare Energien – die Prioritäten der CSV im Wahlkampf waren klar. Nach rekordverdächtigen fünf Wochen Koalitionsverhandlungen bleibt jedoch festzuhalten, dass sich die CSV nicht an die schwierigen Themen herantraute. Wiseler, Gloden und Hansen wurden nicht müde, die vorige Regierung, und insbesondere die Gesundheitspolitik, zu kritisieren, trauten sich jedoch scheinbar nicht an dieses Dossier heran. All diese Dossiers sind nun bei der DP gelandet. Wer also in fünf Jahren als Sündenbock verkorkster Bildungs-, Wohnungsbau- oder Energiepolitik dastehen darf, scheint klar zu sein. Das hat jedoch wenig mit politischem Mut und dem Willen zu tun, wirklich etwas in diesem Land zu verändern. Fraglich, warum die DP bereit war, diese Aushandlung mit einzugehen. Die pure Lust, an der Macht zu bleiben?

1) https://www.wort.lu/politik/luc-frieden-gratis-politik-fuer-alle-ist-nicht-finanzierbar/1390382.html

Ujheen
22. November 2023 - 12.27

@ Max Molitor De Frust vun Äech an Äere Parteikollegen an Éieren, mais gitt Äech dach net déi Bléisst mat esou oarmséilege Bäiträg wéi deen heiten…Äer Parteikollegen hunn och net ëmmer alles gutt gemeet, dat ass leider esou an der Politik… Genéisst d‘Liewen a bleift monter.

den tutebatty
22. November 2023 - 9.20

Kurz und bündig auf den Nenner gebracht: Luc der Märchenonkel.