10. Dezember 2025 - 6.39 Uhr
Europäische UnionLieferkettengesetz wird abgeschwächt
Seit den beiden Berichten von Enrico Letta und Mario Draghi über den europäischen Binnenmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft versuchen die EU-Staaten unter anderem mit Bürokratieabbau und der Vereinfachung von Regeln, den Anschluss an die großen wirtschaftlichen Konkurrenten, USA und China, nicht zu verlieren. Sehr umstritten ist allerdings die Aufweichung von zwei Richtlinien, mit denen die soziale und umweltpolitische Rechenschaftspflicht von Unternehmen ausgeweitet werden sollte.
Eine der Richtlinien ist das sogenannte Lieferkettengesetz, das, noch bevor es in Kraft treten konnte, nun erst einmal verändert wurde. Nach der Einigung zwischen den Vertretern von EU-Rat und dem EP soll das Gesetz von den EU-Staaten erst bis Juli 2028 in nationales Recht umgesetzt und ein Jahr später angewandt werden. Gelten soll die Richtlinie für weitaus weniger Unternehmen als ursprünglich geplant. Diese sollten entlang ihrer gesamten Lieferkette nachweisen müssen, dass ihr Geschäftsgebaren etwa frei von Kinder- und Zwangsarbeit ist und Menschenrechts- und Umweltstandards eingehalten werden.
Während der Vorschlag zuerst vorsah, dass dies für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten mit einem jährlichen Umsatz von 450 Millionen Euro gelten sollte, wurde diese Schwelle nun auf 5.000 Beschäftigte und einen jährlichen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro angehoben. Zudem sollen die Unternehmen nicht mehr alle Geschäftspartner und -bereiche prüfen, sondern nur jene, von denen das größte Risiko ausgehen könnte. Bei Vergehen sollen die Unternehmen auch nicht mehr EU-weit, sondern nur mehr in einem Mitgliedstaat verantwortlich gemacht werden können. Dabei können maximale Strafen von drei Prozent des Jahresumsatzes verhängt werden.
Es sei „ein großer Tag für unsere Wettbewerbsfähigkeit“ sowie für die Unternehmen und Arbeitnehmer in Europa, sagte der dänische EU-Ratsvorsitzende und Industrieminister Morten Bodskov nach der Einigung. Europa stehe unter Druck, im Osten durch China, das staatliche Hilfen einsetzt, und vom Westen durch die USA, die neue Zölle eingeführt hätten. Es sei ihr Ziel gewesen, Europa in eine bessere Position zu bringen, so der Däne. Zudem meinte er, dass zu viele komplexe Regeln nicht mehr grüne Arbeitsplätze schaffen würden.
Nur mehr rund 1.500 Unternehmen betroffen
Der EVP-Europaabgeordnete und Berichterstatter Jörgen Warborn erklärte, dass es in der Geschichte der EU kein Dossier gebe, in dem mehr Kosten reduziert worden seien. Schätzungen der EU-Kommission zufolge würden 4,5 Milliarden Euro an Kosten, die sich aus der Berichtspflicht der Unternehmen ergeben hätten, eingespart, so Warborn. Seinen Angaben zufolge seien künftig nur mehr rund 1.500 Unternehmen in der EU von den Vorgaben des Lieferkettengesetzes betroffen.
Nach einer ersten Abstimmung im Oktober im EU-Parlament, wo trotz eines Kompromisses zwischen EVP, den Sozialdemokraten und Liberalen keine Mehrheit für eine Änderung des Lieferkettengesetzes zustande kam, wurde im November noch einmal abgestimmt. Dabei stimmten die Rechtaußen-Fraktionen für die von der EVP eingebrachten Änderungsvorschläge und machten damit den Weg für die Verhandlungen mit dem Rat frei. Vorher hatten sich die EU-Staaten bereits auf Drängen der europäischen Wirtschaft für eine Abschwächung des Lieferkettengesetzes ausgesprochen. Als nächsten Schritt müssen nun noch das EU-Parlament sowie der zuständige EU-Ministerrat zustimmen, was allerdings nur eine Formsache sein dürfte.
De Maart

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