AlliancupIn Luxemburg sprechen die Selbstständigen jetzt mit einer Stimme

Alliancup / In Luxemburg sprechen die Selbstständigen jetzt mit einer Stimme
Die Krise hat auch Positives: Die Selbstständigen in Luxemburg haben jetzt eine Interessenvertretung

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Jeder kennt einen Friseur, einen Taxifahrer, eine Kosmetikerin, einen Restaurantbesitzer oder einen Physiotherapeuten. Bislang waren diese „Indépendants“ weitestgehend auf sich alleine gestellt, was ihr wirtschaftliches Engagement angeht. Durch die Krise sind sie zusammengerückt und haben sich eine Stimme gegeben: Alliancup Association. 

Die Geschichte von Alliancup ist die Geschichte eines Umdenkens. Selbstständige gehören zum Alltag, haben aber keinen Markennamen, den jeder kennt, und sind meist Einzelkämpfer. Andere wiederum bewegen sich mit ihrem Angebot in Nischen der Wirtschaft, klein und fein. Wenn sie mangels Einnahmen ins Trudeln kommen, bleibt das eher eine Randnotiz. Dabei wird oft vergessen, dass Mikrounternehmer Arbeitsplätze schaffen und sie neben den großen Wirtschaftsakteuren den Bereich bunter machen. 

In der Covid-19-Krise ist das Bewusstsein gewachsen, dass sie alleine so nicht weit kommen. „Uns hat eine gemeinsame Stimme gefehlt“, sagt Alliancup-Präsident Giovanni Patri (44), selbst Freelancer im Bereich Identitäts- und Datenschutz. Am 25. März hat er deshalb die „Association sans but lucratif“ gegründet, deren Mitgliederzahl sich aktuell auf rund 800 beläuft. Tendenz steigend. Die Covid-19-Krise mit dem Lockdown des öffentlichen Lebens hält nach wie vor an.

Gewicht der Mikrobetriebe wird unterschätzt

Auf der Seite des Wirtschaftsministeriums wird die Zahl der kleinen und mittleren Unternehmen in Luxemburg mit 32.000 beziffert, die Handwerks-, Einzelhandels-, Gastronomie- sowie Hotelbetriebe und freie Berufe umfasst. Die Zahl der Angestellten in diesen Firmen liegt bei 210.000 Menschen. Sie alle haben dieselben Probleme: keine Einnahmen durch die Betriebsschließungen, laufende Gehälter von Angestellten, Sozialversicherungen und Mieten. Und wenn – wie im Falle von Patri – der Betrieb nicht geschlossen werden musste, haben sie vielfach nichts zu tun, weil die Aufträge ausbleiben und schon zugesagte auf Eis gelegt werden. 

„Als es losging, habe ich gemerkt, wir brauchen jetzt eine Organisation, die uns vertritt“, sagt Patri. Die Berufe der im Vorstand vertretenen Mitglieder sind so bunt wie die Gruppe der Selbstständigen. Neben ihm teilen sich ein Sportcoach, ein Psychotherapeut, eine Restaurantbesitzerin und eine Juristin die Arbeit für den Verein.

Düstere Prognose für Zeit nach Corona

„Es wird ein Nach-Corona geben“, ist sich Patri sicher und klingt dabei düster. Sehr schnell nach den beschlossenen Betriebsschließungen im Rahmen der Ausgangsbeschränkungen wegen der Pandemie hat er eine Facebookgruppe gegründet. Die Mitgliederzahl von „Rescue Independents & Startups“ liegt aktuell bei rund 7.100. Nach einer nicht repräsentativen Umfrage innerhalb der Gruppe prognostiziert er, dass 55 Prozent der darin organisierten Betriebe bis zum 15. Mai Insolvenz anmelden müssen.

Die Soforthilfen, die die Regierung im Rahmen des Stabilisierungsprogramms für die Wirtschaft angekündigt hat, sind zwar willkommen, aber zu langwierig. Von 600 Mitgliedern der Facebookgruppe weiß Patri, dass sie die zugesagten 5.000 Euro Soforthilfe beantragt, aber noch nicht erhalten haben. „Sie wissen auch nicht, ob etwas in den Unterlagen fehlt, um die Anträge zu bewilligen“, sagt er. Die fehlende Antwort zieht nach sich, dass sie die am Mittwoch verabschiedeten weiteren 2.500 Euro Soforthilfe nicht beantragen können. Diese finanzielle Unterstützung richtet sich an Kleinstunternehmen, die nicht schließen mussten, aber finanzielle Schwierigkeiten haben.

5.170 Anträge für die erste Soforthilfe in Höhe von 5.000 Euro, die am 30. März per Gesetz geregelt wurde, sind beim Wirtschaftsministerium bereits bearbeitet. Das teilte das Ministerium am Mittwoch auf Anfrage des Tageblatt mit. Das entspricht einem Betrag von 25,8 Millionen Euro.

Vereinsarbeit zeigt Wirkung

Alliancup ist rege und die Arbeit zeigt Wirkung. Am Mittwoch wurden im Regierungsrat weitere Hilfen für Mikrounternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern verabschiedet. Betriebe dieser Art hat der dafür zuständige Minister Lex Delles (DP) als „généralement les plus vulnérables face à des événements imprévisibles tels que le Covid-19“ identifiziert. Die jetzt zugesagten Hilfen gehen auf seine Initiative zurück. Das liegt in der Logik  seiner Zuständigkeiten. Er ist nicht nur für die kleinen und mittleren Unternehmen zuständig, sondern auch für den Tourismus und damit für die Branche, die sehr stark vom Lockdown betroffen ist. 2019 erst warb er mit einer „Roadshow“ quer durchs Land für den Ausbau des für Luxemburg immer wichtiger werdenden Sektors. 

Alliancup ist nicht nur ein Resultat der Krise. „Ein positives“, wie Präsident Patri betont. Der Verein wird auch nach der Krise weitermachen. Zu lange wurde das Gewicht der Mikrobetriebe in deren Augen vernachlässigt. „Es gibt viel zu tun“, sagt der Gründer, der sich mitten in der Notsituation als „Vereins-Start-up“ betätigt. 

Weitere Hilfen

Am Mittwoch hat der Regierungsrat neben den 2.500 Euro eine weitere Hilfe von 5.000 Euro für Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern verabschiedet. Sie können in Anspruch genommen werden, wenn der Betrieb schließen musste oder aber bei Nicht-Schließung mindestens 50 Prozent Umsatzeinbußen zwischen dem 15. April und dem 15. Mai nachweisen kann. Für Betriebe mit zwischen 10 und 20 Angestellten ist eine weitere Hilfe über 12.500 Euro verabschiedet worden. 

Giovanni Patri (44) ist der Präsident von Alliancup
Giovanni Patri (44) ist der Präsident von Alliancup Foto: privat