Das Gebäude in der Escher Clair-Chêne-Straße Nr. 17 umfasst zehn Wohnungen, zwei pro Etage. Eine davon, rechts im ersten Stock, steht seit langem leer. Das erkennt man sofort: alte Fensterrahmen, schmutzige Scheiben, Rußspuren – ein Brand hat hier irgendwann gewütet.
Die Kosten, die eigentlich der Besitzer dieses Appartements tragen müsste, werden stattdessen auf die neun anderen Eigentümer verteilt. Über die Jahre habe jeder von ihnen bereits Tausende Euro zusätzlich gezahlt, erzählen sie verzweifelt. Für kleinere Arbeiten wie die Reinigung des Treppenhauses, aber vor allem für größere Investitionen: einen neuen Aufzug, die Sanierung der Fassade, neue Abflussrohre, eine neue Eingangstür, Dachreparaturen und mehr.
Nun stehen Arbeiten an den Stromleitungen und Verteilerkästen an. Geschätzte Kosten: 30.000 Euro. Anstatt 3.000 Euro pro Eigentümer werden es 3.330, weil die Summe auf neun statt auf zehn Parteien aufgeteilt werden muss. Und das ist nur ein Beispiel. Die Zusatzkosten summieren sich über die Jahre erheblich.
Die „Bommeleeër“ sind schuld
Mehrere Anwälte haben bereits versucht, das Problem zu lösen – ohne Erfolg. Entweder verloren sie das Interesse oder fanden keinen rechtlichen Hebel und gaben auf. Seit geraumer Zeit befasst sich Me Luc Majerus, ein Anwalt aus Esch, mit dem Fall. Die Angelegenheit sei ein harter Brocken, gibt er zu verstehen.
Schon 2011 wurde die vermeintliche Besitzerin der Wohnung, Alice Goergen, gerichtlich zur Zahlung von rund 5.500 Euro an Nebenkosten verurteilt. Sie zahlte nicht. Die Summe konnte auch nicht eingetrieben werden – sie war nicht auffindbar. Später stellte sich heraus, dass die Besitzverhältnisse alles andere als eindeutig sind. Eine Nachlassregelung, die Goergen als rechtmäßige Eigentümerin ausweist, existiert offenbar nicht. Andere Beteiligte oder potenzielle Erben sind verstorben oder verstecken sich, wie Tochter Christine Wolff.
2017 verurteilte ein Gericht Alice Goergen erneut zur Zahlung – diesmal von rund 27.000 Euro. Ihre Tochter legte Einspruch ein, mit der Begründung, dass die Wohnung absichtlich in Brand gesteckt worden sei, die Versicherung nicht zahle und das Appartement unbewohnbar sei. Bei einer Hausversammlung, bei der sie zum Erstaunen aller auftauchte, soll sie damals gesagt haben: „Ich werde nichts unternehmen, solange die ‚Bommeleeër‘ nicht zur Rechenschaft gezogen werden.“ Me Majerus bestätigt eine ähnliche Aussage. Seither fehlt von ihr jede Spur.
Ein Antrag von Me Majerus, den Nachlass als vakant erklären zu lassen, wurde vom Luxemburger Gericht abgelehnt. Es fehlen ein Testament und ein Totenschein von Alice Goergen. Diese lebte in ihren letzten Jahren in Irrel (Südeifel, Deutschland) und verstarb dort 2020. Doch eine Nachlassregelung existiert nicht, wie die Behörden in Bitburg dem Anwalt 2023 mitteilten.
Wo ist Christine Wolff?
Das Verfahren steckt fest. In Luxemburg, weil Alice Goergen in Deutschland starb, und in Deutschland, weil es kein Testament gibt. Bis heute ist unklar, wer die rechtmäßigen Erben sind und wer für die aufgelaufenen Schulden aufkommen müsste. Eine Zwangsvollstreckung gestaltet sich daher äußerst schwierig.
Me Majerus setzt nun auf Artikel 881 des Zivilgesetzbuches. Dieser besagt: Wird ein Nachlass nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen beansprucht, gibt es keine bekannten Erben oder schlagen diese ihr Erbe aus, gilt er als vakant.
Als einzige Erbin kommt offenbar Christine Wolff infrage – falls sie noch lebt und gefunden werden kann. Bis dahin bleibt die Situation für die Bewohner der Clair-Chêne-Straße 17 unverändert: Sie sind gezwungen, weiterhin für eine Wohnung zu zahlen, die ihnen nicht gehört. Schwer nachvollziehbar. Nicht nur wegen des Leerstands – in Zeiten von Wohnungskrise.
In einer co-propriété ist es eben so , wenn ein Eigentümer seinen Anteil an den gemeinsamen Kosten nicht aufbringen kann oder will müssen die anderen einspringen...jedoch können sie eine Hypothek einschreiben lassen im GRundbuch auf die Wohnung und so später ihr Geld zurückverlangen.......
@Reinertz Barriera Manfred Guter Beitrag, allerdings müsste der Fall dann ganz spezifisch definiert sein, denn ansonsten passiert in einer Coproprété nichts mehr. Einer ist immer gegen einen gemeinsamen Beschluss. Op neue Fassade oder Aufzug oder neue Leitungen. Danke für den Hinweis
Marco Goetz
Die Regelung der co-propriété ist eben irre, aber diese Wohnung ist eben in einer Immobilie wo es eben viele andere Eigentümer gibt, deshalb müsste es ein Règlement de coproprété geben dass einen solchen Fall auch vorsieht...wenn nicht dann hängen alle die anderen in der Klitsche mit drin..
Gibt es eigentlich mehrere solcher Beispiele? Also Wohnungen, die leer stehen und wo die Mietergemeinschaft für Kosten aufkommen muss? Oder Häuser, um die sich niemand kümmert, die aber auch nicht anderwärtig verwendet werden können?