Mittwoch5. November 2025

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EditorialWie Fakten und Erwartungshaltungen zur Gewerkschaftsdemo am 28. Juni jetzt schon verdreht werden

Editorial / Wie Fakten und Erwartungshaltungen zur Gewerkschaftsdemo am 28. Juni jetzt schon verdreht werden
Kein Generalstreik, sondern „Piquet mobile“: OGBL und LCGB machen auf die nationale Demo am 28. Juni aufmerksam Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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In den vergangenen Tagen kursierten in den Luxemburger Medien teils kuriose „Fakten“ und Zahlen zur Gewerkschaftsdemo am 28. Juni. Das Luxemburger Wort spricht von 300 bis 500 erwarteten Teilnehmern beim „Generalstreik“, während Paperjam gar davon ausgeht, dass die 30.000er-Marke geknackt werden soll. Beides ist weit von der Realität entfernt.

Zum Vergleich: Bei einer Protestaktion – wohlgemerkt kein Streik – bei der CFL am Mittwochmorgen versammelten sich rund 300 bis 500 Personen. Diese Zahl allein macht aus der Aktion noch lange keinen Generalstreik. Ebenso wenig verdient die Demonstration am 28. Juni diese Bezeichnung – selbst wenn ein Vielfaches an Menschen teilnehmen sollte. Ein Streik bedeutet per Definition das Niederlegen der Arbeit – etwas, das die Gewerkschaften bewusst vermeiden, indem sie die Demo an einem Samstag ansetzen, um möglichst vielen Arbeitnehmern eine rechtlich sichere Teilnahme zu ermöglichen.

Paperjam zielt höher als das Wort und nennt 30.000 Demonstrierende als zu erreichende Marke, 40.000 für den Rekord. Das Magazin verweist auf den Generalstreik von 1982 und frühere Arbeitskämpfe. Unabhängig von diesen Zahlen hatten Vertreter des LCGB am 1. Mai 10.000 bis 15.000 Teilnehmer angekündigt – ein taktischer Fehler, da die Gewerkschaften sich künftig an dieser Zahl messen lassen müssen. Seitdem wurde keine konkrete Prognose mehr abgegeben. Ein Vergleich mit dem Generalstreik von 1982 wirkt zu diesem Zeitpunkt jedenfalls gewagt. Auch wenn ein ähnlicher Erfolg erhofft wird, vermeidet man auf Gewerkschaftsseite ganz bewusst offizielle Parallelen.

Interessant ist auch folgender Vorwurf von Paperjam an die Gewerkschaften: „Selon David Angel, l’OGBL réfléchit à des moyens qui pourraient permettre à ceux qui ne manifesteront pas‚ de manifester leur solidarité. Brassards, pin’s ou encore publication sur les réseaux sociaux sont les pistes actuellement explorées. Comment intégrer ces formes d’expression dans le décompte final? Mystère.“ Fakt ist, dass Gesellschaft und Technologie sich seit den 80er-Jahren verändert haben. (Politische) Teilhabe ist nicht mehr gleichzusetzen mit physischer Präsenz. Eine mangelnde Anpassungsfähigkeit an moderne Gegebenheiten wurde den Gewerkschaften in den vergangenen Monaten mehrfach vorgeworfen. Nun scheint es, als seien sie zu futuristisch?

Einen weiteren alternativen Fakt findet im Paperjam derjenige, der nach einer Erklärung für die Abwesenheit der CGFP auf der nationalen Demonstration am 28. Juni sucht. „[…] la CGFP ne jouera aucun rôle actif dans la manifestation. Une manière de rappeler que le dossier central, celui des pensions, ne concerne pas le secteur public.“ Ob nun die CGFP, Sozialministerin Martine Deprez oder Premierminister Luc Frieden höchstpersönlich: Mittlerweile wurde von gleich mehreren Stellen klipp und klar gesagt, dass die Rentenreform auch den öffentlichen Sektor betreffen wird. Es sind die weiteren arbeitsrechtlichen Reformen (Kollektivverträge, Liberalisierung der Arbeitszeiten, Sonntagsarbeit), die die CGFP nicht betreffen und Grund für deren Abwesenheit am 28. Juni sind.

Die Demonstration ist noch zwei Wochen entfernt, doch der Kampf um die Deutungshoheit hat längst begonnen. „A qui profite le crime?“, möchte man da – in Anlehnung an einen Paperjam-Kollegen – fragen.

Guy Mathey
12. Juni 2025 - 20.38

Die aktuelle Regierung plant einen bislang noch nie da gewesenen Sozialabbau, die Demo vom 28. Juni 2025 bildet den Auftakt des existentiellen Abwehrkampfes seitens der Lohnabhängigen.
In diesem Kontext ist wenig überraschend, dass Medien, welche eher geneigt sind, Regierungs- respektive Patronatsinteressen zu verteidigen, vorab versuchen, die Demo schlecht zu reden, respektive potentielle Teilnehmer*innen zu verunsichern.
Da Erfahrungswerte fehlen, und viele Komponenten neu sind, wie etwa das Ausmass des geplanten Sozialabbaus, der Umstand, dass OGBL und LCGB eine Gewerkschaftsfront gebildet haben, die ALEBA sich solidarisiert hat, usw. ist es unmöglich eine zuverlässige Vorhersage betreffend die Teilnehmerzahl zu machen, welche im Übrigen auch gar nicht relevant wäre.
Auch den Gewerkschaften sind in der vergangenen Jahren schwere Fehler unterlaufen und sie haben dadurch so manches Mitglied verprellt, so z.B. auch den Schreiber dieser Zeilen.
Dennoch sind, in Anbetracht des bevorstehenden Sozialabbaus derartige "interne Differenzen" Peanuts über welche man als Lohnabhängiger respektive Rentner derzeit souverän hinweg sehen sollte, ja hinwegsehen muss!
Jetzt sind wir alle gefordert, ob Studierende oder Rentner*innen, ob Gewerkschaftsmitglied oder nicht, ob Parteimitglied oder nicht ob im öffentlichen Dienst oder im Privatsektor beschäftigt, eine geschlossene Abwehrfront zu bilden, nur so haben wir die grössten Chancen auf Erfolg.
Deshalb nehmen wir ALLE an der Demo vom 28 Juni teil und kämpfen gemeinsam und solidarisch für unsere sozialen Errungenschaften.
Wir sind Viele, gemeinsam sind wir stark, gemeinsam werden wir gewinnen.