Montag3. November 2025

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HandballGespräch mit FLH-Präsident Dr. Romain Schockmel: Bereit für die Zukunft

Handball / Gespräch mit FLH-Präsident Dr. Romain Schockmel: Bereit für die Zukunft
Ein Projekt für die Zukunft: Dr. Romain Schockmel liegt eine Professionalisierung des nationalen Handballs am Herzen Archivbild: Editpress/Fernand Konnen

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Dr. Romain Schockmel ist viel beschäftigt. Denn der Chirurg und „Directeur médical“ des Escher CHEM ist während der Pandemie nicht nur als Arzt gefordert, sondern auch als Präsident des Handball-Verbandes FLH. Im Tageblatt-Interview blickt er auf die Herausforderungen der vergangenen Monate und Jahre zurück – spricht aber auch über Zukunftspläne.

Tageblatt: Dr. Schockmel, ist Ihnen als Arzt in den vergangenen zwei Jahren überhaupt genug Zeit geblieben, um sich noch nebenbei Ihrer Arbeit als Präsident der FLH zu widmen?

Dr. Romain Schockmel: Es ist noch einiges an Zeit geblieben. Man muss sich aber gut organisieren. Als ich das Mandat vor gut sieben Jahren angenommen habe, wusste ich, dass mein Beruf einen großen Teil meiner Zeit einnimmt. Hinzu kommt jetzt noch das Mandat des „Directeur médical“. Es ist deswegen besonders wichtig, in allen Bereichen ein geschlossenes Team hinter sich zu haben. Einfach ist es nicht, aber ich denke noch nicht daran, aufzuhören (lacht).

War es in den vergangenen Monaten als Präsident eines Verbands von Vorteil, in einem Krankenhaus zu arbeiten, um so die Probleme besser zu verstehen? Die FLH hat ja beispielsweise im Februar 2021 als erster Verband eine Schnelltest-Pflicht eingeführt …

Dadurch, dass man weiß, was auf nationaler Ebene und auch bei der „Santé“ läuft, ist es einfacher, verschiedene Entscheidungen nachzuvollziehen. Als ich damals gesagt habe, dass Schnelltests ein Teil der Lösung seien, bin ich zunächst angeeckt. Ich habe mich aber damals schon auf den deutschen und österreichischen Verband basiert, die dies vor uns eingeführt hatten. Gleichzeitig sage ich auch jetzt, dass ich es schade finde, dass das Testverfahren im Sport wieder zu schnell aufgegeben wurde. Ich denke, dass es wichtig ist, den Sport abzusichern, um ohne Restriktionen weitermachen zu können. Ich bin der Meinung, dass neben der Impfung weiter getestet werden soll und dass dies gratis sein müsste.

Nun geht es im 2G-System weiter. Das bedeutet, dass nur geimpfte oder genesene Spieler auflaufen dürfen. Gibt es Zahlen, wie viele Handballspieler nicht unter die Bedingungen dieses Systems fallen?

Nein, offiziell gibt es keine Zahlen. Ich stelle aber fest, dass es in vereinzelten Vereinen noch sechs bis sieben ungeimpfte Spieler gibt. Es gibt aber auch positive Beispiele. Die Damen-Mannschaft des HBD ist beispielsweise zu 100 Prozent geimpft. Bei den anderen Teams wird die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen. Es gibt aber eine enorme Fairness unter den Vereinen. Alle versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Wenn ein Spiel Corona-bedingt verlegt werden muss, wird es verlegt. Ich bin aber der Meinung, dass kein Match verschoben werden darf, wenn sechs ungeimpfte Spieler fehlen.

Was bedeutet dies denn für die nahe Zukunft des Handballs in Luxemburg?

Wir haben zu Beginn der Saison einen Plan B ausgearbeitet. Wir haben eine gewisse Zeitspanne mit eingeplant, sodass wir die Möglichkeit haben, verschiedene Wochenende zu benutzen, um Partien nachzuholen. Wir sind darin natürlich limitiert. Im neuen Spielmodus haben wir Erholungsphasen eingeplant, diese würden dann wegfallen. Wir hoffen auch, dass wir nicht zu einem Plan C übergehen müssen, was extremes Kürzen des Spielplans bedeuten würde.

Sie haben den neuen Spielmodus in der AXA League angesprochen. Hat sich dieser bisher bewährt?

Das werden wir erst am Ende der Saison beurteilen können. Dann werden wir zusammen mit den Vereinen über Vor- und Nachteile diskutieren. Der Spielmodus wurde von einer Mehrheit der Vereine gestimmt und wir werden auch in Zukunft solche wichtigen Entscheidungen nicht ohne die Zustimmung der Klubs treffen.

Die FLH hat 2021 75-jähriges Jubiläum gefeiert. Seit 2016 stehen Sie an der Spitze des Verbandes, wie fällt Ihre persönliche Bilanz bisher aus?

Eigentlich ist es nicht an mir, diese Bilanz zu ziehen, es gibt andere, die dies beurteilen müssen. Bei meinem Antritt gab es fünf Themen, die Priorität hatten. Allen voran die Finanzen, die bereinigt werden mussten. Die Situation war sehr ernst, es war sicherlich kein Zuckerschlecken, alles in Ordnung zu bringen. Heute kann man aber behaupten, dass wir das Gröbste überstanden haben. Zum Glück hat uns das Sportministerium zu diesem kritischen Zeitpunkt geholfen, unsere Kreditfähigkeit gegenüber den Banken zu bewahren. Die zweite Baustelle war der Zustand der Damen-Nationalmannschaft. Wir haben 2016 eine Kommission auf die Beine gestellt, die im Hinblick auf 2020 den Damen-Handball fördern sollte. Ich bin froh, dass wir, dank des Einsatzes dieser Kommission und natürlich auch dank der extremen Motivation der Spielerinnen, schnell Fortschritte gemacht haben. Diese Motivation war auch verantwortlich dafür, dass wir unsere Entscheidung gegen eine Teilnahme an der WM-Qualifikation rückgängig gemacht haben. Die Spielerinnen wollten unbedingt antreten und das konnten und wollten wir ihnen nicht verwehren.

