GroßbrandKayl unter Schock: Sechsjähriger kommt in der Nacht auf Dienstag ums Leben

Großbrand / Kayl unter Schock: Sechsjähriger kommt in der Nacht auf Dienstag ums Leben
23 Personen lebten in dem betroffenen Mehrfamilienhaus, 50 Nachbarn mussten beim Brand mit evakuiert werden Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Die Gemeinde Kayl steht unter Schock. Ein sechsjähriger Junge kam bei dem Großbrand, der am Dienstag in einem Mehrfamilienhaus in der rue du Commerce ausgebrochen war, ums Leben. Elf weitere Menschen wurden verletzt, darunter ein Mann schwer.  

Es war eine Mischung aus tiefer Erschütterung und Trauer, die man dem Kayler Bürgermeister Jean Weiler im Gesicht ablesen konnte. Ein Bild der Zerstörung und des menschlichen Leids präsentierte sich dem Gemeindeoberhaupt an diesem Dienstagmorgen. „Ob es solch einen Brand in unserer Gemeinde schon einmal gegeben hat, weiß ich nicht“, sagte Weiler. „Aber es ist außerordentlich. Wir hatten im Mai ein Feuer in der Garage unseres Fuhrparks, da blieb es beim Materialschaden. So etwas verkraftet man viel besser als menschliches Leid.“

 Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Der Politiker wusste zu diesem Zeitpunkt bereits über den tragischen Tod eines sechsjährigen Jungen Bescheid, der in dieser schrecklichen Nacht ums Leben gekommen war. Das Kind war bewusstlos von den Feuerwehrleuten aus dem Haus geborgen worden und verstarb noch in der Nacht im Krankenhaus. Elf weitere Anwohner wurden beim Großbrand verletzt, darunter ein Mann schwer. Ein betroffener Jean Weiler rang nach Worten: „Es ist tragisch“, sagte er sichtlich bestürzt und mit wässrigen Augen. „Als ich eingetroffen bin, stand das Haus bereits in Flammen und die meisten Anwohner waren bereits evakuiert worden.“

23 Personen lebten in dem braun gestrichenen Sechs-Familien-Haus. Während sich einige aus eigener Kraft retten konnten, flüchteten mehrere Personen auf das Dach ihrer Wohnung. Dramatische Szenen spielten sich in dieser Nacht vor den Augen der zahlreichen Nachbarn ab, die ebenfalls aus ihren vier Wänden evakuiert wurden. „Fünf Menschen standen bereits auf dem Dach, als wir mit unserer Leiter eingetroffen sind. Eine Person ist aus dem Haus evakuiert worden und drei Menschen sind entlang der Fassade runtergerutscht oder runtergesprungen“, fasste Einsatzleiter Guy Bernard vom CGDIS zusammen. 

Der erste Alarm ging um 2.57 Uhr bei der lokalen Notfallzentrale ein. Stundenlang mussten über 80 Einsatzkräfte des CGDIS und aus dem nahen Grenzgebiet gegen die Flammen kämpfen, die auf die anliegenden Wohnungsblöcke überzugehen drohten. Rund 50 Personen konnten von den Rettungskräften in Sicherheit gebracht werden. Zwei Rettungswagen aus Frankreich wurden angefordert, um die Verletzten in die benachbarten Krankenhäuser zu transportieren. Sowohl die starke Rauchentwicklung im ganzen Gebäude als auch der Umstand, dass sich die Feuerwehr hinter dem Haus kaum Zugang verschaffen konnte, erschwerte den Einsatz. 

Jetzt müssen wir uns um die Erstversorgung kümmern, wie etwa Kleidung zu organisieren. Diese Menschen haben alles verloren. Einige Bürger haben bereits Hilfe angeboten. Wer spenden möchte, kann sich gerne bei uns melden.

