Kurzfilme hinterfragen in Luxemburg die Faszination der Gewalt

Kurzfilme hinterfragen in Luxemburg die Faszination der Gewalt

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Gewalt und das Leiden anderer Menschen schockieren nicht nur, viele Menschen fühlen sich davon angezogen. In den drei Kurzfilmen, die momentan in der Black Box des Casino Luxembourg gezeigt werden, wird das Interesse an Gewaltfilmen im Internet hinterfragt.

Gewalt in Filmen gibt es zwar schon seit jeher, doch die Existenz von „Snuff Movies“ – also Filmen, in denen Gewalt und Morde, die gezeigt werden, sogar reell ausgeübt werden – wurde lange bezweifelt. Das Internet eröffnete jedoch auch hier neue Möglichkeiten. Im Netz kann sich jeder Filme mit Gewalt ansehen, die nicht nur gespielt ist. So kann man im Netz sogar Videos von Enthauptungen finden, durchgeführt von Islamisten an ihren Gefangenen.

Reaktionen auf Schockbilder in „A Certain Amount of Clarity“

Der junge belgische Videokünstler Emmanuel van der Auwera befasst sich in seinen Videos mit der Faszination, anderen Menschen beim Leiden zuzusehen. Die Kultur der „Snuff Movies“ thematisiert er am Beispiel der Website bestgore, die laut Angaben von Wikipedia zwischen zehn und 15 Millionen Besucher monatlich zählen soll.
Im Video „Central Alberta“ lässt er junge Menschen zu Wort kommen, die diese Seite besuchen. Die Monologe geben Einblicke in ihr Innenleben. Der rote Faden ihrer Aussagen: Sie sind alle zunehmend gegen die Gewalt, die sie sich im Netz ansehen, abgehärtet. Interessant, befremdlich oder sonderbar kommen einem die Aussagen vor – je nach eigener Einstellung.

Große Namen als Rechtfertigung

Van der Auwera lässt in einem langen Statement auch den Gründer der Webseite zu Wort kommen. Der Kanadier Mark Marek verteidigt das Gezeigte im Namen der Freiheit. Er wolle den Usern nur die Realität vor Augen führen; jeder solle die Möglichkeit haben, sich selbst ein Bild über die Abgründe der Menschheit zu machen. Die Wahrheit verschwinde nicht, wenn man nicht darüber redet oder sie nicht zeigt.

Er bemüht zwei große Denker der Geschichte, um seiner Webseite eine Daseinsberechtigung zu geben. Zum einen zitiert er dafür Leonardo da Vinci, der gesagt hat, dass nichts die Mächtigen so sehr stärke wie das Schweigen. Voltaire zitiert er mit dem Spruch, es sei gefährlich, recht zu haben, wenn die Regierung unrecht habe. Dass er jedoch auch einen gewissen Voyeurismus bedient, lässt er außen vor: Marek spricht bezüglich seiner Webseite nicht von Kulturwerten, sondern hauptsächlich von den negativen Aspekten der Zensur.

Sich selbst bezeichnet Mark Marek als „Whistleblower“. So behauptete er in Interviews, dass man dank seiner Arbeit falsche Videos – wie beispielsweise eines, das die Enthauptung mittels einer Säge zeige – habe entlarven können. Syrische Rebellen sollen behauptet haben, die Tat sei ein Akt von Assad-Anhängern gewesen. Doch das Video sei den Betreibern von Bestgore schon lange vor dem Aufstand in Syrien bekannt gewesen und habe aus Mexiko gestammt.

Van der Auwera interessiert sich zudem für die Reaktionen, die Schockbilder bei den – zumeist sehr jungen – Zuschauern auslösen. In „A Certain Amount of Clarity“ filmt er Teenager dabei, wie sie sich einen Gewaltfilm ansehen – mitsamt der Emotionen, die die Schockszenen auslösen.

A certain amount of clarity from Emmanuel Van der Auwera on Vimeo.

In „Missing Eyes“ werden Zuschauerreaktionen zu einem Video der Terrorgruppe IS gezeigt.

Eine Anmerkung zum Schluss: Obwohl die Beiträge von Van der Auwera absolut sehenswert sind, raten wir Ihnen dazu, sich die Filme erst bei angenehmeren Temperaturen anzuschauen: In dem kleinen Vorführsaal ohne Fenster und Klimaanlage ist es heißer als im Freien.