Freitag31. Oktober 2025

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Vierzig vergeblichen VersucheKosovo schafft es nicht, ein neues Parlament zu konstituieren – und das wird teuer

Vierzig vergeblichen Versuche / Kosovo schafft es nicht, ein neues Parlament zu konstituieren – und das wird teuer
Kosovos Premierminister Albin Kurti (l.) hier am Freitag in der Gedenkstätte Srebrenica in Potocari, beharrt auf der Nominierung der bisherigen Justizministerin für den Posten der Parlamentsvorsitzenden Foto: Armin Durgut/AP/dpa

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Ein kleines Land blockiert sich selbst. Das Unvermögen von Kosovos kompromissunfähigen Volksvertretern, endlich das im Februar neu gewählte Parlament zu konstituieren, wird für den angeschlagenen Staatenneuling zu einem stets kostspieligeren Ärgernis.

Die graufelligen Demonstranten wurden beim versuchten Parlamentssturm von gutmütigen Gesetzeshütern gestoppt. Nach vierzig vergeblichen Versuchen, Kosovos Parlament zu konstituieren, hatte sich der Anwalt Arianit Koci mit vier Eseln im Schlepptau aus Protest gegen die unfähigen Volksvertreter des Landes zu Monatsbeginn nach Pristina aufgemacht.

Das Volk werde von seinen Abgeordneten „wie Esel behandelt“, begründete der genervte Jurist den ungewöhnlichen Hauptstadt-Auftrab der eigentlich sehr geduldigen Lastenträger aus der Provinz. Tatsächlich wirken die im Februar neu gewählten Volksvertreter nicht nur störrischer als jeder Balkanesel, sondern geht auch das von ihnen alle zwei Tage aufgeführte Trauerspiel auf keine Eselshaut.

Mittlerweile rückt trotz Langohrenprotest gar der 50. Jubiläumsanlauf zur Wahl eines neuen Parlamentsvorsitzenden in Sicht: Am Sonntag vertagten sich die Parlamentarier zum 46. Mal in den letzten drei Monaten ergebnislos in Folge.

Bei der Parlamentswahl am 9. Februar hatte sich die linkspopulistische Vetevendosje (VV) von Noch-Premier Albin Kurti mit rund 42 Prozent der Stimmen zwar klar als stärkste Kraft behauptet, aber ihre absolute Mehrheit genauso klar verloren. Die Opposition stellt das Recht der stärksten Partei, den Parlamentsvorsitzenden zu stellen, zwar keineswegs in Frage, hält aber die von der VV nominierte Kandidatin und bisherige Justizministerin Albulena Haxhia wegen ihres polarisierenden Auftretens für das Amt völlig ungeeignet: Sie fordert von der VV die Benennung eines Kompromisskandidaten.

Doch Kompromissbereitschaft ist keineswegs ein Markenzeichen des beratungsresistenten Noch-Premiers. Kurti gilt eher als störrischer Solist denn als kommunikationsfreudiger Teamspieler. Zwar hat Haxhia in bisher sechs Wahlanläufen die erforderliche Mehrheit von 61 Stimmen stets verfehlt, doch macht die VV bislang keinerlei Anstalten, ihre Kandidatin auszutauschen.

Blockade eines Landes

Kosovos Verfassungsrichter haben Ende Juni dem Parlament bis zum 28. Juli eine Frist gesetzt, sich zu konstituieren. Doch in ihrem windelweichen Urteil, von dem sich alle Seiten bestätigt fühlen, haben sie sich nicht zu dem Szenario geäußert, das beim ergebnislosen Verstreichen der gesetzten Frist folgen könnte. Um das Parlament für vorzeitige Neuwahlen auflösen zu können, müsste es sich eigentlich erst konstituieren.

Ein kleines Land blockiert sich selbst. Das verhinderte Parlament wird für den angeschlagenen Staatenneuling zu einem zunehmend kostspieligen Ärgernis. Während die Inflation im Juni mit 4,3 Prozent auf den höchsten Stand seit zwei Jahren geklettert ist, sind seit über einem halben Jahr keine Gesetzvorhaben verabschiedet, keine internationalen Abkommen ratifiziert, keine Mittel bewilligt und keine vakanten Führungspositionen staatlicher Institutionen neu besetzt worden. Auch millionenschwere EU-Fördergelder können ohne parlamentarischen Segen weder beantragt noch abgerufen werden.

Wegen der „Unverantwortlichkeit“ von Kosovos Politikerkaste, der „jegliche Sensibilität für die dem Staat eingebrockten Schäden“ abhandengekommen sei, bleibe das Parlament als „Tempel der Demokratie mitleidslos blockiert“, klagt genervt das Webportal „Balkan Insight“.