Tageblatt: Herr Delles, Klima- und Umweltschützer machen die Landwirtschaft für den Klimawandel mitverantwortlich, während die Bauern über die ihrer Ansicht nach viel zu hohen Umweltauflagen klagen. Passen Klima- und Artenschutz sowie Landwirtschaft überhaupt zusammen?
Tom Delles: Es muss möglich sein. Es gibt keinen Weg daran vorbei. Die Landwirte arbeiten mit der Natur. Sie dürfen nicht gegen die Natur arbeiten. Und sie müssen dabei in diesem Sinne verschiedene Auflagen erfüllen. Allerdings müssen diese Auflagen praxisnah und nicht völlig aus der Luft gegriffen sein. In meinen Augen geht es darum, diesen Zwiespalt zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz zu überwinden und dass die beiden näher aneinanderrücken, um gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten.
Wie viele von Ihren Schülern am Lycée Technique Agricole in Gilsdorf haben die Landwirtschaft als Berufsziel?
Von unseren etwa 650 Schülern wollen aktuell etwa 120 später einmal in der Landwirtschaft im engeren Sinn tätig sein. Sie machen Landwirtschaft als Ausbildung. Einige davon werden früher oder später Landwirt und übernehmen den elterlichen Betrieb. Andere werden zumindest in dem Bereich arbeiten.
Inwiefern kommt Ökologie in der Ausbildung vor?
Ökologie spielt neben dem Sozialen und der Betriebswirtschaft, den beiden anderen Säulen der Nachhaltigkeit, in allen Bereichen der Landwirtschaft wie auch im Gartenbau eine Rolle. Dies sowohl im Sinne von Auflagen als auch von bestehenden Möglichkeiten, und wie man diese nutzen kann.
Sind die Schüler bereits dafür sensibilisiert?
So wie ich das einschätze, gibt es die einen wie die anderen. Ich stelle fest, aber das liegt an der allgemeinen politischen Stimmung und dem verbreiteten „Green-Bashing“, dass „grün“ oder alles, was irgendwie grün ist, ein Schimpfwort ist. Aber es gibt auch die anderen. Schließlich arbeiten nachher alle mit der Natur. Ich denke, dass viele dieser Probleme von den vielen Auflagen kommen, die zu wenig praxisnah waren. Für mich zählt, welches Ziel ich erreichen möchte und wie ich dafür vorgehen muss. Wenn es nicht akzeptiert wird, bringt es nichts. Dann wäre es besser, vielleicht etwas zurückzustecken.
Meinen Sie damit die Auflagen?
Es ist schwierig, das Gleichgewicht zwischen dem Sinnvollen und dem Machbaren zu finden. Deshalb würde ich auch nicht gerne Politiker sein.
Lebensmittel sind im Augenblick eigentlich zu billig. Ihr Preis im Handel ist zu niedrig.
Eine Studie aus jüngerer Zeit zeigt, dass zwei Drittel der natürlichen Lebensräume in Luxemburg in einem schlechten Zustand sind. Trägt die Landwirtschaft dazu bei?
Genauso wie alle anderen Bereiche. Sicher prägt die Landwirtschaft unsere Landschaft, aber sie ist nicht der alleinige Faktor für diesen schlechten Zustand. Ich glaube, das ist auch die Industrie, die Landesplanung, das Bauwesen und der Straßenbau, eigentlich die gesamte Gesellschaft. Sicher spielt die Landwirtschaft ebenso eine Rolle. Aber ich muss berücksichtigen, dass der Bauer ein Unternehmer ist, der dafür sorgen muss, dass sich sein Betrieb trägt. Wenn er sich die Frage zwischen mehr Ertrag oder mehr Umweltschutz stellt, dann muss sich das irgendwie rechnen. Und die Gemeinschaft muss sich fragen: „Was sind wir zu zahlen bereit?“
Meinen Sie die Konsumenten?
Was ich immer wieder sage: Lebensmittel sind im Augenblick eigentlich zu billig. Ihr Preis im Handel ist zu niedrig. Immer wieder heißt es, die Bauern würden massenweise vom Staat und von der Europäischen Union subventioniert. Aber wenn es diese Subventionen nicht geben würde, wären die Lebensmittel wesentlich teurer. Im Prinzip ist es eine Unterstützung für uns alle.
Das „Mouvement écologique“ behauptet aber, dass der Staat mit den Subventionen die Zerstörung der Natur mitfinanziere.
