Das hat sich die amerikanische Botschaft in Luxemburg wohl auch anders vorgestellt. Sie hatte für den Morgen nach der Wahl eingeladen, um die Entscheidung gemeinsam am Bildschirm zu verfolgen. Doch als die Wahlparty am Mittwoch um 8.00 Uhr beginnt, ist die Entscheidung längst gefallen und Donald Trump der Sieg über Kamala Harris nicht mehr zu entreißen.
Bereits eine Stunde zuvor, um kurz vor 7.00 Uhr unserer Zeit, warten die Amerikaner eigentlich nur noch darauf, dass er das Wort ergreift und sich zum Sieger erklärt. Das Fan-Volk in der Wahlzentrale der Republikaner in West Palm Beach, Florida, ist überzeugt: He won, er hat gewonnen. Die Swing States North Carolina und Georgia sind da bereits an Trump gefallen. In den fünf anderen liegen die Republikaner vorne. Der Senat ist gewonnen, der Popular Vote in greifbarer Nähe. Alles deutet auf einen Erdrutschsieg Trumps hin.
Nur einer spricht
Das spüren auch die Demokraten. Kamala Harris lässt über einen Sprecher mitteilen, dass sie sich an diesem Wahltag nicht mehr äußern wird vor ihren Wählerinnen und Wählern an der Howard University in Washington. Die Stimmung ist längst gekippt, immer mehr Harris-Unterstützer und -Unterstützerinnen verlassen die Wahlparty, die keine Party wird. Die krachende Niederlage, die Harris und den Demokraten droht, bleibt damit erst einmal unkommentiert. Und der Einzige, der das Wort hat, ist Trump.

Das Convention Center in West Palm Beach ist derweil proppenvoll. Um 7.30 Uhr warten die Trump-Fans immer gebannter auf ihren Präsidenten. Etwas angespannter ist das Warten in Luxemburg in der rue Notre-Dame. Die amerikanische Botschaft hat für den Wahlmorgen in eine Sportbar geladen. Botschafter Tom Barrett wird später sagen, dass der Ort dahingehend bewusst gewählt ist, weil die US-Wahl, die amerikanische Demokratie, der weltweit größte Mannschaftssport sei. Beim Eintreffen gegen 8.00 Uhr ist noch nicht viel los, aber die Stimmung bereits etwas gedrückt.
Wir sind hier zusammengekommen, um die amerikanische Demokratie zu feiern – und immer für eine Überraschung gut
Eine knappe halbe Stunde später ist es so weit, auch Pennsylvania, der wichtigste der Swing States, geht an die Republikaner. Auf den vielen Schirmen in der Bar tritt Trump ans Mikrofon und erklärt sich zum Wahlsieger. Trump will seinem Land dabei „helfen zu heilen“, sagt er und verspricht in einem seiner ersten Sätze, die Grenzen dichtzumachen. Dass er auf dem besten Weg sei, auch den Popular Vote zu gewinnen, also die meisten Stimmen der gesamten Wählerschaft zu bekommen, sei „ein großartiges Gefühl der Liebe“.
Lange hören die Anwesenden in der rue Notre-Dame dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten nicht zu. Nach wenigen Minuten ist Trumps Ansprache kaum mehr vernehmbar, das Geplauder der Gäste ist dafür einfach zu laut – und der Tenor dabei nahezu unisono derselbe: Dass Trump gewinnt, war erwartbar, dass er so deutlich gewinnt und so früh alles klar ist, überrascht dann doch. Es ist ein seltsamer Pragmatismus, der sich schnell breit macht. Doch was soll man auch tun oder sagen an diesem Morgen, an dem klar ist, dass den USA, der Welt und auch uns hier in Luxemburg vier weitere Jahre unberechenbare Trump-Politik bevorstehen?

Botschafter Barrett, Mitglied der Demokraten und langjähriger Bürgermeister von Milwaukee, Wisconsin, will keine Untergangsstimmung aufkommen lassen bei seiner Ansprache. Kurz zuvor hatte der großgewachsene Mann noch ziemlich konsterniert dreingeschaut, als Trump seine erste Siegesbotschaft per Live-Übertragung in die Welt schickte. Doch Barrett ist Diplomat und singt auch am Morgen des Sieges von Trump gegen Harris, dem Triumph des „Maga Movement“ über die amerikanische Politik ein Loblied auf die Vereinigten Staaten. „Wir sind hier zusammengekommen, um die amerikanische Demokratie zu feiern“, sagt Barrett und zitiert die amerikanische Verfassung, die sagt, dass die USA immer „toward a more perfect union“ arbeiteten. Der Weg als Ziel also.
Botschafter ist zuversichtlich
Dass dieser Weg mit Trump ein steiniger werden könnte, dazu sagt an diesem Morgen kaum einer etwas. Sowohl die Abgeordneten Dan Biancalana (LSAP), Alex Donnersbach (CSV) und Fred Keup (ADR) wie auch Anne Calteux, Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Luxemburg, sprechen gegenüber dem Tageblatt an diesem Mittwoch von Herausforderungen, die auf Europa warten. Man müsse unabhängiger von den USA werden, heißt es mehr oder weniger einstimmig, was aber auch keine neue Erkenntnis ist. Dass die Wahl Trumps, den ehemalige Mitarbeiter noch vor wenigen Tagen als Faschisten charakterisierten, eine Katastrophe auch für Europa sein könnte, sagt niemand.
Botschafter Barrett spricht zuvor auch über die Beziehungen zwischen den USA und Luxemburg. Diese würden auch unter Trump gut bleiben, ist der Diplomat überzeugt. Sie seien historisch gewachsen, wirtschaftlich eng und über gemeinsame Werte miteinander verknüpft. Die Nachfrage, ob Trump diese gemeinsamen Werte nicht gefährde, erwidert Barrett damit, dass diese über Trump hinausgingen und eben nicht alles an dessen Person hänge. Auch in Zukunft nicht, da es um die Werte von 200 Millionen Menschen gehe. „Ich bin weiterhin zuversichtlich“, sagt der Botschafter, der wirkt, als habe er längst seine Pokermiene aufgesetzt.
De Maart

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