Montag27. Oktober 2025

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Nach Éimaischen-AbsageJedes Stück ein Unikat: Interview mit Aulebäcker Georges Geiben

Nach Éimaischen-Absage / Jedes Stück ein Unikat: Interview mit Aulebäcker Georges Geiben
Dieses Jahr mit Maske: Der Nospelter Aulebäcker Georges Geiben macht sich eine Freude daraus, die handgefertigten „Péckvillercher“ entsprechend schön zur Schau zu stellen Foto: Georges Geiben

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Mit der Éimaischen fällt dieses Jahr erneut eines der beliebtesten Luxemburger Volksfeste der Pandemie zum Opfer. Dabei liefen die Vorbereitungen für Ostermontag in Nospelt und in der Hauptstadt bereits auf Hochtouren. Dennoch lassen sich die Aulebäcker die Freude am Kunsthandwerk nicht verderben. Georges Geiben wird seine „Péckvillercher“ auch so an den Sammler bringen. 

Es gibt sie in allen Farben, Größen und Richtungen. Klassische Modelle können zwei Töne unterschiedlicher Höhe erzeugen, während bestimmte Keramikversionen ganze Oktaven zwitschern. Tatsächlich hat kaum ein Kunsthandwerk in Luxemburg so viel Tradition wie das „Péckvillchen“. Jedes Jahr zieht die aus gebranntem Ton hergestellte Keramikpfeife in Vogelform zehntausende Besucher an Ostermontag nach Nospelt und in die Stadt. Wegen der sanitären Krise aber wurde die Éimaischen dieses Jahr erneut abgesagt.

Zurück geht der Name des wohl traditionsreichsten Kunst- und Handwerkermarktes des Landes auf die biblische Stadt Emmaus, wo zwei Jünger erst beim Abendmahl in ihrem Reisebegleiter den auferstandenen Jesus erkannten. Der Legende nach sollen beide Jünger noch am gleichen Abend nach Jerusalem gelaufen sein, um den Aposteln und anderen Gleichgesinnten von ihrer Begegnung zu berichten.

Der Markt selbst geht auf die Zunftmesse der Luxemburger Töpfergilde zurück. Diese wurde von den sogenannten Aulebäckern traditionell an Ostermontag in der hauptstädtischen „Méchelskierch“ gefeiert. Urkundlich wird der Markt erstmals 1827 erwähnt. Seitdem hat er sowohl Höhen als auch Tiefen durchlebt, war zwischenzeitlich vom Töpfermarkt zu einem Kitschmarkt verkommen, sodass sich im Laufe der Jahrzehnte immer weniger Besucher zur Éimaischen verirrten.

Eine Renaissance erlebt der Töpfermarkt nach dem Zweiten Weltkrieg, seit 1957 wird der Markt auch in Nospelt veranstaltet. In all diesen Jahren erlangt vor allem das Péckvillchen besondere Berühmtheit. Jedes Jahr lassen sich die Aulebäcker neue Modelle einfallen. Viele davon sind inzwischen so begehrt, dass sie regelrechten Sammlerstatus erlangt haben.

„Viele wollen auch dieses Jahr ihr Sammlerstück“

Das weiß auch Georges Geiben. Seit Jahrzehnten bietet der Hobby-Aulebäcker an Ostermontag in Nospelt seine Kreationen zum Verkauf. In all dieser Zeit hat er sich eine treue Stammkundschaft aufbauen können. Dass die Éimaischen am 5. April ausfällt, stimmt den Nospelter traurig: „Für mich persönlich ist es zwar kein Beinbruch. Dennoch ist es schade, dass der Markt wegen Corona abgesagt werden musste. Die Éimaischen ist schließlich eines der größten und beliebtesten Volksfeste des Landes.“

Seinem Schaffensdrang tat die sanitäre Krise aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Seit dem Eintritt in den Ruhestand verbringt der Nospelter die Hälfte des Jahres eigentlich in sonnigeren Gefilden. Wegen Corona aber war das im letzten Jahr nicht möglich, weshalb sich der Aulebäcker wieder verstärkt seinem kleinen Atelier im Keller widmen konnte. Rund hundert Péckvillercher sind in dieser Zeit entstanden.

Und die sollen auch allesamt an Liebhaber gebracht werden: „Ich habe Stammkunden, die jedes Jahr bei mir ein Péckvillchen kaufen. Viele davon wollen auch dieses Jahr wieder ihr Sammlerstück“, erzählt Geiben. Die Kunden haben daher die Möglichkeit, auf Anruf einen Termin beim Meister zu vereinbaren.