Ich sehe das absolut nicht so. Natürlich muss die staatliche Hilfe richtig und gezielt eingesetzt werden. Es ist eine Dienstleistung, die ein Landwirt der Gemeinschaft bringt, wenn er mehr für Biodiversität und Wasserschutz tut, aber es muss sich für ihn auch lohnen. Er muss davon leben können. Wie gesagt, ist der Bauer ein Unternehmer. Landwirte verdienen schon im Vergleich mit dem Durchschnittslohn weniger.
Ich glaube, wir haben ein falsches Bild von der Landwirtschaft. (…) Es muss realistischer werden.
Andererseits werfen Klima- und Umweltschützer den Landwirten immer wieder vor, sie würden mit dem hohen Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden der Natur schaden – sie gar zerstören.

Ich glaube, wir haben in dieser Hinsicht ein falsches Bild von der Landwirtschaft. Kein Bauer hat, wenn er ökonomisch rechnet, irgendeinen Grund, zu viel zu düngen. Das wäre Geld, das er zum Fenster rauswerfen würde. Pestizide kosten viel Geld, und wenn es unnötig verwendet wird, ist es verlorenes Geld. Es gibt die Regel, dass jede Maßnahme gedeckt sein muss. Alles, was ich ausgebe, muss ich auch wieder einnehmen. Deshalb hat kein Landwirt ein Interesse daran, zu viel zu nutzen. Unser Motto lautet in dem Sinne „weniger Chemie, mehr Agronomie“. Unsere Schule hat hier in Bettendorf, aber auch anderswo im Land, Versuchsfelder, wo wir seit Jahren ausprobieren, wie wir mit möglichst wenig Mitteln viel nutzen können. Wir nehmen auch an europäischen Projekten teil, um bei der Viehzucht wieder mehr das Grasland zu nutzen, um weniger von Kraftfutterimporten abhängig zu sein. Die Resultate und neuen Methoden können wir mit in den Unterricht einbauen.
Gibt es bei Ihnen ein Fach Biolandwirtschaft?
Ja, im Bereich Landwirtschaft gibt es ein obligatorisches Modul, in welchem die Umstellung auf Bio behandelt wird. Am Anfang war es ein Wahlmodul. Seit ein paar Jahren ist es Pflicht. Die biologische Bewirtschaftung ist zusätzlich in vielen Modulen der beruflichen Ausbildung sowie im BTS „Technischer Berater und Projektor im grünen Sektor“ fest verankert. Unser Gemüseanbaubetrieb an der Schule ist seit 2012 offiziell als Biobetrieb zertifiziert. Die Schüler lernen trotzdem, wie es wäre, wenn sie nicht biologisch anbauen würden.
Die vorige Regierung hatte als Ziel einen Anteil der Biolandwirtschaft von 20 Prozent für 2025 anvisiert. Nun haben wir aber erst sieben Prozent. Das ist eher dürftig.
Das Ziel war wohl zu hoch gesteckt. Aber ich bin der Ansicht, dass wir hier in Luxemburg mehr tun können. Die Frage ist nur, woran es liegt. Wer es aus Überzeugung macht, der hat bereits umgestellt. Andere werden nachkommen, wenn es sich rechnet. Der Konsument muss auch mitmachen. Momentan befinden wir uns in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. Da wird dann häufig eher auf Bioprodukte verzichtet, obwohl der Preisunterschied nicht besonders hoch ist. Wenn der Liter Milch zwei Cent teurer wird, regt sich die Bevölkerung auf. Wenn aber das nächste iPhone hundert Euro mehr kostet, redet keiner darüber. Wir Menschen haben eine nicht angepasste Prioritätensetzung, was Kosten angeht.
Lebensmittel hingegen sollen möglichst billig sein …
Das ist das Problem. Der Kunde muss mit dem Geld, das er im Monat hat, über die Runden kommen. Aber der Landwirt muss auch leben können.
Die Work-Life-Balance ist beim Bauern sicherlich eine andere als in anderen Berufen
Das ist kein großer Anreiz dafür, Landwirt zu werden. Wenn es schon schwierig ist für einen Bauern, einen Nachfolger für seinen Betrieb zu finden, dann dürfte doch die Eröffnung eines landwirtschaftlichen Betriebs, ein agrarisches Start-up gewissermaßen, doch fast ein Ding der Unmöglichkeit sein, oder?
