Wenn es nach der Handelskammer geht, soll Luxemburg in den kommenden Jahren zu einer internationalen Drehscheibe für Künstliche Intelligenz (KI) werden. Das zumindest ist das ausgeschriebene Ziel, das die Unternehmensvertreter ihrem am Dienstag veröffentlichten Bericht „LuxAIhub“ vorangestellt haben. 30 konkrete Empfehlungen hat die Kammer zusammengestellt, sie sind das Ergebnis einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Gérard Hoffmann, CEO des Telekommunikationsanbieters Proximus Luxembourg. Vor knapp einem Monat hatte die Handelskammer bereits ihren Zehn-Punkte-Plan für die Verteidigungsindustrie vorgestellt, Produkt einer weiteren Arbeitsgruppe. Ein Bericht zum Thema Fachkräfte soll noch folgen.
„Die drei Themen hängen eng miteinander zusammen“, sagt Carlo Thelen, Direktor der Luxemburger Handelskammer, am Dienstagvormittag. Der Verteidigungssektor sei ein wichtiger Anwendungsbereich für KI-Technologie, „wenn nicht sogar der wichtigste“, so Gérard Hoffmann. Gleichzeitig fehlt es gerade im Bereich KI weiterhin an qualifizierten Fachkräften. Die sind jedoch notwendig, um den technologischen Rückstand Europas gegenüber den USA und China zumindest in Teilen wettmachen zu können. Unter den meistverbreiteten und bekanntesten KI-Modellen stammen aktuell 40 aus den USA, 15 aus China und nur drei aus Europa. Hoffmann weist in diesem Zusammenhang auch auf eine weitere große Lücke hin: In den USA sind die Privatinvestitionen in KI in den vergangenen drei Jahren förmlich explodiert, besonders im Bereich generativer KI-Systeme wie ChatGPT oder Gemini. Die Handelskammer macht sich in ihrem Bericht deshalb auch für mehr private Investitionen und „Public-Private Partnerships“ (PPPs) stark.
Rückstand kaum noch aufzuholen
„Bei der Infrastruktur haben wir einen Rückstand, den man ehrlicherweise kaum noch aufholen kann“, sagt Thelen. Potenzial und Möglichkeiten sieht der Direktor der Handelskammer jedoch beim Thema Datensouveränität – die selbstbestimmte Kontrolle über Erhebung, Speicherung, Nutzung und Verarbeitung der eigenen Daten. Dementsprechend begrüßt die Handelskammer auch die neuen Digital-Strategien der Regierung. Gleich drei Ministerien (Forschung, Medien und Wirtschaft) hatten am Montag ihre Pläne zu Daten, Quanten und KI vorgestellt. „Es gibt viele Überschneidungen“, so Thelen. Gleichzeitig wirft der Direktor die Frage auf, wer bei diesen übergreifenden Aufgaben die Führung übernehmen soll. Hier kommt der zentrale Vorschlag aus dem Bericht der Handelskammer ins Spiel: Zur Koordination der einzelnen Strategien schlägt sie eine KI-Plattform vor, die alle relevanten Akteure miteinander verbinden soll. Aktuell mangele es noch an einer gemeinsamen strategischen Vision, so steht es im Bericht. Abhilfe schaffen könnte eine Plattform, die als „Chefsache“ unter die Schirmherrschaft des Premierministers gestellt werden sollte, so Hoffmann, und die aus Mitgliedern sowohl des privaten als auch des öffentlichen Sektors bestehen könnte, die für eine Dauer von fünf Jahren nominiert werden.
Auf der Idee dieser KI-Plattform fußt für die Handelskammer das KI-Ökosystem Luxemburgs. Sie bildet die Grundlage für die konkreten Vorschläge, die die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht unterbreitet. Zum einen geht es dabei um den Produktivitäts-Boost, den KI für die luxemburgische Wirtschaft versprechen könnte. Deren Wachstum sei in der Vergangenheit vor allem auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen, das sei jedoch „nicht nachhaltig“, so Hoffmann. Um die Produktivität zu steigern, sollen mehr KI-Systeme vor allem im Finanzsektor zum Einsatz kommen. Das Problem: „Viele Entscheidungszentren befinden sich außerhalb unserer Grenzen“, sagt Hoffmann. Neue KI-Projekte würden vor allem in den Hauptquartieren internationaler Konzerne gelauncht, für Luxemburg müsse man also Anreize schaffen.
Ein zweiter Punkt betrifft die bereits erwähnte Finanzierung der KI-Wende. „Die öffentlichen Investitionen reichen nicht“, sagt Hoffmann. Es braucht mehr private Investitionen und Kofinanzierung mit PPPs. Die Handelskammer schlägt sogenannte „Roadshows“ vor, um die Vorzüge Luxemburgs in Finanzzentren wie London, dem Silicon Valley oder Singapur zu präsentieren, um Investitionen und Unternehmen anzuziehen. Überhaupt müsse Luxemburg seine internationale Bekanntheit in diesem Bereich ausbauen, so ein Fazit des Handelskammerberichts. Wer eine internationale Drehscheibe der KI-Industrie werden will, muss auch so auftreten. Noch stellen die Unternehmervertreter jedoch „einen Mangel an ambitionierter Kommunikation“ fest. Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb eine neue „Nation Branding Strategie“ für KI vor – ganz ähnlich wie es Luxemburg bereits im Space-Sektor gelungen ist. Als symbolischer Akt solle außerdem die Nationale Datenschutzkommission („Commission nationale pour la protection des données“, CNPD), die für die nationale Umsetzung des europäischen „AI Act“ zuständige Behörde, in „Luxembourg Data and AI Authority“ umbenannt werden. Koordinieren, investieren, kommunizieren. Das sind am Ende die drei Handlungsanweisen der Handelskammer auf dem Weg zur luxemburgischen KI-Vorreiterrolle.
De Maart

KI, KI, KI, und nochmals KI, höre überall nur KI. Menschliche "I" ist wohl nicht mehr vorhanden?
Kein Überleben mehr ohne KI?