Das große Geld verdient Geiben eigenen Aussagen zufolge aber nicht mit seiner Aulebäckerei. Für ihn ist es vielmehr ein Hobby, das zur Leidenschaft geworden ist. Vom Péckvillchen-Fieber wurde er Ende der 60er, Anfang der 70er erfasst, gleich nach seinem Umzug nach Nospelt. Inspiriert wurde er vom Nachbarn, der selbst in seiner Freizeit Péckvillercher anfertigte.

„Irgendwann hat es mich gereizt, es selbst mal zu probieren. Ich wollte meinen Teil zum Erhalt dieser schönen Nospelter Tradition beitragen. Damals schon gab es kaum noch Aulebäcker …“, berichtet Geiben. Die ersten Versuche haben er selbst und sein Umfeld noch belächelt. Mit der Zeit aber seien die Péckvillercher immer besser geworden.

Für Geiben ist die Aulebäckerei pures Hobby. Es bereite ihm Spaß, die Modelle anzufertigen, aber auch sie in Szene zu setzen und abzulichten. Jedes einzelne Stück sei denn auch ein Unikat. Tatsächlich ist Geiben einer der letzten Aulebäcker in Nospelt, der seine Péckvillercher immer noch in reinster Handarbeit formt und bemalt. Andere Produzenten sind längst auf Backformen umgestiegen, was höhere Stückzahlen ermöglicht.

Die Éimaischen wird zum ersten Mal 1827 urkundlich erwähnt. So richtig populär aber wurde das Volksfest erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Inzwischen haben manche Péckvillercher sogar richtigen Sammlerwert.
Die Éimaischen wird zum ersten Mal 1827 urkundlich erwähnt. So richtig populär aber wurde das Volksfest erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Inzwischen haben manche Péckvillercher sogar richtigen Sammlerwert. Foto: Editpress/Isabella Finzi

„Da steckt viel Arbeit drin“

Für Geiben aber ist Handarbeit auch Ehrensache. Entsprechend stolz ist er auf seine Kreationen, die dieses Jahr noch einzigartiger sind als sonst. Tatsächlich trägt jedes einzelne Tonvögelchen – wie soll es während einer Pandemie auch anders sein – eine Maske. Innovativ ist Geiben damit zwar nicht, hatten auch letztes Jahr bereits Aulebäcker ihre Produkte mit Schnabel-Schutz ausgestattet. Der Nospelter aber rühmt sich damit, auch die Masken aus Ton per Hand aufzutragen.

„Da steckt viel Arbeit drin“, sagt Geiben lachend. „Mehr als drei Stunden habe ich ein Vögelchen in der Hand, bevor es fertig ist.“ Damit ist die Arbeit aber noch nicht abgeschlossen: Anschließend wird die Kreation abgeschliffen, zwei Wochen zum Trocknen ausgestellt und zum Backen zweieinhalb Tage lang in einen Ofen geschoben. „Erst nachdem es abkühlt, kann ich das Péckvillchen auch bemalen. Es steckt viel Arbeit drin“, wiederholt Geiben und lacht.

Bei einer solchen Hingabe versteht es sich von selbst, dass der Aulebäcker seine Kreationen auch entsprechend zur Schau stellen möchte. Einfach der Reihe nach auf einen Verkaufstisch? Kommt für Geiben nicht infrage. Er macht sich einen Spaß daraus, seine Péckvillercher in aufwendig dekorierten Kästen auszustellen. Daran wird auch eine Pandemie und die Absage des traditionellen Kunst- und Handwerkmarktes nichts ändern: Die bunten, trällernden Kunststücke werden dieses Jahr in speziell dafür angefertigten Vitrinen im Keller des Aulebäckers ausgestellt. „Die Kunden brauchen sich ihr Sammlerstück nur noch auszusuchen“, so der sympathische Nospelter.

Bilder aus vergangenen Tagen: 2019 fand die Éimaischen zum letzten Mal statt. Letztes Jahr fiel der Markt bereits der Pandemie zum Opfer. 
Bilder aus vergangenen Tagen: 2019 fand die Éimaischen zum letzten Mal statt. Letztes Jahr fiel der Markt bereits der Pandemie zum Opfer.  Foto: Editpress/Isabella Finzi