Jean Weiler, Bürgermeister von Kayl

Brandursache noch unklar

Gegen 9.00 Uhr war der Brand zwar unter Kontrolle, doch für die Feuerwehr, deren Mannschaften sich bei den komplizierten Bedingungen immer wieder abgelöst hatten, war die Arbeit damit nicht getan. Das Mehrfamilienhaus ist einsturzgefährdet, das Gelände bleibt zu diesem Zeitpunkt aufgrund der aufwendigen Manöver weiträumig abgesperrt. „Die Nachlöscharbeiten dauern extrem lange an, da wir von hinten überhaupt nicht an die Wohnungen rankommen. Es ist noch immer Rauch sichtbar, es muss weiter gelöscht werden. Wir können allerdings nicht mehr ins Haus, da es eine Gefahr für die Feuerwehrleute sein kann. Wir bekämpfen das Feuer von vorne und hinten und eben über das Dach“, schilderte Bernard, der darauf hinwies, dass erst später nach möglichen weiteren Opfern gesucht werden könne. „Unseren Informationen zufolge wird niemand mehr vermisst. Aber wir können nichts ausschließen. Das Haus wird durchsucht werden, sobald die Lage es zulässt.“ Zur Brandursache gab es noch keine Informationen.

Entwarnung gab es zu diesem Zeitpunkt bereits für die Anwohner aus den angrenzenden Gebäuden, die in Begleitung des „Support psychologique“ wieder in ihre Wohnungen zurückkehren durften. Eingehüllt in Decken hatten sie den Rest der Nacht in der nahe liegenden „Maison relais“ verbracht. Das CGDIS hatte lobende Worte für die schnelle Reaktion der Kayler Gemeinde, Bernard sprach von einer „super Zusammenarbeit“. Jean Weiler, der seit 3.30 Uhr vor Ort gewesen war, erklärte: „Wir haben gleich eine erste Anlaufstelle eröffnet, wo sich die Betroffenen aufwärmen konnten und etwas zum Essen erhalten haben.“ 

Psychologische Unterstützung vor Ort

Für die Gemeindeverantwortlichen begann schon in den frühen Morgenstunden die Suche nach Unterbringungen. „Ersatzwohnungen stehen in der Gemeinde keine frei, deshalb haben wir die Brandopfer in Hotels unterbringen lassen“, berichtete Weiler. „Jetzt müssen wir uns um die Erstversorgung kümmern, wie etwa Kleidung zu organisieren. Diese Menschen haben alles verloren. Einige Bürger haben bereits Hilfe angeboten. Wer spenden möchte, kann sich gerne bei uns melden.“

Psychologische Unterstützung nahmen nach der traumatischen Nacht nicht nur die Opfer und geschockten Nachbarn in Anspruch: „Jemand ist gestorben. Wir haben einen psychologischen Beistand vor Ort, sowohl für die Anwohner als auch für die Rettungskräfte“, erinnerte Bernard, dessen Leuten im Hintergrund die Trauer und teils auch Erschöpfung abzulesen war. Jean Weiler fügte schlussfolgernd hinzu, dass Schlimmeres verhindert werden konnte: „Ich möchte an dieser Stelle unserer lokalen Feuerwehrsektion danken. Es ist gut, dass wir eine gute Mannschaft haben, die so schnell reagiert hat, sonst wäre das Ganze noch tragischer ausgegangen.“

Kayl trauert um einen sechsjährigen Jungen. Die Straßen rund um den Unfallort waren um 8.00 Uhr wie leer gefegt. Es schien, als wollte niemand die Rettungskräfte stören. Schaulustige waren kaum anwesend. Hinter vorgehaltener Hand hieß es von einem Anrainer, dass es in diesem Fall „wieder einmal die Ärmsten“ getroffen habe. Selbst bei der ansonsten lebhaften Kindertagesstätte gegenüber herrschte absolute Stille. Der Schock sitzt nach dem traumatischen Erlebnis tief. Der Bürgermeister, der nach dem Gespräch die nächsten Schritte mit dem Gemeinderat besprechen wollte, kam nicht umher und nannte es das „schlimmstmögliche Szenario“ für einen Nikolaustag.