Wer Marie-Anne Heinen besucht, der sollte keine Angst vor Katzen haben. Denn die engagierte 73-jährige Niederanvenerin versorgt derzeit neben den eigenen elf Stubentigern 24 gefundene Katzen-Notfälle. Beim Gespräch am Dienstagnachmittag führt sie von Raum zu Raum – und überall sind die Vierbeiner präsent. Manche fordern mit Kopfstößen oder lauten Mauzen Streicheleinheiten ein, andere rekeln sich auf zahlreichen Katzenbäumen gemütlich im Sonnenschein und ein paar Scheue verstecken sich lieber, wenn die Tür aufgeht. „Alleine würde ich das hier gar nicht schaffen. Glücklicherweise helfen mir mehrere unserer Freiwilligen, Ordnung im Chaos zu behalten“, lächelt die Präsidentin des „Privaten Déiereschutz“, einer von mehreren Tierschutzvereinen im Land.
Den Verein gibt es seit mittlerweile 34 Jahren. Hannelore Münichsdorfer, Marie-Anne Heinen und Christiane Muller waren 1991 die drei Gründungsmitglieder, 1992 wurde aus dem Club offiziell eine ASBL. Zum Tierschutz sei sie eher zufälligerweise gekommen. „1990 gab es einige Veränderungen auf meinem Arbeitsplatz, die zu einer Anpassung meiner Arbeitszeiten führten. Ich hatte anschließend mehr Privatzeit und als mich eine Freundin fragte, ob ich ein paar kleine gefundene Katzen übergangsweise versorgen könnte, habe ich Ja gesagt“, erzählt Heinen. „Und dann ist das eben so passiert.“

Nach mehr als drei Jahrzehnten Tierschutz hat der Verein, der mittlerweile über 60 aktive Mitglieder und 15.000 Ehrenmitglieder besitzt, eine beeindruckende Bilanz vorzuweisen. Insgesamt sind es mehr als 20.000 Tiere, denen die Tierschützer helfen konnten. Darunter fast 17.000 Katzen, über 2.000 Kaninchen und sogar exotischere Tiere wie Chinchillas, Frettchen oder Degus. Dazu kommen unendliche viele Fälle von „Catch and Release“. „Das sind die Katzen, die wir einfangen, kastrieren und tätowieren lassen und dann wieder auf der Einfangstelle freilassen“, sagt Heinen. Hier führt der Club erst seit 2005 Buch – bis 2023 konnten aber 11.711 Tiere kastriert werden.
„Unser Hauptfokus liegt auf den Katzen – für Hunde haben wir die Kapazitäten nicht immer. Da können andere besser helfen“, sagt Heinen. Trotzdem könne man sich bei Sorgen immer an den Verein wenden, bei dringenden Notfällen am besten über Telefon.
Helfen „mit gesundem Menschenverstand“
Insgesamt sei die Situation bei den verwilderten Katzen in den letzten 30 Jahren besser geworden, schätzt Heinen. „Wir haben ja nicht umsonst gearbeitet. Schon allein in der Stadt: Als wir begonnen haben, da sind zum Beispiel im Grund richtige Rudel herumgelaufen.“ Die schwierigste Zeit sei immer, wenn der Tierschutz zum ersten Mal in ein Dorf gerufen werde, weil es ein Problem gebe. „Vor ein paar Jahren haben wir in einem kleinen Dorf 50 Katzen in einem Monat eingefangen!“
Die Katzen, die sich anfassen ließen und potenziell zu vermitteln sind, würden nach einer solchen Rettungsaktion aufgenommen. Zu stark verwilderten Katzen sei aber am besten geholfen, sie nach der OP wieder freizulassen. Insgesamt plädiert Heinen immer wieder im Gespräch für einen Tierschutz „mit gesundem Menschenverstand“. „Wir müssen der Realität in die Augen sehen: Wir können nicht alle retten, auch wenn wir das wollen“, sagt Heinen. Daraus leite sich etwa der Leitfaden der Assoziation ab: „Jede Katze bekommt eine Chance, wieder auf die Beine zu kommen.“ Aber wenn sich die Gesundheit des Tieres trotz Behandlung nicht bessert, dann muss es eingeschläfert werden. „Das sind harte Momente.“ Und Entscheidungen, für die sie – wie Heinen sagt – von „Tierschutz-Extremisten“ kritisiert wird. „Aber sollen wir denn das Leiden eines Tieres endlos in die Länge ziehen, nur damit wir uns als moralische Retter aufspielen können?“

Wer sich als Tierschützer engagieren möchte, braucht ein dickes Fell, weiß die Vereinspräsidentin – vor allem heutzutage, mit dem rauen Ton in den sozialen Medien. „Da hagelt es teilweise Kritik von Leuten, die weder mit der Situation vertraut sind noch selbst helfen wollen“, sagt Heinen. „Und es gibt jene, die ein regelrechtes Rettersyndrom entwickeln und für jeden hoffnungslosen Fall ins Extreme gehen wollen. Aber nur, weil es eine Behandlung gibt, heißt das nicht, dass sie auch immer dem Tierwohl entspricht“, erklärt sie.
Ein besonders strittiges Thema sind dabei die sogenannten Abtreibungen bei der Kastration tragender Katzen. „Wenn die Tiere gerade erst gedeckt wurden, ist das kein Problem. Aber es gibt Stimmen, die verlangen, dass jede Katze ihre Jungen austragen soll. Das bedeutet für eingefangene, verwilderte Katzen monatelangen Stress“, so Heinen. „Solche Entscheidungen treffen wir aber stets in enger Absprache mit den behandelnden Tierärzten.“
Das heißt nicht, dass „unvermittelbare“ Katzen eingeschläfert würden. Auf eine dahingehende Frage gibt es von Heinen einen empörten Blick. „Wer bei anderen kein Zuhause findet, der kommt bei einem von uns unter“, sagt sie und gestikuliert auf die eigenen Katzen, die um den Tisch schleichen. Doch das Ziel sei immer, gesunde, gechippte Tiere in Familien zu vermitteln, die sich um sie kümmern können. Im Schnitt seien die aufgefundenen oder abgegebenen Tiere etwas mehr als zwei Monate bei der Organisation.
Das ist auch mit vielen Kosten verbunden. Im Jahr 2024 betrugen allein die Futterkosten 104 924,21 Euro und die Tierarztkosten beliefen sich im selben Zeitraum auf 214 074,98 Euro. Das geht aus dem Bericht der Generalversammlung des Vereins hervor. Die Ausgaben 2024 beliefen sich insgesamt auf 379.690,86 Euro. Finanziert wird dies weitestgehend aus Geld- und Materialspenden. „Ohne die zahlreichen Unterstützer könnten wir unsere Arbeit nicht tun.“
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Tiere hat der Verein „Privaten Déiereschutz“ zwischen 1992 und 2024 bei sich aufgenommen
Dat ass Hellef dei wichteg ass.......dei enzeg.