Mir schwebt ein Jugend-Nationalteam vor, das in der Meisterschaft gegen Seniorenmannschaften antritt

Dr. Romain Schockmel, über die fehlende sportliche Herausforderung im Nachwuchs-Bereich

Sie legten ebenfalls den Fokus auf die Jugendarbeit …

Der Jugendbereich gehörte zu meinen fünf Prioritäten. Vorab haben wir das „Sportlycée“ für Handballerinnen zugänglich gemacht, was vorher nicht der Fall war. Außerdem gibt es nur wenige Verbände, die für ihre jungen Sportler so viele Lehrgänge im Ausland organisieren wie die FLH. Neben Nachwuchsspielern, die im Ausland aktiv sind, wird auch im „Sportlycée“ mit sehr viel Kompetenz und hoher Qualität gearbeitet – was aber fehlt, sind die wöchentlichen sportlichen Herausforderungen. Mir schwebt ein Jugend-Nationalteam vor, das in der Meisterschaft gegen Seniorenmannschaften antritt. So würde man ihnen die Möglichkeit bieten, sich öfter mit starker Konkurrenz zu messen. Dies gilt nicht nur für Schüler des „Sportlycée“. Auch junge Leute, die beispielsweise ein Handwerk lernen, sollten davon profitieren können. Im Verband bauen wir ebenfalls vermehrt auf die Zusammenarbeit zwischen den Vereinen. Die Klubs, die in einzelnen Jugendklassen Probleme haben, eine wettbewerbsfähige Mannschaft aufzustellen, sollten die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen suchen.

Wie sieht es mit der Vermarktung des Handballs aus?

Der vierte Punkt auf meiner Liste war die Medienberichterstattung. Wir sind uns bewusst, dass wir das Produkt Handball besser vermarkten müssen. In dieser Hinsicht haben wir mit apart TV einen Partner gefunden, der uns mit Live-Übertragungen weiterhilft. Auch die geschriebene Presse ist bei allen wichtigen Veranstaltungen präsent. Leider können wir nicht mit der Popularität des Fußballs mithalten. Dies macht sich auch in den Medien bemerkbar.

Der fünfte Punkt Ihrer Prioritätenliste behandelte das Thema Professionalisierung.

Ich würde es begrüßen, wenn wir das Projekt Professionalisierung in meiner Amtszeit angehen könnten. Als Erstes müsste auf nationaler Ebene ein externes Audit von einer neutralen Institution erstellt werden, das festlegt, welche Möglichkeiten wir haben. Dieses soll auch untersuchen, wie die Umsetzung stattfinden könnte und natürlich auch, was es kosten würde. Wir haben mit der Universität Lille einen Partner gefunden, der dieses Audit durchführen könnte.

Zu der Professionalisierung gehört auch die Trainerausbildung. Gibt es viele Interessenten, die diese schwierige Ausbildung machen wollen?

Wir haben wieder vermehrt Interessenten. Es geht sogar in die Richtung eines A-Scheins, den man bisher hierzulande nicht machen konnte. Neben Luxemburgern zeigen aber auch Ausländer, die nach ihrer Spielerkarriere hier im Land bleiben wollen, Interesse.

Als Sie das Amt des Präsidenten antraten, sagten Sie im Tageblatt-Interview: „Es liegt mir auch am Herzen, dass die Spieler wieder stolz sind, für eine Nationalmannschaft zu spielen.“ Im November 2021 gab es das erste Länderspiel seit Anfang 2020. Wie betrachten Sie die Entwicklung der FLH-Auswahl?

Im ersten von zwei Testspielen gegen die USA wurden wir kalt überrascht (24:30-Niederlage, Anm. d. Red.). Ich dachte schon, jetzt müssten wir wieder ganz von vorne anfangen. Im zweiten Spiel haben die Jungs aber bewiesen, dass sie mindestens dort weitermachen, wo sie vor zwei Jahren aufgehört haben (28:26-Erfolg, Anm. d. Red.). Motivation und Kampfgeist waren vorhanden. Das hat mich beruhigt und auch gefreut, denn jetzt geht es in die beiden Kampagnen (WM-Qualifikation und EM-Relegation, Anm. d. Red.). Wir waren in der Vergangenheit oft sehr nahe am Erfolg dran. Mit dem nötigen Quäntchen Glück wird es auch irgendwann klappen. Die Spieler werden sich hoffentlich bald belohnen können. 

Ist eine solche Belohnung schon im Januar möglich?

Ich denke, dass mehr drin ist, als der eine oder andere uns zutraut.

Abschließend noch zu der Zukunft des Luxemburger Handballs. Was sind die Baustellen, die Sie in den kommenden Jahren noch angehen wollen?

Der Handball ist in den vergangenen Jahren ein wesentlicher Bestandteil der Luxemburger Sportszene geworden. Ich mache mir deswegen aktuell keine allzu große Sorgen um seine Zukunft. Die angesprochene Professionalisierung ist aber ein Projekt, das mir am Herzen liegt.