Samstag15. November 2025

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PolenGespräche mit US-Präsident über die Stärkung der „Bukarest-9“-Staaten

Polen / Gespräche mit US-Präsident über die Stärkung der „Bukarest-9“-Staaten
Die Staatschefs der sogenannten NATO-Ostflanke wollte Gewissheit von US-Präsident Joe Biden über die Standhaftigkeit der Militärallianz erhalten Foto: AFP/Mandel Ngan

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„Mister Biden, sende F-16 in die Ukraine!“. Dieses riesengroße Transparent ukrainischer Flüchtlinge zwischen dem von Joe Biden bewohnten Hotel „Mariott“ und dem stalinistischen Kulturpalast, dem Wahrzeichen Warschaus aus vergangenen Zeiten der kommunistischen Diktatur, sollte den US-Präsidenten weichklopfen. Zu öffentlichen Zugeständnissen, bald auch Kampfjets in die Ukraine zu liefern, ließ sich dieser indes auch an seinem zweiten Besuchstag in Polen nicht hinreißen.

In Kiew hingegen kündigte Außenminister Dmytro Kuleba in einem Interview an, die Ukraine würde auch F-16 erhalten. Auch bei der Forderung nach modernen Panzern habe es zunächst „Nein“ geheißen, begründete dies Kuleba. In Warschau hingegen beschwor Biden am Mittwoch den Kampf für die Freiheit und Artikel 5 der NATO-Charta, den unbedingten Beistandsartikel des Militärbündnisses, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. „Artikel 5 ist unverrückbar“, versicherte Joe Biden im kurzen öffentlichen Teil des Treffens der neun Staatschefs der „Bukarest-9“-Staatengruppe am Mittwochmittag.

Die „Bukarest-9“-Gründerstaaten Polen und Rumänien hatten Biden in den polnischen Präsidentenpalast geladen, um mit dem US-Präsidenten eine Stärkung der neun NATO-Ostflankenstaaten zu besprechen. Anwesend waren die Staatspräsidenten Andrzej Duda, Klaus Johannis (Rumänien), Susana Caputova (Slowakei) sowie die Regierungschefs von Bulgarien, Ungarn, Tschechien sowie der drei Baltenstaaten Litauen, Lettland und Estland. Bis auf Bulgarien grenzen alle entweder unmittelbar direkt an die Ukraine oder Russland und Belarus und fühlen sich nach der russischen Invasion in die Ukraine besonders bedroht. Den bereits im Sommer beschlossenen NATO-Truppenverlegungen an diese Ostflanke sollen neue folgen.

Die informelle mittel-osteuropäische Interessengruppe hatte sich im November 2015 damals noch als „Bukarester Format“ nach der völkerrechtswidrigen russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim zusammengetan. In diesem Jahr steht die Slowakei, und damit Caputova, der Gruppe vor. Ziel des Treffens mit Biden war eine weitere Stärkung der NATO-Ostflanke. Als Ehrengast war NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu dem Treffen eingeladen. „Ein Jahr nach der russischen Invasion in die Ukraine sehen wir, dass Russland sich nicht auf einen Frieden vorbereitet, sondern auf mehr Krieg“, sagte Stoltenberg im öffentlichen Teil des Treffens, der späteren Geheimberatungen vorausging. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass Russland Stück um Stück die europäische Sicherheit zerstört. Wir werden deshalb jeden Zentimeter NATO-Land gemeinsam verteidigen“, beschwor auch Stoltenberg den Geist von Artikel 5.

Vor den Unterredungen mit Kreisen der „Bukarest-9“ hatte Joe Biden ein kurzfristig anberaumtes Treffen mit der pro-westlichen moldawischen Staatspräsidentin Maia Sandu. Biden hatte schon in seiner Rede im Warschauer Königsschloss am Vortag an die kleine Republik Moldawien erinnert, die eingezwängt zwischen Rumänien und der Ukraine immer wieder unter fehlgeleiteten russischen Raketen und Energie-Blackouts leidet. Denn das Energiesystem der armen ex-sowjetischen Republik ist eng mit der Ukraine verflochten.

Souveränität und Freiheit Moldawiens erwähnt

Ähnlich wie die Ukraine hat auch Moldawien dazu ein de facto unabhängiges, pro-russisches Separatistengebiet an der Grenze zur Ukraine. Der Kreml unterhält dort seit dem Zerfall der Sowjetunion 1991 rund 1.500 russische Soldaten, die angeblich sowjetische Munitionsdepots bewachen sollen. In Tat und Wahrheit bedroht Moskau mit ihnen allerdings immer wieder die demokratische Ordnung in Moldawien, das nur über eine sehr kleine Armee verfügt und keine Luftabwehr hat.

Die russischen Truppen werden als mögliche Speerspitze für einen Zangenangriff auf die nahe ukrainische Hafenstadt Odessa gesehen und stellen so eine Drohkulisse dar. Über das Treffen Biden-Sandu wurde am Mittwoch nichts bekannt. Am Dienstagabend hatte Biden sich in seiner Warschauer Grundsatzrede auch zur Souveränität und Freiheit der Republik Moldawien bekannt, die er fast in einem Atemzug mit der Ukraine erwähnte.

Die amtliche polnische Nachrichtenagentur PAP setzte die Biden-Rede vom Dienstagabend auf dem Warschauer Königsschloss am Mittwoch auf die gleiche Stufe der Berliner-Reden von John F. Kennedy („Ich bin ein Berliner“, 1963) und Ronald Reagan („Mr. Gorbatschew, reißen Sie diese Mauer nieder!“, 1987). Dagegen sorgte PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski wegen eines heimlichen Videomitschnitts für viel Kopfschütteln. „Biden sagte ja überhaupt nichts“, klagt Kaczynski auf der Aufnahme. Offenbar hatte Polens starker Mann von Biden deutlich mehr Lob erwartet.