SüdosteuropaHilfsgelder versickert: Bosnien hat aus der Hochwasserkatastrophe von 2014 kaum gelernt

Südosteuropa / Hilfsgelder versickert: Bosnien hat aus der Hochwasserkatastrophe von 2014 kaum gelernt
In Karlovac helfen kroatische Soldatinnen, Sandsäcke gegen die Fluten zu füllen  Foto: AFP

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Die Überschwemmungen in Südosteuropa rufen bei den Anwohnern ungute Erinnerungen an das Jahrhunderthochwasser von 2014 wach. Vor allem Bosnien-Herzegowina scheint aus der Katastrophe nur wenig gelernt zu haben: Viele der damaligen Hilfsgelder sind wirkungslos versickert.

Aus malerischen Flussläufen werden trübe Seenplatten: Sehr heftige, seit Tagen anhaltende Regenschauer lassen nicht nur in Norditalien, sondern auch in Südosteuropa immer mehr Wasserläufe über ihre Ufer steigen. Hunderte von Häusern sind überschwemmt, überflutete Grenzübergänge und Überlandstraßen geschlossen: Unermüdlich sind Tausende von Hilfskräften seit Tagen vor allem in Zentralkroatien und dem Nordwesten von Bosnien-Herzegowina im Einsatz.

Von „extrem hohen Wasserständen im ganzen Land“ spricht besorgt Zoran Djurokovic, der Direktor von Kroatiens Wasserwirtschaftsamt „Hrvatske Vode“. In fünf Regionen herrsche Hochwasseralarm, an über 20 Wasserläufen würden derzeit die aufgeweichten Deiche verstärkt: „Nie zuvor“ habe das Hochwasser das Land „an so vielen Fronten“ gleichzeitig attackiert.

Ob an der Una, Lika, Krka oder Kupa: An mehreren Nebenflüssen der Save herrscht seit Tagen Ausnahmezustand. In der kroatischen Stadt Sisak, wo die Kupa in die Save mündet, hielt der beim Erdbeben von 2021 schwer beschädigte und noch nicht vollständig ausgebesserte Deich dem Druck der Wassermassen am Donnerstag nicht mehr Stand.

Trotz des Deichdurchbruchs wies Premier Andrej Plenkovic in der von den Überschwemmungen besonders hart getroffenen Stadt Karlovac die Kritik an dem Zustand der über 4.000 Kilometer langen Flussdeiche des Adria-Staats mit Verweis auf die globalen Klimaveränderungen zurück. Die heimischen Deichanlagen seien „besser als früher“ unterhalten, doch handle es sich um „gewaltige Naturkatastrophen“ mit enormen Wassermassen: „Schaut doch, was in Italien los ist. Das Klima ändert sich und die Standards für die Deiche ändern sich. Und diese Veränderungen ereignen sich sehr schnell.“

Doch einige Gründe für die wiederholten Hochwassernöte an den südlichen Zuflüssen der Save sind auch hausgemacht. In einigen Kommunen habe man sich bei den Bebauungsplänen kaum um das Hochwasserrisiko gekümmert, kritisiert Djurokovic: „Manche Häuser sind einfach zu nahe am Flussufer gebaut.“

„Wir lernen schlecht“

-Aus den Verwüstungen des Jahrhunderthochwassers von 2014, das in Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Serbien für Schäden in Milliardenhöhe sorgte, wurden zudem nicht immer die richtigen Lehren gezogen. „Erinnert ihr euch an die Spenden nach den großen Überschwemmungen 2014?“, ätzt angesichts der vertrauten Bilder überfluteter Landstriche das bosnische Webportal „klix.ba“: „Bei der Hälfte der Gelder ist unbekannt, wofür es ausgegeben wurde.“

Tatsächlich waren dem Vielvölkerstaat damals auf einer internationalen Geberkonferenz in Paris Mittel in Höhe von 750 Millionen Euro zur Behebung der Hochwasserschäden und für den Ausbau der Deiche zugeteilt worden. Die US-Entwicklungshilfegesellschaft USAID kam später allerdings zu dem Schluss, dass nur bei 55 Prozent der für Bosnien bereitgestellten Hilfsgelder deren Verwendung überprüft werden könne.

Flussläufe wurden kaum ausgebaggert, Abwasserkanäle nicht regelmäßig gereinigt und Deiche unzureichend verstärkt. Die Wasserpegel steigen erneut im Vielvölkerstaat. Doch ein Großteil der internationalen Spenden scheint in Bosniens Staatslabyrinth wieder einmal völlig wirkungslos in den tiefen Taschen von Würdenträgern und Parteifürsten versickert zu sein. Von einem „bitteren Déjà-vu“ spricht ernüchtert „klix.ba“: „Wir lernen schlecht.“