Den Zug im Zeichen des Regenbogens hielt am Ende keiner der zahlreichen Widerstände auf. Weder die Verwünschungen von mit Holzkreuzen wedelnden Gläubigen noch das Wüten prügelnder Hooligans oder das erst im letzten Moment aufgehobene Polizeiverbot vermochte am Wochenende die Abhaltung der ersten EuroPride-Parade in Südosteuropa zu verhindern: Unter starkem Polizeischutz zogen tausende von Menschen in Belgrad auf einer auf wenige Hundert Meter verkürzten Parade-Route von Serbiens Verfassungsgericht zum Abschlusskonzert der EuroPride-Woche in das Stadion im nahegelegenen Tasmajdan-Park.
„Wir sind hier – trotz der Verbote“, freute sich der serbische EuroPride-Organisator Goran Miletic zum Auftakt der Parade. Er sei froh, wie viele andere der angereisten Europaparlamentarier in Belgrad den Kampf für „Gleichheit, Freiheit und die europäischen Werte“ zu unterstützen, erklärte in einer kurzen Ansprache Vladimir Bilcik, der Serbien-Berichterstatter des Europaparlaments. Während auch zahlreiche serbische Oppositionspolitiker aus Solidarität mit den sorgengeplagten LGBT+-Personen des Landes bei der Parade mitmarschierten, war kein einziger heimischer Würdenträger beim wichtigsten Happening von Europas LGBT+-Gemeinde zugegen.
Hernach meldete sich Serbiens lesbische Regierungschefin Ana Brnabic immerhin per Pressekonferenz zu Wort, um den Bürgern für die „demonstrierte Toleranz“ und den 5.200 Einsatzkräften der Polizei für die erfolgreiche Absicherung der EuroPride zu danken: Bei den 130 Veranstaltungen in der EuroPride-Woche habe sich „kein einziger ernsthafter Zwischenfall“ ereignet.
Serbien habe „Kraft gezeigt“, jubilierte am Sonntag auch das regierungsnahe Boulevardblatt Kurir. Serbiens Hauptstadt sei nun „in der Gesellschaft der modernsten Hauptstädte Europas“: „Wir sind die ersten in Südosteuropa, die erfolgreich eine Europride organisierten!“
Politischer Druck aus der EU und den USA
Tatsächlich trübten aber nicht nur die dunklen Wolken und Dauerregen den Belgrader Regenbogen. Mit dem Ende August angekündigte Verbot der seit 1992 jährlich in einer anderen europäischen Großstadt steigenden EuroPride hatte Serbiens Präsident Aleksander Vucic den wegen der Verweigerung der Russland-Sanktionen ohnehin misstrauisch beäugten EU-Anwärter erneut in Verruf gebracht: Dass die Parade schließlich doch über die Bühne ging, war nur starkem politischen Druck der EU und der USA zu verdanken.
Mit dem wochenlangen, aber völlig überflüssigen Hickhack um die EuroPride versuchte der allgewaltige Staatschef auch die Aufmerksamkeit der heimischen Öffentlichkeit von der immer stärkeren Kritik an seiner Kosovo-Politik abzulenken. Die Zeche dafür hatte Serbiens LGBT+-Gemeinde zu bezahlen.
Gingen die lokalen Pride-Paraden seit 2014 in Belgrad ohne Zwischenfälle über die Bühne, verstärkte das präsidiale Verbot der EuroPride in dem homophoben Balkanstaat in den letzten Wochen das Kesseltreiben gegen Schwule und Lesben. Bei wüsten Hooligan-Ausschreitungen am Rande der Parade wurden am Samstag 64 Schläger verhaftet und 13 Polizeibeamte verletzt. Nach dem Abschlusskonzert der EuroPride wurde eine Gruppe albanischer Besucher aus Tirana bei der Rückkehr in ihr Hotel von Hooligans attackiert: Zwei von ihnen mussten verletzt in die Notfallaufnahme eingeliefert werden.
 
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