EditorialGesundheit oder Wirtschaftlichkeit: Gerechtfertigte Angst von Gaststättenbetreibern

Editorial / Gesundheit oder Wirtschaftlichkeit: Gerechtfertigte Angst von Gaststättenbetreibern
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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„Mir maachen net méi zou“, kündigte der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands, Alain Rix, am Dienstag in einem Radiointerview an. Rix rät der Regierung, nicht auf die Idee zu kommen, die Gaststätten noch einmal zu schließen, „well da gëtt et eng Katastroph“. Es war eine Forderung, die zwar einer Drohung und Kampfansage ähnelte, aber von einem wirtschaftlichen Standpunkt mehr als verständlich ist, da Cafés und Restaurants auf den direkten Kontakt mit Kunden angewiesen sind.

Käme es allerdings wieder zu einem Lockdown, kann man sich zwar einerseits nicht vorstellen, wie das Gewerbe das überlebt, aber andererseits auch nicht, wie es sich dem Staat widersetzen kann. Aufgabe der Regierung ist es, für das Wohl der Allgemeinheit zu sorgen, was momentan konkret die öffentliche Gesundheit bedeutet. Und es gibt durchaus Cafébetreiber, die das verstehen. „La santé avant tout“, sagte einer dem Tageblatt gegenüber.

In Luxemburg haben Experten entschieden, dass „Bleift doheem“ sinnvoll ist. Und eine Mehrheit der Bevölkerung scheint das ebenfalls so zu sehen: Bei der Tageblatt-Umfrage vom Dienstag sagten 48 Prozent der Teilnehmer, ein Gaststättenbetrieb sei ihnen noch zu riskant. Fraglich, ob das „Safe to serve“-Label daran etwas ändert. Hinzu kommt, dass wegen der Abstandsregelung ein Restaurant zwangsweise weniger Gäste haben wird. Die deutsche Zeitung Die Welt schrieb gestern: „In Deutschlands Restaurants verpufft der Öffnungseffekt komplett.“ Die Durststrecke der Gastronomie scheint wohl noch nicht vorbei zu sein.

Zu dem wirtschaftlichen Druck, die Gaststätten (nicht nur in Luxemburg) wieder zu öffnen, kam der soziale hinzu. „Gebt uns unsere Freiheit zurück“, skandieren bereits Tausende von Demonstranten weltweit. Aber Freiheit zu welchem Preis? Auf Kosten der Gesundheit, vor allem die anderer?

Für die Regierungen ist es eine Zwickmühle: Um die öffentliche Gesundheit zu gewährleisten, müssen sie der ganzen Gesellschaft Regeln aufzwingen, was aber in einer liberal-sozial gesinnten Gesellschaft den Prinzipien von Freiheit und Gleichheit widerspricht. Es ist der perfekte Nährboden für Verschwörungstheoretiker, die behaupten, es sei alles nur ein Plan, um unsere Freiheiten einzuschränken. Eine ganze Gesellschaft lange einzusperren, ist unmöglich, auch wenn es medizinisch noch so sinnvoll ist, außer man setzt in der Tat auf brutale autoritäre Maßnahmen.

Falls es zu einer zweiten Infektionswelle mit Lockdown kommen sollte, wäre Alain Rix schlecht beraten, der Regierung noch einmal zu drohen. Es ist verantwortungslos, die wirtschaftlichen Interessen eines einzelnen Sektors über die öffentliche Gesundheit zu stellen. Und mit welchem Recht sollte man Blumenhändler oder Kleiderläden bankrottgehen lassen, aber Cafés und Restaurants retten? Mit keinem natürlich. Deshalb: gleiche Regeln, aber auch gleiche Hilfen für alle. Die Regierung sollte die „Drohung“ eher als Hilfeschrei ansehen, der stellvertretend für alle Wirtschaftsbereiche steht.

Insterburg
29. Mai 2020 - 13.13

@Jimbo "mat enger Doudesrate vun 0,027%" Si ass bal 20 Mol méi grouss. De Moment.

Jimbo
28. Mai 2020 - 20.11

Einfach jidderengem soen, e soll oppassen. Ween sech ustecht, hat eben Pech. Ass jo net, ewei wann eis Generation 80+ elo net geif wessen, wat ze machen ass. dWirtschaft geet bachof, mat enger Doudesrate vun 0,027%

TNT
28. Mai 2020 - 9.33

Nachdem in vielen Medien weltweit schon die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird, (2. Infektionswelle, 2er. Lockdown). Wie lange dauert dann der nächste Lockdown, 3 Monate, 4 Monate? Sollte dies der Fall sein, dann fahren WIR ALLE, aber die Karre gegen die Wand. Das wird nämlich ein wirtschaftlicher Totalschaden, und wieviel Geld druckt die Uschi von den Laien dann? 1,5 Billionen oder gar 3 Billionen? „In Deutschlands Restaurants verpufft der Öffnungseffekt komplett.“ Das Geld was die BRD geliehen hat, ist ERST 2058 zurückbezahlt! Quelle Tagesschau. "der stellvertretend für alle Wirtschaftsbereiche steht." Ein böser Spagat der uns erwartet, auf der einen Seite die Gesundheit der Menschen auf der anderen Seite die Wirtschaft. Und da wir schon beim Essen sind, an den angehäuften Schulden, werden noch mehrere Generationen zu KNABBERN haben.

Leila
28. Mai 2020 - 9.21

Die Maßnahmen geschehen auch aus Fürsorge der Regierung für die Bevölkerung, jeder hat noch Italien vor den Augen. Hätten wir einen kalten, verregneten Frühling, würden viele Leute nicht auf die Barrikaden gehen, die Regierung müsste weniger beschwichtigen. Für die Wirte spielt das Wetter weniger eine Rolle, für sie geht es um's Überleben. Alain Rix' Ansage weist die blanke und verständliche Verzweiflung - keine Drohung!