Sprechen mit den FingernInternationaler Tag der Gebärdensprache

Sprechen mit den Fingern / Internationaler Tag der Gebärdensprache
Gebärdensprachen-Alphabet Grafik: Editpress/Jenny Füldner

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2017 bestätigte die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 23. September als offiziellen Tag der Gebärdensprache. Ins Leben gerufen wurde der Tag bereits 1951 vom Weltverband der Gehörlosen, um auf die Situation von Nicht-Hörenden aufmerksam zu machen.

Unsere Welt ist eine Welt von Lauten und Geräuschen: Kommunikation funktioniert zum großen Teil über die gesprochene Sprache. Gehörlose wären davon ausgeschlossen, gäbe es keine Gebärdensprachen und Dolmetscher, die zwischen Hörenden und Nicht-Hörenden vermitteln.

Hörende kennen sie vor allem aus Liveübertragungen im Fernsehen oder Internet: In kleinen eingeblendeten Kästen sieht man eine/n Dolmetscher/in, der/die das Gesprochene mit den Händen nachbildet. In Luxemburg sieht man sie bis dato vor allem in Liveübertragungen der Gemeinderäte von größeren Gemeinden wie Luxemburg und Esch/Alzette oder noch bei den Pressekonferenzen der Regierung. Zwei Gebärdensprachdolmetscher wechseln sich dort alle 15 Minuten ab, so wie bei anderen Sprachen auch. Bei allen Treffen, die länger als eine Stunde dauern, werden zwei Dolmetscher benötigt.

Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge gibt es weltweit 70 Millionen Gehörlose. Wie viele es in Luxemburg gibt, oder wie viele die Gebärdensprache regelmäßig benutzen, konnte uns auch die Gebärdensprachdolmetscherin Lynn Bidaine nicht sagen. „Wir besitzen leider keine offiziellen Statistiken hierzu.“

Fachkräftemangel

Die Anzahl der Dolmetscher hingegen ist sehr übersichtlich. „Bisweilen gibt es hierzulande nur drei. Arbeit für weitere gibt es jedoch mehr als genug“, sagt Bidaine. So müssen oft Kollegen aus dem nahen Ausland aushelfen: „Die zweite Person, die mit mir zusammen im hauptstädtischen Gemeinderat dolmetscht, kommt aus Deutschland.“ Den Mangel an qualifizierten Dolmetschern spüre man im Alltag: „Ja, mein Arbeitstag ist manchmal sehr lang.“

Die Nachfrage nach den Spezialisten steige ständig. Neben Konferenzen und Veranstaltungen wie den erwähnten Gemeinderäten sind die Dolmetscher an vielen Orten im Einsatz, wovon die breite Öffentlichkeit meistens nichts mitbekommt. Der oder die Gehörlose bestellt sich einen Dolmetscher je nach Situation beim Familienministerium, bei der Hörgeschädigtenberatung oder dem „Centre de logopédie“. Sie stehen für so unterschiedliche Situationen wie Weiterbildungen oder Arztbesuche zu Verfügung, für alle Fälle, in denen eine gehörlose Person mit einer hörenden Person kommunizieren möchte und deshalb einen Dolmetscher braucht.

Weltweit gibt es mehr als 200 verschiedene Gebärdensprachen, in Deutschland und Luxemburg bspw. benutzt man die deutsche, in Frankreich die „Langue de signes française“. Im September 2018 wurde die deutsche Gebärdensprache in Luxemburg gesetzlich anerkannt; die Alphabetisierung der Gehörlosen erfolgte hierzulande allerdings auch schon vorher in der deutschen Gebärdensprache.

Alle Varianten besitzen jedoch Gemeinsamkeiten: Gebärdensprachen sind sehr bildhaft, neben der Mimik wird quasi der ganze Oberkörper bei der Darstellung eines Begriffes miteinbezogen. Zudem wird jeder Begriff mit dem Mund nachgebildet. Das Gesprochene von den Lippen abzulesen funktioniere aber nur bis zu einem gewissen Grad, erklärt Bidaine. „Nur maximal 30 Prozent des Gesprochenen kann von den Lippen abgelesen werden.“ Es gebe zu viele Begriffe, bei denen das Mundbild gleich sei.

Das Masterstudium zum Gebärdendolmetscher absolvierte Lynn Bidaine im österreichischen Graz. „Voraussetzungen, um die Sprache zu erlernen, sind eigentlich nur ein Interesse an Sprachen und an Kommunikation, genau wie wie bei den Lautsprachen“, erklärt sie. Man muss allerdings nicht gleich ein Masterstudium machen; wie bei anderen Sprachen auch, können Interessierte (in diesem Fall am „Centre de logopédie“) die Sprache erlernen. Solche Grundkurse werden in Zusammenarbeit mit der Stadt Luxemburg organisiert.

Blaues Licht für die Gebärdensprache

„Der Weltverband der Gehörlosen fordert Verwaltungen auf, alle öffentlichen Plätze, öffentlichen Denkmäler und offiziellen Gebäude (…) bis zum 23. September 2023 blau zu beleuchten. Diese Aktion wird unsere gemeinsame Verpflichtung bekräftigen, die nationalen Gebärdensprachen zu unterstützen und Solidarität mit der weltweiten Gehörlosengemeinschaft zu zeigen.

Informationen zum Thema Hörgeschädigte finden Sie unter www.hoergeschaedigt.lu.