Die Betriebsübernahme ist ein Risiko. Warum will es niemand machen? Da sind zum einen das geringere Einkommen und weniger Ferien – und freie Wochenenden gibt es nicht. Hinzu kommen die langen täglichen Arbeitszeiten. Die Work-Life-Balance ist beim Bauern sicherlich eine andere als in anderen Berufen. Er betreibt einen Riesenaufwand. Außerdem muss das Wetter mitspielen. In Luxemburg wie auch im Ausland sieht man immer mehr Landwirte mit Burn-out, bei denen es nicht mehr geht. Und ein Quereinsteigerbetrieb ist noch viel schwieriger.
Kennen Sie jemanden aus Ihrer Schule, der es versucht hat?
Es gibt einige, vor allem im Bereich Gemüseanbau. Aber da gibt es auch einige rechtliche Hürden, die jedoch mittlerweile angepasst wurden. Da gehört wirklich viel Idealismus dazu. Und reich wird man nicht davon.
Wo kann man ansetzen? Wie kann die Landwirtschaft attraktiver werden?
Das Bild der Landwirtschaft in der Gesellschaft muss realistischer werden. Die Menschen wollen eine ideale, nostalgische Heidi-Landwirtschaft. Dann stört sie aber der Traktorverkehr, der krähende Hahn und der Geruch der Ställe. Andererseits gibt es den Vorwurf, dass wir hierzulande nur eine industrielle Landwirtschaft haben. Was überhaupt nicht stimmt. Natürlich sind die Betriebe immer mehr gewachsen. Aber größtenteils haben wir noch immer eine familiäre Landwirtschaft.
Muss die Landwirtschaft grundsätzlich ökologischer werden?
Ich glaube schon. Als Landwirt muss es mir daran liegen, ökologischer zu arbeiten. Denn die Umwelt ist mein Produktionsfaktor. Auch der Boden; und wenn sich das Klima verändert, hat das Auswirkungen auf mein Vieh genauso wie auf meinen Hof. Allein schon deshalb muss ich am Klimaschutz interessiert sein. Ob es zu trocken ist wie in den ersten Monaten dieses Jahres oder zu viel regnet wie vergangenes Jahr: Die Landwirte bekommen das als Erste zu spüren.
Wo muss dann an den Stellschrauben gedreht werden? Beim Staat? Bei der EU und der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)?
Es wird häufig gesagt, die Kühe seien Klimakiller. Dies stimmt so nicht. Und wie schon vorhin gesagt, ist es bei weitem nicht nur die Landwirtschaft, die zum Klimawandel beiträgt. Allgemein ist der Mensch nicht gut in langfristigen Überlegungen. Aber als Bauer kann ich nicht sagen, ich mache jetzt dies und das, weil es in 50 Jahren gut ist, sondern ich muss Jahr für Jahr überleben. Andererseits ist die GAP jeweils über sieben Jahre ausgelegt. Doch in der Landwirtschaft muss ich teils sehr hohe Investitionen tätigen, die sehr weit gehen und manchmal 20 Jahre dauern, bis sie abgeschrieben sind. Ich brauche eine langfristige Planungssicherheit. Wenn ich heute eine Entscheidung treffe und die Politik sich alle sieben Jahre ändert, dann habe ich diese Sicherheit nicht. Nötig ist eine engere Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz sowie eine größere gegenseitige Offenheit. Der Graben zwischen beiden muss geschlossen und das gegenseitige Misstrauen beendet werden.
Tom Delles
Der Lehrersohn aus der Stadt studierte nach dem Abitur Agrarwissenschaften. Nach dem dritten Studienjahr an der Universität von Gembloux interessierte er sich für den Bereich Gartenbau. Ausschlaggebend war mein damaliger Lehrer“, erinnert er sich. „Er hat mich für den Gartenbau begeistert.“ Lehrer wollte Delles nach eigenen Worten nie werden, vielmehr in die Entwicklungsarbeit gehen. Seine Abschlussarbeit schrieb er im damaligen Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo. Der Agraringenieur mit Fachrichtung Gartenbau wurde schließlich doch Lehrer am Lycée Technique Agricole in Gilsdorf, als dort ein Gartenbaulehrer gesucht wurde. Delles arbeitete etwa 15 Jahre lang als Lehrer, als ihn die damalige Direktorin Martine Hansen fragt, ob er in der Führung mitarbeiten wolle. Als die heutige Agrarministerin in die Politik ging, wurde er ihr Nachfolger. Das Umweltministerium hat dieses Jahr mehrere Workshops über Klimaanpassung veranstaltet. Delles nahm an zwei von diesen teil, sein Stellvertreter an einem dritten. Einer der Workshops war dem Thema Landwirtschaft gewidmet.
