Ursprünglich hätte die Frist für eine Verhandlungslösung im Zollstreit mit den USA am Mittwoch ablaufen sollen. Doch bereits am Montag hatte das Weiße Haus diese Frist um einige Wochen auf den 1. August verlängert. Das könnte als gutes Zeichen gewertet werden, dass zum einen eine Einigung in greifbarer Nähe ist, zum anderen auch die USA einen Handelskrieg mit ihren größten Handelspartnern vermeiden wollen.
Für die EU bleibt eine Verhandlungslösung eine Priorität, auch wenn Gegenmaßnahmen gegen die von Donald Trump verhängten Zölle bereits ausgearbeitet wurden. Diese würden derzeit noch zurückgehalten, sagte die dänische Ministerin für europäische Angelegenheiten und amtierende EU-Ratsvorsitzende, Marie Bjerre, am Mittwoch während einer Debatte zum Thema im EP. Sie schränkte aber ein: „Unsere Geduld ist nicht grenzenlos.“ Doch noch stecken beide Seiten in Verhandlungen, die sich in den vergangenen Tagen sowohl auf technischer als auch auf politischer Ebene intensiviert hätten, erklärte der federführende EU-Handelskommissar. Er hoffe, dass in den kommenden Tagen eine Einigung gefunden werde, sagte Maros Sefcovic. Selbst Donald Trump hat in den vergangenen Tagen angedeutet, dass es zur Einigung kommen könnte. Doch gleichzeitig goss er wieder Öl ins Feuer. So stellte er weitere Zölle auf Importe aus der EU in Aussicht: 50 Prozent auf Kupfer und bis zu 200 Prozent auf pharmazeutischen Produkten.
Bereits jetzt erheben die USA Zölle von 50 Prozent auf Stahl und Aluminium, 25 Prozent auf Fahrzeugen und Ersatzteilen aus der EU sowie einen zehnprozentigen Grundzoll auf rund 70 Prozent anderer Importe aus der EU, die „illegal und ungerechtfertigt“ seien, wie der Vorsitzende des Ausschusses für internationalen Handel im EP, Bernd Lange, am Mittwoch erklärte. Auch der S&D-Abgeordnete sieht derzeit „einen Korridor“ für eine Verständigung bei den Zöllen, etwa jenen auf Stahl, Autos und möglicherweise Ausnahmen bei einigen Grundzöllen. Wobei Letztere für ihn, da der Dollar an Wert verliere, nicht das zentrale Problem sei. Das seien vielmehr die sektoriellen Zölle auf Stahl, auf Autos und möglicherweise bald auch Arzneimittel. Davon seien die Unternehmen in der EU besonders betroffen, so Bernd Lange. Er hofft daher, dass es schnell zu einer Verhandlungslösung kommt.
Rote Linien
Auch die Unternehmen in der EU wünschten sich eine Verhandlungslösung, sagte der EU-Handelskommissar und trat damit Forderungen entgegen, die EU möge ihre Gegenmaßnahmen in Kraft setzen. Diese würden am 14. Juli automatisch ausgelöst, sagte Bernd Lange, es sei denn, es käme zu einer Änderung. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um eine Liste von US-Produkten, die von der EU ihrerseits mit höheren Zöllen belegt werden können. Doch Bernd Lange kann sich auch andere Mittel vorstellen, um Druck auf die USA auszuüben. Etwa eine Abgabe auf bestimmte Exporte in die USA, wie beispielsweise Metallschrott. Da in der US-Stahlindustrie hauptsächlich Elektrohochöfen zum Einsatz kommen, ist Metallschrott begehrt, wird aber auch in der EU benötigt. Auch im Dienstleistungssektor könnte etwas getan werden, meint der S6D-Abgeordnete, wenngleich er die Einführung einer Digitalsteuer, die von großen US-Techkonzernen wie Google, Amazon und anderen erhoben werden könnte, als eine „schwierige Operation“ erachtet. Zumal dafür eine einstimmige Entscheidung im Ministerrat erforderlich ist. Bernd Lange plädiert daher für eine Abgabe auf den Umsätzen dieser US-Unternehmen.
Doch noch wird eine Verhandlungslösung angestrebt, die für Maros Sefcovic vor allem „Stabilität und Vorhersehbarkeit“ für die europäischen Unternehmen bringen soll. Bis spätestens 1. August soll demnach eine grundsätzliche Einigung gefunden werden, die als Fundament eines umfänglichen späteren Handelsabkommens dienen soll, so der Handelskommissar. Der allerdings auch eine rote Linie gezogen hat: „Unsere Gesetzgebung und Regeln bleiben unverhandelbar“, sagte Sefcovic und versicherte, dass zudem die „regulatorische Autonomie“ der EU erhalten bleibe. Dies ist insofern von Bedeutung, als die US-Regierung etwa darauf drängt, dass die in der EU geltenden Regeln für den digitalen Markt und die digitalen Dienstleistungen gelockert werden, die insbesondere den großen US-Internetfirmen ein Dorn im Auge sind.
Noch ungeklärte Themen
Laut Bernd Lange sind derzeit noch zwei Punkte in der Diskussionen wichtig: „Wenn ein Rahmenabkommen fertig ist, was bedeutet dies für die Zeit, während deren über Details diskutiert wird?“, fragt er. „Unserem Verständnis nach würde dies zu einer Reduzierung der Zölle führen, bis ein finales Abkommen vorliegt“, findet der Handelspolitiker. Doch das werde von den USA nicht so gesehen. Zudem verlangt der S&D-Politiker eine Stillstandsabmachung bis zum finalen Paket, damit zwischenzeitlich nicht andere Maßnahmen und Zölle kommen. Doch auch hier wollten die USA nicht mitziehen, so Bernd Lange. Zudem wurde im EU-Parlament gefordert, dass eine Vereinbarung im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) steht. Denn nur ein regelbasiertes Handelssystem sichere Vorhersehbarkeit, weshalb die EU dieses verteidigen müsse, forderte der schwedische EVP-Abgeordnete Jörgen Warborn.
Maros Sefcovic warb seinerseits dafür, die Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten sowie mit Mexiko noch in diesem Jahr zu einem Abschluss zu bringen. Die EU müsse diversifizieren und ebenfalls die angestrebten Handelsabkommen mit Indien, Indonesien, Malaysia, den Vereinigten Arabischen Emiraten und anderen Staaten voranbringen. Dazu müssten auch die EU-Staaten beitragen, forderte der EU-Handelskommissar.
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