De Maart



Ed ged dach souweisou alles importeiert......
@ Phil / War déi lescht Woch nach hanner engem 1000-er Fendt , 2,75 m breet.
Wéivill honnert Hektar muss den befueren fir rentabel ze ginn?
Ët géif och een 200-er d'Aarbécht machen.
Fréiher war ët den Bauer mat den décksten Gromperen, haut dee mat dem décksten Trakter!
@Nomi
En Trakter ass 2,55 Meter breed, esouvill wéi en RGTR Bus....deen mat den Baussenspigel esouguer op 2,95m kennt, an wesentlech méi wäit deebardéiert. Et sin net d'Trakteren déi ze breed sin, mä et sin d'Strossen déi ze schmuel sin... wat politesch jo awer esou gewollt ass, well soss hätten d'Bussen hiren Arrêt net matsen an der Stroos, mée an enger vun deenen gudden an sënnvollen, leider "deemodéierten" Abuchtungen.
Bref, fir iech an är Gampesen ze ernieren brauchen d'Baueren anstännegt Geschier, well et ëmmer méi Leit gin, déi léiwer Wörkleif Balance machen an ëmmer manner déi mat der Mëscht um Feld fueren oder am Stall bei den Béischten schaffen. Dir (!) gitt jo bestëmmt net mam Biddi an mam Plou op d'Feld, ech och net... mä ech meckeren net. Bedenkt juste, dass är Liewensmëttel net aus dem Cactus kommen, genau esou wéineg wéi ären Stroum aus der Steckdous kennt an är Medikamenter aus der Apdikt.
Fir Liewensmëttel ze bezuelen gesäit een (leider) ëmmer méi Leit an de Keesen mam neitsten Modell vum Handy bezuelen... dofir sin awer genuch Souen do. An dann gett sech awer opgereegt, dass de Bauer zevill verdéngt. Den Diesel an den Stroum sin net nëmmen fir iech méi deier gin.
An Neen... ech sin kee Bauer, hun awer vill Respekt virun deenen Leit an hirer Aarbech!
Sehr interessante Aussagen von Herrn Delles, an welchen sich Landwirtschaft, Politik und Umweltorganisationen gleichermassen inspirieren können und welche sie in ihre Überlegungen einfliessen lassen sollten. Eine fundierte Ausbildung der künftigen Landwirte ist zudem elementar für eine effiziente und ökologische Landwirtschaft.
Die schrittweise Umstellung der Luxemburger Landwirtschaft erscheint mir übrigens absolut anstrebenswert, dies sowohl im Interesse der Menschen, der Umwelt und der Tiere.
Di deck Traktoren, Iwerbreed, mat decken Pneu'en, Pneuen ohni Schutz, missten ob oeffentlechen Stroossen ob 25km/h begrenzt sinn, well sie rennen domadder wei' bei der F1 !!
Do'ud gefei'erlech !
Wieso investiert man so wenig in Gewächshäuser? Wie ist es mit der Gülle und der Wasserwirtschaft? Wie sagte mir mal ein Bauer im „wilden“ Westen des Landes. „Ech fueren dach nët 20 km mam Tank fir mäin Piff lass ze ginn“
Probiere öfters mal BIO, leider kommt das meiste von außerhalb den Grenzen.
Brauchen wir grüne Bohnen aus Kenya?
"Dann stört sie aber der Traktorverkehr, der krähende Hahn und der Geruch der Ställe.“
Nein, mich stören nur die Fendt 1000 mit Anhang, wenn man in den Straßengraben ausweichen muss. Ein Fendt 200 würde es nicht tun?
Nein, Stallgeruch ist geil. Opa hatte 2 Schweine, 2 Dutzend freilaufende Hühner und 9 Kaninchen. Der Schinken einmalig, Eier zum Schlürfen gut, Hase gab es nur zu Ostern.
"Das ist das Problem. Der Kunde muss mit dem Geld, das er im Monat hat, über die Runden kommen. Aber der Landwirt muss auch leben können."
Si. Dafür kostet das Stück Rind beim Metzger 90 € / kg! Metzger fragen?